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Internationaler Fußball

Befreiungskampf gegen den Beton der Gewissheiten

Oliver Fritsch | Freitag, 29. Oktober 2004 Kommentare deaktiviert für Befreiungskampf gegen den Beton der Gewissheiten

Sehr lesenswert! Peter Hartmann (NZZ 29.10.) beschreibt, wie Zdenek Zeman, Lecces Trainer, einige italienische Steine umdreht: „Zdenek Zeman, mit 21 Jahren in Italien gelandet bei seinem Onkel, dem damaligen Juventus-Trainer Cestmir Vycpalek, kämpft eine Art Befreiungskampf gegen den Beton der Gewissheiten und die Omertà der Verlogenheit im Calcio. Zeman bricht Tabus. Als Angriffsprophet im Lande des Catenaccio, als einziger Nachfolger des Revolutionärs Arrigo Sacchi, ist er schon oft totgesagt und totgeschrieben worden. Am Mittwoch glich seine Sturm-und-Drang-Truppe im Stadio Via del Mare gegen Inter einen 0:2-Rückstand aus, am Sonntag hatte Lecce auswärts Messina mit 4:1 an die Wand gespielt, und jetzt liegt die Mannschaft vom Stiefelabsatz, die in acht Spielen einen Torwalzer mit 20 Treffern hinlegte, auf Platz drei. Und weil Lecce keine kraftraubenden europäischen Verpflichtungen hat, könnte der Höhenflug andauern, denn Zeman gilt auch als hervorragender Konditionstrainer, dessen Mannschaften sich im Laufe der Saison leistungsmässig steigern. Aber, das war die konstante Kehrseite seines offensiven 4:3:3-Systems, es häuften sich auch die Gegentore. Zemans Leitspruch „Ich ziehe es vor, 4:5 zu verlieren, statt 0:0 zu spielen“ hat immer wieder zu einem Ende mit Schrecken geführt. Dennoch ist er nicht endgültig vom Karussell gefallen, aber sein Vergnügungspark „Zemanlandia“ kommt nur noch in der Provinz an, weit weg vom Hype um die „schönste Meisterschaft der Welt“. (…) Der Montag war vielleicht Zemans bester Tag. Denn im fernen Turin verkündete Staatsanwalt Raffaele Guariniello die Strafanträge im lange verschleppten Dopingverfahren gegen Juventus Turin: 3 Jahre Gefängnis und 2 Jahre Berufsverbot für den Klubarzt Riccardo Agricola, 2 Jahre Haft für den Delegierten Antonio Giraudo. Zeman hatte die Ermittlungen ins Rollen gebracht, als er im Juli 1998 die „unnatürlichen Muskeln“ der Juve-Spieler Vialli und Del Piero anprangerte und damit auch die Titel jener Mannschaft in Frage stellte. Der Fussball müsse „endlich aus den Apotheken“ herauskommen. Die gereizten Herren der „Alten Dame“ konterten erfolgreich mit Verleumdungsklagen, doch die Untersuchung bestätigte Zemans Beobachtungen.“

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