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Oliver Fritsch | Donnerstag, 29. April 2004 Kommentare deaktiviert für Bundesliga

SZ-Interview mit Karl-Heinz Rummenigge über Ottmar Hitzfeld („der Kreis derer, die den FC Bayern trainieren können, ist nicht sehr groß“) – gelassener Bremer

Der Kreis derer, die den FC Bayern trainieren können, ist nicht sehr groß
SZ-Interview mit Karl-Heinz Rummenigge über Ottmar Hitzfeld

SZ: Sie haben Ottmar Hitzfeld in der schwierigen Phase in Frage gestellt . . .
KHR: Ich habe ihn gar nicht in Frage gestellt, ich habe nur gesagt, weder Platz zwei ist eine Jobsicherung noch ist Platz drei automatisch der Trainerwechsel. Die Interpretationen habe ich bedauert, denn ich habe eigentlich ein gutes Verhältnis zu ihm . . .
SZ: . . . andererseits entstand der Eindruck, dass Sie mit Hitzfelds Arbeit nicht zufrieden sind.
KHR: Er ist eine persona gratissima und wird es immer bleiben. Unabhängig davon, ob Ottmar Hitzfeld – was wahrscheinlich ist – auch nächste Saison hier ist. Ich habe nie die Leistung des Trainers kritisiert, sondern die Mannschaft. Denn wir haben hier im Vorstand einen Job, der weit entfernt sein sollte von Heuchelei und Populismus. Wenn mir etwas nicht gefällt, spreche ich es an.
SZ: Sie sagten eben, wahrscheinlich bleibe Hitzfeld. Das ist keine Garantie.
KHR: Wir haben einen Vertrag mit ihm bis 2005, – alles andere möchte ich nicht diskutieren. Nach dem 34. Spieltag können wir das Jahr Revue passieren lassen. Wir planen all die Dinge, die wir zu planen haben, und wir planen sie jetzt mit Ottmar Hitzfeld . . .
SZ: Ihnen fällt das klare Bekenntnis schwerer als Uli Hoeneß.
KHR: Entschuldigung, natürlich ist es wunderbar, wenn du die Dinge ohne Krach regeln kannst. Wenn ich an die Entlassung von Otto Rehhagel denke – das ist natürlich auch nicht lustig, wenn ein Trainer vor dir sitzt, guckt dich an, und du musst ihm sagen: Es ist leider zu Ende. Ich kann mich noch daran erinnern, wie Franz Beckenbauer ihm gesagt hat: „Otto, wir haben uns entschlossen, du bist entlassen“ – der ist bald in Ohnmacht gefallen. Aber wenn du zu der Bewertung kommst, dann ist das eben so. Es muss eine rationale Entscheidung geben, und ich glaube, ich bin kein irrationaler Mensch. Ich bin keiner, der aus dem Bauch entscheidet, und ich bin kein Super-Optimist wie Uli Hoeneß und kein Pessimist wie der Franz.
SZ: Hitzfeld ist noch nie entlassen worden, und es ist sicher eines seiner Ziele, dass das so bleibt.
KHR: Korrekt, aber er hat hier im Februar mal gesessen, und ich habe ihm gesagt: „Ottmar, ich bin mit der Leistung der Mannschaft total unzufrieden.“ Wir wollten ja in der Rückrunde voll angreifen, und dann haben wir immer mehr Punkte auf Bremen verloren. Ich hab“ ihm gesagt: „Du, wir mögen dich hier alle total, wir haben tolle Erfolge gefeiert und wollen das mit dir auch durchziehen – aber es muss jetzt was kommen!“ Ich habe das als fair empfunden, rechtzeitig darauf hinzuweisen.
SZ: Wenn Ottmar Hitzfeld bleibt, wird das ein kompliziertes Jahr. Jeder weiß, dass er 2005 gehen wird – ist das die richtige Voraussetzung für eine ohnehin zur Lethargie neigenden Mannschaft?
KHR: Natürlich gibt es diese Stimmen, in der heutigen Zeit ist es einfach wahnsinnig schwierig geworden, denn es ist doch so: Bei uns hat der Boulevard jetzt anderthalb Jahre gefordert, dass wir Hitzfeld endlich entlassen sollen – dieselben Leute sagen aber nach einer überstandenen Krise: Wie kann man diesen guten Mann entlassen? Dazwischen lebst du hier.
SZ: Und 2005 wird dann Felix Magath Hitzfelds Nachfolge antreten.
KHR: Ich möchte jetzt das Thema Magath nicht beleben, aber der Kreis derer, die den FC Bayern überhaupt trainieren können, ist nicht sehr groß. Und seit Trapattoni, den ich menschlich sehr geschätzt habe, ist auch eines klar: Es muss einer sein, der die deutsche Sprache beherrscht. Der Kreis für die Nachfolge von Ottmar Hitzfeld – egal, zu welchem Zeitpunkt das nun sein wird – ist also wahnsinnig klein.
SZ: Dieser Kreis besteht aus einem einzigen Punkt, nicht wahr?
KHR: Kann sein …
SZ: … und Peter Neururer wird es vermutlich nicht, oder?
KHR: Das weiß er doch selber, dass er kein Typ ist, der zum FC Bayern passt. Aber der Neururer ist ein Typ, der die Bundesliga belebt. Er hat aus der grauen Maus Bochum etwas Farbiges gemacht. Wenn Bochum die Uefa-Cup-Teilnahme schafft, ist das eine größere Leistung als bei uns die Meisterschaft.

Um Werder Bremen muss sich Roland Zorn (FAZ 30.4.) keine Sorgen machen: „Wenn so Nervosität aussehen soll, dann wünschte man sie auch anderen – zum Beispiel im Süden Deutschlands. Ruhig, geradezu seelenruhig freuen sie sich bei Werder Bremen auf die vier Schlußrunden einer aus ihrer Sicht bisher fabelhaften Saison. „Du bist vorneweg dabei, das ist doch toll“, sagt Thomas Schaaf über die beneidenswerte Aufgabe, seine Mannschaft ans Klassenziel Meisterschaft zu führen. Auf die obligatorischen und schon zum Ritual gehörenden Zwischenrufe aus München reagieren die Bremer Tabellenführer auch weiterhin nicht. „Wir machen unser Ding, und ich glaube, daß wir es gut machen“, hat Geschäftsführer Klaus Allofs am Donnerstag, zwei Tage vor dem norddeutschen Derby gegen den Hamburger SV, hervorgehoben. Schaaf, der gern auf die „perfekte Zusammenarbeit“ mit Allofs hinweist, möchte sowieso nicht auf laute Worte und kühne Kampfansagen aus Bayern reagieren, „denn sonst käme ich irgendwann in Zeitnot“. Also blenden sie im Pressesaal des SV Werder, um den Sechspunkteabstand zum Tabellenzweiten Bayern für jedermann sichtbar zu machen, am Donnerstag lieber die Videotextseite 253 der ARD ein. Dort ist das aktuelle Ranking der Bundesliga nach Punkten und Toren eindeutig auf einem groß genug dimensionierten Flachbildschirm zu sehen. Noch Fragen?“

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