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Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Sonstiges

Parvenü Karl-Heinz Wildmoser (inzwischen zurückgetreten), „Dumpfheit gepaart mit Dummheit“ (FR) – Lizenzverfahren der DFL beginnt – VfB Lübeck hofft auf Überraschung in Bremen – Mauschelei beim Hessischen Rundfunk u.v.m.

Es geht nicht um die Veruntreuung von Büroklammern

Klaus Hoeltzenbein (SZ 15.3.) hält Wildmoser senior nicht für entlastet: „Mit dem Geständnis sollte der Vater entlastet werden – befreit vom Vorwurf, zumindest grob fahrlässig gehandelt zu haben, ist er damit nicht. Ist doch Wildmoser junior nicht nur Sohn eines dominanten Vaters, sondern in vielerlei Hinsicht auch dessen Stellvertreter. Beim TSV 1860 läuft seit Jahren der Versuch, die Macht vom Vater auf den Sohn zu übereignen. Ähnlich gelagert ist die Situation bei der Dresdner Weißer Hirsch Immobilien GmbH, über die die Wildmosers im Osten tätig waren. Karl-Heinz junior soll dort, so die Aussage der Familie, souverän die Geschäfte geführt haben, Karl-Heinz senior aber bestätigte auf seinem Medien-Marathon in ZDF und DSF (¸Lesen Sie alles, was Sie unterschreiben?), Geschäftspapiere in Fiskalfragen gezeichnet zu haben. Darin sollen sich Hinweise auf die Schmiergeldzahlungen befunden haben, die über die Dresdner Geschäftskonten gelaufen sein. Für einen der Eigner des ¸Weißen Hirschen muss deshalb das Gleiche wie zum Beispiel für jeden Minister gelten: Wo seine Unterschrift drunter ist, dafür trägt er die Verantwortung. Mit entsprechender Konsequenz für einen Präsidenten eines gemeinnützigen Vereins, unabhängig vom Straftatbestand. Schließlich geht es nicht um die Veruntreuung von Büroklammern, sondern um 2,8 Millionen Euro. Die Wildmosers haben sich immer als Familienbetrieb definiert, im Sinne der Vereinshygiene wäre deshalb in der Beurteilung des Falles eine Sippenhaft statthaft. Mindestens ebenso entscheidend in der Präsidentenfrage ist das Verhältnis Wildmosers zum FC Bayern. Besonders im ZDF-Interview – jenseits aller Liebedienerei geführt von Moderator Rudi Cerne – wurde deutlich, welche Gräben sich zum Geschäftspartner auftun, mit dem gleichberechtigt das Stadion errichtet werden soll. Zum einen wurden in den oft wirren Ausführungen Wildmosers einige ¸Führungskräfte des FCB attackiert (¸Jetzt, wo es fertig wird, kommen ein paar und sagen, wir haben das schönste Stadion der Welt gebaut), zum anderen wurde auf eine historisch neue Tat verwiesen: ¸Ohne meine Arbeit, ohne meine Leistung gäbe es in München keine WM 2006. Die wäre an München vorbei gegangen. Bislang galt noch stets Beckenbauer als Motor der Bewerbung.“

SZ-Interview mit Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, Aufsichtsratsmitglied bei 1860 München

SZ: Sie werden für Ihr Vorpreschen in der Wildmoser-Affäre heftig kritisiert.

CU: Ich habe in den letzten Tagen eine unglaubliche Stimmungsmache erlebt, als ob nicht die Schmiergelder ein Skandal wären, sondern die Gesetzestreue und Zusammenarbeit des Oberbürgermeisters mit der Staatsanwaltschaft. Das haben manche schon als Vorverurteilung angeprangert.

SZ: Wildmoser muss weg als Präsident – bleiben Sie dabei?

CU: Ja. Inzwischen hat der Sohn eingeräumt, dass Millionen geflossen sind – laut Staatsanwaltschaft in eine Firma, in der der Senior Gesellschafter und Geschäftsführer ist. Ob das mit oder ohne sein Wissen oder Tun geschehen ist, ist doch zweitrangig. Ich halte das für einen absoluten Zwang zum Neubeginn.

SZ: Ist das nicht auch eine Form der Vorverurteilung?

CU: Das hat mit strafrechtlicher Beurteilung nichts zu tun. Der Verein, der bislang nicht beteiligt ist, darf jetzt nicht verwickelt werden, indem er an Wildmoser festhält. Ob jemand dem Verein nützt oder schadet, ist eine vollkommen andere Frage als die strafrechtliche Beurteilung. Die Idee einer Familiendynastie ist gescheitert: Der Senior wollte alle Geschäfte des Vereins in die Hände seines Sohnes legen. Das ist aus und vorbei, nicht durch mich, sondern durch den Junior. Man wird niemandem erklären können, dass jemand Präsident bleiben kann, auf dessen Firmenkonto Schmiergeldmillionen eingegangen sind.

Es ist kein gutes Zeichen, wenn schon Cerne auf einen eindrischt

Peter Unfried (taz 15.3.) hat am Wochenende TV gesehen: „Wildmoser, mit seinem gleichnamigen, aber geständigen Sohn angeklagt der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Münchener Stadionbau, kam am Freitagnachmittag zum Hintereingang raus. Dort wartete eine Art Reporter vom DSF. Um den Charakter Wildmosers zu beschreiben, wird gern erzählt, er habe einen Untergebenen, der ihm seine runtergerauchten Zigarettenstummel abnehme und im Aschenbecher ausdrücke. Um den Charakter dieses DSF-Journalisten zu beschreiben: Er überbot den Stummelausdrücker. Wildmoser gab sich entsprechend lustig und entspannt, lobte die Unterkunft und die netten Vollzugsbeamten in Stadelheim. Alles prima, nur einmal, so formulierte das der Vater neutral, wurden Fehler gemacht. Soweit man den Vater versteht, war der Fehler offenbar ein geschäftliches Dilettieren des Juniors (40), aus dem akute Geldnot entstand, die er dann illegal lindern wollte. Wildmosers Darbietung wurde dann – wie beim Fußball ja notwendig – von einer Experten-Runde im Studio aufgearbeitet und analysiert. Wie auch die Vater-Sohn-Beziehung. Es stellte sich jedenfalls heraus, dass Wildmoser senior einst auch als Laienschauspieler große Erfolge feierte. Letztlich aber, so urteilte Deutschlands Branchenchefkritiker Paul Breitner, sei Wildmosers Auftritt absolut glaubwürdig gewesen. Damit war der Senior praktisch freigesprochen (…) Es ist kein gutes Zeichen, wenn schon ein Cerne auf einen eindrischt. Und so eilte Wildmoser zurück zum DSF, und zwar zum Stammtisch, wo man ihm gestern morgen duzend (Kicker-Chefredakteur Holzschuh) versicherte, wie lange man sich schon kenne. Teils wurden aber auch sachliche Antworten verlangt, worauf Wildmoser sich beleidigt über den dicken Bauch strich.“

Dumpfheit gepaart mit Dummheit

Peter Michalzik (FR 11.3.) porträtiert den Parvenü Wildmoser: „Von nun an sieht Karl-Heinz Wildmoser, der in München Stadelheim wegen Korruptionsverdacht einsitzt, so aus, als habe man es schon immer gewusst. Als habe man schon immer seine kriminelle Energie gespürt. Das zerfurchte und verlebte Antlitz, man weiß nicht, was es gesehen hat, aber man meint es zu ahnen. Leibesumfang, Bierbauch, umpftata, das ganze Auftreten. Diese Kaltschnäuzigkeit, die aus der wegwischenden Verachtung aller Konkurrenten erwächst und die sich sogar bis zum Witz steigern kann, zu dessen intellektuellem Vollzug der Mann eigentlich gar nicht fähig scheint. Diese umfassende Dumpfheit kann man sich nur gepaart mit Dummheit vorstellen, einer Dummheit, die Indolenz zu nennen schon zu feingeistig erscheint. Man glaubt sie jetzt in Wildmoser noch einmal wiederzuerkennen, diese Männer, die eigentlich schon ausgestorben schienen, für die der hartnäckige Kampf die einzig legitime Form des Daseins ist, für die Betrug ein Kavaliersdelikt, Bereicherung Ehrensache und ein dicker Bauch Zeichen von Potenz ist. Dass solche Menschen Steuern, demokratische Mehrheiten, saubere Vergabemodi, überhaupt jedwede Form geregelter Verfahren und übertriebener Öffentlichkeit für ein Grundübel ansehen, für Zeitverschwendung im besten Fall, für ein Geschäftshindernis im Normalfall und für eine persönliche Beleidigung im schlechtesten Fall, das meinen wir, wenn wir ihn jetzt sehen, fast von selbst zu verstehen. Und doch muss in jener absoluten Negation von allem Ästhetischen eine eigenartige Form von Kraft liegen, die uns fremd ist. Sie widersteht seit je intellektueller Aufarbeitung. Und doch glauben wir sie zu kennen, diese Dietrichs, Martins, Xavers, Siegfrieds, die vorzugsweise Karl-Heinz heißen. Es ist wirklich erstaunlich, wie sehr das allzu Offensichtliche manchmal mit dem Tatsächlichen in eins fällt und zu unmittelbarer Evidenz führt.“

We are blue, we are white, we are FC Bayern light

Sehr lesenswert! Jörg Schallenberg (taz 13.3.) meint, dass das Mittelmaß Karl-Heinz Wildmosers auf 1860 München abgefärbt hat: „Einerseits ist unbekannt, ob Karl-Heinz Wildmoser schon mal von Andy Warhol gehört hat. Andererseits ist es doch wenigstens möglich, dass dessen schöner Ausspruch von den 15 Minuten Ruhm, die jedem zustünden, auch ins Löwenstüberl oder ins Café Hinterbrühl gedrungen ist. Denn in deren Räumen spann Wildmoser, zwischen Weißbierschaum und Nikotinschwaden, seine Vision von einem strahlenden, global anerkannten Münchner Fußballvereins. Einer, zu dessen Heimspielen die Massen durch die Stadiontore drängen. Nur: Den gibts längst. Er heißt bloß nicht TSV 1860 München. Und wird auch nie so heißen. Ebendas war die Tragik dieses früheren Boxers, Wiesnwirts, Metzgers, und Mietspekulanten. Irgendwann wird das selbst Karl-Heinz Wildmoser begriffen haben. Dann hat er zusammen mit seinem Sohn, den man nur Heinzi nennt, beschlossen, lieber einen krachenden Abgang zu inszenieren, als weiter das Unmögliche zu fantasieren. Einen Abgang, der den TSV 1860 München wenigstens einmal noch in die Schlagzeilen katapultieren würde. Der TSV 1860 ist heute, nach zwölf Jahren Wildmoser-Diktatur, nur noch ein, den Vereinsfarben gemäß, babyblaues Nichts. Es gibt interessantere Vereine. Den VfL Wolfsburg zum Beispiel. Oder, bayerisch betrachtet, die Spielvereinigung Unterhaching. Das Verschwinden des einstigen Mythos 1860 hat viel, wenn nicht alles damit zu tun, dass der Club von Menschen wie Karl-Heinz Wildmoser geleitet wurde, die einfach nicht begreifen konnten, dass es den FC Bayern nur einmal geben kann. Und die Zeit für Vereine wie 1860 abgelaufen war. Das muss irgendwann im Frühjahr 1967 gewesen sein. Da belegen die Sechziger zwar noch den dritten Platz in der Bundesliga, aber die Bayern gewinnen gleichzeitig gegen die Glasgow Rangers den Europacup der Pokalsieger. Zwei Jahre zuvor hat 1860 vor 100.000 Zuschauern in London das Finale gegen West Ham United verloren. 1966 dann, in dem Jahr, in dem die Beatles Revolver veröffentlichen, wird 1860 mit tollem Sturmspiel Deutscher Meister. Einen Moment scheint es, als könnte der Arbeiterverein aus dem Proletenviertel Giesing einen Hauch der Pop-Ära in den deutschen Fußball einbringen. Der geniale Stürmer und schwere Säufer Rudi Brunnenmeier lebt einen Stil vor, den George Best später in Manchester perfektionieren sollte, der Torwart Petar Radenkovic startet mit dem Ball Sololäufe übers Spielfeld und singt sich mit Bin i Radi, bin i König als erster Fußballer in die Hitlisten. Doch der Niedergang der Blauen ist bereits zu ahnen. Denn der Lokalrivale und kleinere Verein FC Bayern ist bereits einen Tick cleverer. Bei der WM 1966 in England wird nicht Brunnenmeier, sondern ein 20-Jähriger namens Franz Beckenbauer zum Star. Und der junge Bayern-Torwart Sepp Maier lässt den großen Radenkovic auflaufen: Bin i Radi, bin i Depp, König ist der Maier Sepp. Da staunt man bei 1860, und bekommt den Mund in den folgenden Jahren gar nicht mehr zu. Ungläubig sieht man mit an, wie die Bayern sportlich davonziehen. Im Gegensatz zum etwas muffigen blauen Stadtviertelclub waren die Roten ohnehin schon immer polyglott aufgetreten – weltläufig statt beheimatet, wie ein Politologe schrieb. Gegründet von Schwabinger Künstlern im Jahr 1900, also vierzig Jahre nach den natürlich unvergleichlich traditionsreichen Sechzigern, galt der FC Bayern als Treffpunkt der Intellektuellen, offen nach allen Seiten, wenig klassenbewusst. Dem 1933 durch die Nazis abgesetzten jüdischen Präsidenten Kurt Landauer hielt man im Verein die Treue und holte ihn bald nach dem Krieg zurück. Die Zeit schrieb einmal: Sollte Hitler einen Münchner Lieblingsverein gehabt haben, so muss man davon ausgehen, dass es der Lokalrivale 1860 war, der so genannte Arbeiterverein, der schon von 1934 an SA-Männer an der Führungsspitze hatte. 1970 jedenfalls, als der FC Bayern das Fußballgeschäft längst betriebswirtschaftlich-kühl analysierte, verabschiedete sich der TSV 1860 aus der Bundesliga – von der Ära Brunnenmeier war nichts mehr übrig. Zweimal steigt man wieder auf und schnell wieder ab, ehe sich der Verein nach einem Lizenzentzug 1981 in der Bayernliga wieder findet. Doch in diesen Untiefen erfindet sich der Mythos der Sechzigerlöwen neu, dieses Mal als sympathischer Underdog, dessen Fans ihre Identität wesentlich aus dem erbitterten Gegensatz zu den Großkopferten des FC Bayern beziehen, der längst zum Weltverein aufgestiegen ist. Zu Heimspielen gegen Fürth oder Schweinfurt kommen über 30.000 Zuschauer. Lokalblätter widmen den Amateuren ebenso viel Platz wie den Bayern, die da schon mit dem Gedanken an eine Europaliga liebäugeln. Mit dem Präsidenten Wildmoser steigt 1860 München 1994 wieder in die Bundesliga auf, er war der Beweis, dass der Traum, dem FC Bayern auf Augenhöhe zu begegnen, nicht vergebens geträumt war. Welch Irrtum: Ihr Präsident verkündet lauthals, wie sehr er den Kollegen Franz Beckenbauer bewundert, sitzt bei den Spielen der Bayern auf deren Ehrentribüne und outet sich gar als Bayern-Mitglied. Zwei Jahre nach dem Aufstieg verkündet er, ein Albtraum: Wir sind wie der FC Bayern, wir heißen nur anders – und verfrachtet seine Giesinger Stammkundschaft vom Stadion an der Grünwalder Straße für Heimspiele ans andere Ende der Stadt – ins Olympiastadion, das auf jeder Pore seines Betons nichts als FC Bayern atmet. We are blue, we are white, we are FC Bayern light, skandieren seitdem die Fans. Wildmoser ließ sich nicht beirren, er, der schon äußerlich so überhaupt nicht an die Coolness der Hoeneß und Beckenbauers herankam, vereinbarte mit dem FC Bayern, die neue Allianz-Arena zu bauen. Was die Löwen dort wollen, weiß niemand, aber der größenwahnsinnige Wildmoser hatte sich, womöglich von Minderwertigkeitskomplexen getrieben, längst in Fieberträume verloren, in denen er als Volkstribun mit den seinen und dem FC Bayern in ein gemeinsames Stadion hochzieht. Endlich sollte er dabei sein – zwischen Audi, Adidas und Allianz. Dabei verkörpert der fleischige Wildmoser selbst am besten die Unmöglichkeit seines Strebens. Verzweifelt bemüht sich der mittelprächtige Gastronom, der hinterfotzig agierte, als ob an seinen Händen immer der Geruch von Metzgerblut kleben würde, um den Einstieg in die Münchner feine Gesellschaft. Und begreift nicht, dass verächtliche Sprüche über eigene Spieler nicht das Gleiche sind wie das Gepolter Beckenbauers über Rumpelfußball. Oder dass man für einen professionell geführten Verein samt lukrativen Kirch-Geheimverträgen keinen Heinzi, sondern einen Hoeneß braucht.

Harald Schwarz (SZ 15.3.) ist auf die Lizenzvergabe der DFL gespannt: „An diesem Montag müssen die Profiklubs ihre Lizenzanträge für die kommende Saison 2004/05 bei der DFL in Frankfurt eingereicht haben. Viele der Vereine absolvieren wegen finanzieller Probleme die laufende Spielzeit nur mit einer unter Auflagen erteilten Lizenz. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung trifft dies in 17 der 36 Fälle zu. Für Hiobsbotschaften hatten zuletzt aus der Kicker-Branche Borussia Dortmund mit drohenden Verlusten von nahezu 60 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2003/04 (Ende Juni) und der Korruptionsskandal um das neue Münchner Fußballstadion gesorgt, das der FC Bayern München und TSV 1860 München gemeinsam bauen. Zu Einzelfällen wollte sich Creditreform-Chef Helmut Rödl im Gespräch mit der SZ zwar nicht äußern. Doch stellte er fest, die Finanzkrise im deutschen Fußball halte an. Es gebe noch keinen Grund für eine Entwarnung. Zwar seien hierzulande „keine italienischen Verhältnisse und wohl auch nicht Pleiten von Klubs zu befürchten. Doch seien die Zeiten der Vereinsmeierei und der sprudelnden Fernseheinnahmen nach dem Zusammenbruch des Medienimperiums von Leo Kirch endgültig vorbei. Die Pleite von Kirch vor drei Jahren will Rödl nicht mehr als Argument für Geldnöte in den Vereinen gelten lassen. Er sagte: „Das Thema ist vorbei. Ins Management der Klubs gehörten „keine kaufmännisch begeisterten Fußballfachleute, sondern fußballbegeisterte Kaufleute. So ließen sich die Mängel an betriebswirtschaftlichem Wissen an der Spitze eines Vereins lösen. Creditreform registriere bei aller Kritik an der bisherigen Praxis inzwischen „positive und konkrete Anzeichen für eine Verbesserung auf diesem Gebiet, weil man „die Zeichen der Zeit erkannt habe. Beispiele seien der FC Bayern München, der VFB Stuttgart, Werder Bremen und der VfL Bochum.“

Ronny Blaschke (SZ 15.3.) wünscht dem VfB Lübeck beim Halbfinale in Bremen alles Gute: „Historisches lässt sich oft an Zahlen bemessen, an großen Zahlen mit vielen Nullen. In Lübeck werfen sie zurzeit mit Zahlen nur so um sich. Auf Plakaten, in der lokalen Presse, überall Zahlen. Sie erzählen die Geschichte einer erfolgreichen Exkursion, die am morgigen Dienstag ihr Ende finden könnte, aber daran wollen sie in Lübeck noch gar nicht denken. Sie haben etwas Besonderes vollbracht beim VfB, dem ansässigen Fußball-Klub, manche sprechen von Sport-Geschichte. Und das wollen sie genießen. 10 000 Lübecker werden am Dienstag nach Bremen fahren, wenn der Tabellenführer der Bundesliga dem Zweitligisten im Halbfinale des DFB-Pokals eine Audienz gewährt. Eine imposante Zahl, zumal im eigenen Stadion im Schnitt nur 6200 Zuschauer zusehen. Nie zuvor sollen mehr Fans eines Gästeteams das Weserstadion aufgesucht haben. Einige von ihnen werden die Bahn benutzen, auf 400 Meter soll sich der Sonderzug erstrecken, 14 Waggons wird er zählen. In Schleswig-Holstein hat es so etwas noch nicht gegeben. „Die ganze Stadt, die ganze Region freut sich auf dieses Spiel, sagt Jürgen Springer, der Geschäftsführer des VfB. Mehr als 60 Jahre ist es her, dass ein Team aus Schleswig-Holstein ins Halbfinale des Pokal-Wettbewerbs vorgedrungen war. Holstein Kiel hatte es 1941 mit Schalke 04 zu tun, 0:6 lautete das Ergebnis, es war ein schmerzhaftes Vergnügen. In Lübeck hofft man nun auf einen freundlicheren Ausgang, Historie soll schließlich Spaß machen. (…) Der Tagesausflug auf die große Bühne soll das Renommee mehren, im heimeligen Lübeck, am Rande der Republik. Der VfB hat sich zu einem neuen Werbeträger erhoben, in einer Stadt, die seit 1987 dem Weltkulturerbe angehört, für Marzipan bekannt ist und für das Buddenbrookhaus, aber nicht für Fußballkunst. „Wir wollen die Lücke zwischen Hamburg und Rostock schließen, sagt Dieter Hecking. Der stete Aufstieg verdankt sich Fügung, Besonnenheit und hanseatischem Kaufmannsgeist. 7,1 Millionen Euro beträgt der Etat, die Vereinsoberen sparen, wo sie nur können, der Klub ist schuldenfrei.“

Frank Heike (FAZ 16.3.) fügt hinzu: „Grundlegend geändert, ja, ein professionelles Gerüst bekommen hat der VfB Lübeck erst, seit der ehemalige Profi im Juli 2001 kam und den Klub sofort von der Regionalliga in die zweite Liga führte. Hecking, 39 Jahre alt, ist ein ruhiger Fußball-Lehrer mit schmalem Mund und klaren Vorstellungen vom Fußballspiel. Er mag offensive Außenverteidiger, er mag es, den Ball rollen zu sehen. Er läßt gern einen flotten Offensivfußball spielen. Spielmacher Ferydoon Zandi, umworben vom 1. FC Kaiserslautern und München 1860, steht für Heckings System. Als es zu Beginn der Rückrunde sehr gut lief – der VfB holte sieben Punkte aus drei Spielen, stand den Aufstiegsrängen nahe und erreichte das Halbfinale – fiel manchem Fußballreporter in Deutschland auf, daß bei den Lübeckern fast nur Deutsche und auch viele junge Profis spielen. Plötzlich stand der VfB als Vorbild da: Ein Klub, der mit wenig Geld (der Etat beträgt etwa sieben Millionen Euro), Besonnenheit und geschicktem Mitteleinsatz viel herausholt. (…) Die Trainingsplätze sind nicht profitauglich, bald soll Kunstrasen verlegt werden an der Lohmühle. Die Lohmühle ist Stadion und Heimat des VfB; schon in der Verbandsliga haben hier auf den grasbewachsen Tribünen die Fans auf die Pauke gehauen. Inzwischen haben die Lübecker eine richtige Haupttribüne mit feinem Restaurant, Auslegware und Vip-Bereich. Sie haben sogar Logen. Der Rest des Stadions ist marode. Fußball ist hier vor allem der Zeitvertreib zwischen der nächsten Bratwurst und dem nächsten Bier. Und so richtig gewürdigt worden ist der Aufstieg auch nicht von den Lübeckern: 6000 Fans kommen im Schnitt. Gerade auf den Stehtrassen gibt es eine ausgeprägte Kultur des Schimpfens und Meckerns, so daß echte Fußball-Stimmung nur selten aufkommt.“

René Martens (FTD 16.3.) ergänzt: „Als Willi Gerdau Mitte Februar 75 Jahre alt wurde, gab es kaum eine Würdigung in den Zeitungen. Da er nur ein einziges Mal für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gespielt hatte, mag es manchen auch nicht wundern. Trotzdem ist dieses eine Länderspiel gerade seinetwegen von historischer Bedeutung: Als Deutschland im Mai 1957 vor 76 000 Zuschauern in Stuttgart 1:3 gegen Schottland verlor, stand mit dem Abwehrspieler des Heider SV zum bisher einzigen Mal nach dem Zweiten Weltkrieg ein Spieler eines schleswig-holsteinischen Klubs in der A-Auswahl des DFB. Die Regionalpatrioten unter den schleswig-holsteinischen Fußballfans sind stolz auf solche Episoden, und das kann man gut verstehen. Denn als Ausgleich dafür, dass das nördlichste Bundesland zu einer international bekannten Handball-Hochburg geworden ist, hat der Schicksalsgott des Sports die dortigen Fußballteams jahrzehntelang in der Bedeutungslosigkeit versinken lassen. Als die Partie gegen Werder ausgelost wurde, war schnell von einem Nordderby die Rede. Geografisch gesehen ist das korrekt, aber den typischen Charakter solcher Duelle hat die Begegnung nicht. In einer Liga spielten die beiden Mannschaften zuletzt vor 41 Jahren, in der letzten Saison, bevor die Bundesliga eingeführt wurde. Als Werder seine beste Zeit hatte – 1988 wurde der Klub Deutscher Meister, 1992 Sieger im Europacup der Pokalsieger –, kickte der VfB nur in der viertklassigen Verbandsliga.“

Wolfgang Hettfleisch (FR 16.3.) berichtet Mauschelei beim Hessischen Rundfunk: „Wer beim Tresen-Talk in Frankfurt und Umgebung mit dem Ausdruck äußerster Geringschätzung den Namen Jürgen Emig hervorpresst, hat gute Chancen, sich neue Freunde zu machen. Der Sportchef des HRs ist in des Senders Stammlanden nicht sonderlich populär. Was nicht zuletzt daran liegen könnte, dass das vermeintliche Flaggschiff im Geschwader der HR-Formate für Leibesertüchtigung, der sonntägliche Sportkalender, als abgetakelte Schaluppe daherkommt. So versprachen Auftritte des jüngst aus der Moderatoren-Rotation ausgeschiedenen Dauergrinsers Dirk Schmitt stets hohen Satirefaktor. Der gelernte Anwalt und freie HR-Mitarbeiter scheute sich nicht, schon mal Fußballer zum Interview zu laden, die er selbst nebenberuflich beriet. Legion sind die lustigen Versprecher des notorischen Endsilben-Vernichters Werner Damm. Und Elemente wie die hausbackene Wahl der Miss Hessensport machen die Sendung vollends kabaretttauglich. Doch Emig sieht sich mit mehr als barscher Medienkritik konfrontiert. Die HR-Redaktion unter Leitung des promovierten Tour-de-France-Berichterstatters, der Etappen gern mit Volkshochschul-Wissen über Land und Leute würzt, soll kleinere Vereine und Verbände weniger populärer Sportarten für Übertragungen zur Kasse bitten. Überdies wird Emig vorgeworfen, in HR-Sportsendungen fänden sich seit Jahren Hinweise auf Firmen, die zur Kundschaft der Agentur seiner Frau Atlanta Killinger-Emig zählen. Eine Verquickung, die schon einmal ARD-Kontrolleure auf den Plan rief.“

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