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Interview

Für uns sind Rückschläge nicht mehr als Rückmeldungen

Oliver Fritsch | Montag, 27. September 2004 Kommentare deaktiviert für Für uns sind Rückschläge nicht mehr als Rückmeldungen

Jürgen Klopp im Interview mit Michael Eder & Thomas Klemm (FAS 26.9.)
FAS: Gerade hat Bundeskanzler Schröder gefordert, statt zu lamentieren, solle man die Ärmel „hochkrempeln“. Fordert er damit das, was Sie beim FSV Mainz 05 jede Woche vormachen?
JK: Ich glaube nicht, daß man das auf alle Lebensbereiche einfach übertragen kann. Unsere Probleme erscheinen im Vergleich zu anderen Problemen als regelbar, das ist ein Unterschied. Im Grundsatz glaube ich, daß man alle Dinge positiv angehen sollte. Aber auch der Bundeskanzler sollte nicht vergessen, daß einige Leute wirkliche und ernste Probleme haben. Lamentieren ist nicht der richtige Weg, aber manchmal verständlich.
FAS: Wie schafft man es denn, eine positive Mentalität in einer Gruppe entstehen zu lassen?
JK: Das hängt natürlich von den Protagonisten ab. Wenn man durch die Welt geht, wird man immer Leute finden, die das Glas als halbleer empfinden. Warum ich es prinzipiell als halbvoll betrachte, das kann ich nicht genau sagen. Aber in der Mannschaft haben wir viele solcher Typen, und Menschen lassen sich auch gerne positiv beeinflussen. Es macht das Leben angenehmer, wenn man die Chance sieht und nicht das Problem. Bei uns in Mainz ist alles dafür bereitet, daß die Spieler, wenn sie am Limit arbeiten, grundsätzlich positiv bewertet werden. Und daß nicht irgendwo nach Krümeln gesucht wird.
FAS: Wie schaffen Sie und die Mannschaft es, Rückschläge wie im DFB-Pokal oder die verpaßten Aufstiege wegzustecken?
JK: Wenn man alles investiert, dann darf man nicht erwarten, alles zu bekommen; es geht darum, das maximal Mögliche zu erreichen. Es gibt ein übergeordnetes Gesetz: Man kann nicht Fußball spielen, ohne damit zu rechnen, daß man Gegentore bekommt. Wenn es aber dazu führt, daß einen Gegentore oder Niederlagen aus der Bahn werfen, dann läuft etwas schief. Für uns sind Rückschläge nicht mehr als Rückmeldungen. Sich doppelt bestrafen, das darf nicht sein.
FAS: Ralf Rangnick wurde einst nach einem Fernsehauftritt, in dem er über Taktik sprach, als „Fußballprofessor“ tituliert, ein Image, das ihm noch heute anhaftet wie eine Klette.
JK: Ich bin Ralf Rangnick wirklich dankbar, daß er mir diesen Fehler abgenommen hat, weil mir das im Überschwang auch hätte passieren können. Es heißt dann sehr schnell, Fußball ist ein einfaches Spiel, und der macht einen auf Oberlehrer. Rangnick wurde damals in diese Rolle gezwängt.

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