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Interview

Das Problem Heynckes war kein Problem der Mannschaft, sondern eines von Rudi Assauer

Oliver Fritsch | Mittwoch, 22. September 2004 Kommentare deaktiviert für Das Problem Heynckes war kein Problem der Mannschaft, sondern eines von Rudi Assauer

Hört, hört! Ulrich Hartmann (SZ 22.9.) spricht mit Clemens TönniesOk, Aufsichtsratschef von Schalke 04, über Rudi Assauer, „einen verdienten Mitarbeiter“ (sic!)
SZ: Rudi Assauer ist nach der Entlassung von Jupp Heynckes in die Kritik geraten und scheint viel zu grübeln, aber nach außen gibt er sich kämpferisch.
CT: Er hat sehr damit zu kämpfen, was abgelaufen ist. Für mich ist dieser Trainerwechsel auch keine Sache, die nur von der Mannschaft ausgegangen ist, sondern auch von Assauer selbst, mit welchen Methoden auch immer, das will ich nicht kommentieren. Rudi Assauer hat erkannt, dass er jetzt nur noch Erfolg haben kann. Wenn er jetzt noch mal daneben greift, dann kriegt er’s schwer.
SZ: Mit wem?
CT: Mit dem Aufsichtsrat und mit den Vorstandskollegen, weil er immer stur seine Meinung vertreten hat. Wir sind uns einig, dass wir das jetzt noch mittragen, weil es auch sachliche Gründe für den Trainerwechsel gab, aber er weiß, dass er mit dem Feuer spielt und jetzt Erfolg haben muss, sonst sehe ich ihn in Gefahr.
SZ: Assauer sagt, seine Schalker Bilanz sei unter dem Strich noch immer positiv.
CT: So eine persönliche Aufrechnung ist nicht wertfrei. Der Erfolg der Arena und die Erfolge auf Schalke sind nicht allein ihm zuzuschreiben. Er macht seine Aufgabe hervorragend, aber man muss die Arbeit eines Teams bewerten.
SZ: Was hat er erreicht auf Schalke?
CT: Rudi Assauer ist bienenfleißig und hochloyal, aber er hat es hier und da überzogen, wir sind ja nicht in einem Fürstentum. Er ist in den vergangenen Jahren teamfähiger geworden, nach außen mimt er den Macho, das soll er auch. Ich sehe insgesamt den Erfolg auf Schalke, und wir haben einen Manager, der Schalke nach außen repräsentiert wie es ist, ein bisschen verrückt, aber liebenswert. Eigentlich gibt es gar nicht viel zu kritisieren, wir müssen nur darüber nachdenken, wie wir in Zukunft mit Rudi Assauer umgehen, denn im nächsten Jahr stehen Wahlen an, und wir müssen die Vertragsverlängerungen machen.
SZ: Rudi Assauers jüngere Bilanz auf Schalke beinhaltet vier Trainerwechsel in zwei Jahren, 60 Millionen Euro für Spielereinkäufe in fünf Jahren, über 100 Millionen Euro Schulden.
CT: Das sind genau die Dinge, über die wir diskutieren müssen. Aber das hat er nicht allein zu verantworten, sondern der gesamte Vorstand. (…)
SZ: Die Kritik an Assauer wird lauter. Ist er noch der Richtige für Schalke?
CT: Wir müssen uns jetzt mit Rudi Assauer zusammen Gedanken machen, wie es weitergeht. Er ist 60 Jahre alt, und für einen Patriarchen kann es schlimm sein, zu spät abzudanken. Ich war nicht glücklich über diese Trainerentlassung, das gebe ich zu.
SZ: Rudi Assauer wusste, was für ein Typ Jupp Heynckes ist – wie kann er sich hinterher beschweren, dass der altmodisch ist?
CT: Das „Problem Heynckes“ war kein Problem der Mannschaft, sondern eines von Rudi Assauer. Die beiden sind miteinander nicht klar gekommen.
SZ: Wenn der Trainer keinen Erfolg mit der Mannschaft hat, wird er vom Manager zur Verantwortung gezogen. Wenn der Manager aber mit seinen Trainern keinen Erfolg hat, muss der Aufsichtsrat reagieren.
CT: Das ist normal, aber wir müssen jetzt noch drei, vier Spiele abwarten. Wenn wir die gewinnen, brauchen wir den Manager nicht in Frage zu stellen.
SZ: Rudi Assauer sagt: „Wann ich aufhöre, entscheide nur ich!“
CT: Dann muss er in die Satzung gucken, da steht drin, wer zu sagen hat, wann er aufhört.
SZ: Warum ignoriert er, dass es mit dem Aufsichtsrat ein Kontrollgremium gibt, das auch für ihn gelten sollte?
CT: Weil er das vielleicht noch nicht verstanden hat. (…) Wir werden einem verdienten Mitarbeiter wie Rudi Assauer immer das letzte Wort gönnen, aber die letzte Entscheidung trifft formaljuristisch nur einer: der Aufsichtsrat.

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