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Der beste Nationaltrainer, den England nie hatte

Oliver Fritsch | Mittwoch, 22. September 2004 Kommentare deaktiviert für Der beste Nationaltrainer, den England nie hatte

Lars-Christer Olsson, neuer schwedischer Uefa-Generaldirektor: „die Schweden sind die heimliche Fußballmacht Europas“ (FAZ) – Nachrufe auf Brian Clough, „der beste Nationaltrainer, den England nie hatte“ (NZZ) und „überzeugter Sozialist und praktizierender Diktator“ (FAZ)

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Die Schweden sind die heimliche Fußballmacht Europas

Christian Eichler (FAZ 21.9.) stellt den Lars-Christer Olsson vor, den neuen Uefa-Generaldirektor: „Fußball hat genug Anziehungskraft, da braucht man nicht auch noch charismatische Funktionäre. Olsson, der Anfang des Jahres dem Deutschen Gerhard Aigner folgte, ist äußerlich eher unauffällig. Er wirkt mit dem blassen Teint und der randlosen Brille fast wie ein Vetter seines schwedischen Landsmannes Sven-Göran Eriksson. Im europäischen Fußball ist Schweden keine Macht – die Klubs ohne Bedeutung, die Nationalelf titellos –, doch der höchstbezahlte Nationaltrainer, dazu der Präsident der Uefa, Lennart Johansson, und nun noch deren Generaldirektor, sie alle sind Schweden. Die Skandinavier sind die heimliche Fußballmacht Europas. Lars-Christer Olsson hat einen Ruf als stiller, effektiver Arbeiter. Er war Organisator der Europameisterschaft 1992 in seinem Heimatland und zuletzt Direktor für Profifußball und Marketing der Uefa. (…) Den großen Fußball verkörpert die G 14, der Zusammenschluß der mächtigsten Klubs Europas. Doch für Olsson ist das „nur eine Lobbygruppe“, kein Partner: „Die Uefa braucht die G 14 nicht.“ Vergangene Woche hat Olsson sein erstes eigenes Projekt präsentiert, die Verschärfung des Anti-Doping-Kampfes. „Es wird mehr Kontrollen auch außerhalb des Wettkampfes geben, auch im Frauen- und Jugendbereich“, sagt er. Eine andere, schon lange geplante Neuerung soll bekämpfen, was Olsson „finanzielles Doping“ nennt: das unsolide Geschäftsgebaren mancher Klubs. Es soll durch das Lizenzierungsverfahren der Uefa verhindert werden, das in der kommenden Saison einsetzt.“

Überzeugter Sozialist und praktizierender Diktator

Ein Nachruf auf Brian Clough von Christian Eichler (FAZ 20.9.): „England trauert um einen seiner größten Fußballtrainer – den ungewöhnlichsten unter den Großen. Brian Clough war wie eine Quadratur von Otto Rehhagel: ein Mann des Volkes, immer für einen Spruch gut, kompromißlos in seinen Ansichten, völlig von sich eingenommen – und mit Erfolgen, deren Zahl andere vielleicht übertrafen, aber nicht deren Unwahrscheinlichkeit. Wie Rehhagel 1998 mit Kaiserslautern schaffte es Clough 1978 mit Nottingham Forest, im Jahr nach dem Aufstieg aus der zweiten Liga den Meistertitel zu gewinnen. Ein weiteres Jahr später gewann er mit Nottingham den Europapokal der Landesmeister – und verteidigte ihn auch noch erfolgreich. Aufstieg, Meisterschaft, Europacupsieg, Europacupsieg – vier Jahre, die ohne Beispiel sind in der Fußballgeschichte. Clough war ein Monolith des Trainergeschäfts. Seine giftig-humorige Art trug ihm große Popularität ein. Bis heute herrscht Unverständnis darüber, warum er nie Nationaltrainer wurde (…) „Wenn Gott gewollt hätte, daß wir in den Wolken spielen“, blaffte er seine Spieler an, wenn sie zu viele hohe Pässe spielten, „dann hätte er Gras auf die Wolken gepflanzt.“ Auf das gepflegte Kurzpaßspiel legte er ebenso Wert wie auf gepflegte Kurzhaarschnitte seiner Profis. Der überzeugte Sozialist und praktizierende Diktator schaffte es, daß seine Spieler für ihn durch dick und dünn gingen.“

Der beste Nationaltrainer, den England nie hatte

Martin Pütter (NZZ 22.9.) reiht sich ein: „Exzentrisch, aber erfolgreich, ein grosser Motivator, aber auch ein Diktator, der beste Nationaltrainer, den England nie hatte, arrogant, rüde, pompös, kontrovers – so lauteten in den britischen Medien die Umschreibungen Brian Cloughs, der am Montag 69-jährig an Magenkrebs gestorben war. Tribut wurde „Old Big ‚Ead“ (alter Grosskopf, wie er sich selber manchmal bezeichnete) aber überall gezollt (…) Dieses Jahr trafen sich Nottingham Forests ehemalige Spieler, um noch einmal ihren ersten Europacup-Erfolg vor 25 Jahren zu feiern. „Wir sassen im Raum und lachten und scherzten. Als die Tür aufging und Clough hereinkam, wurden alle sofort still“, schilderte John Robertson den Respekt, den sie immer noch vor ihrem Boss hatten.“

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