indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Bundesliga

Tannenbaum-Taktik

Oliver Fritsch | Samstag, 6. August 2005 Kommentare deaktiviert für Tannenbaum-Taktik

Jan Christian Müller (FR 6.8.) stellt einen Trend zur Defensive fest: „Die Vorgaben, mit denen die Trainer ihre Spieler in die neue Saison schicken, sind nahezu deckungsgleich: Laufwege zumachen, Räume verdichten, zum Ball hin verschieben- und: blitzschnell umschalten. Allzu naives kollektives Offensivspiel unter Vernachlässigung der Defensive – wie von der Nationalmannschaft demonstriert – gilt nicht als vorbildlich. Vorbild ist vielmehr der FC Chelsea London, dessen Kulttrainer José Mourinho seinem Team ein aggressives Defensivkonzept mitsamt überfallartiger Kontertaktik verordnet hat. (…) Die „Tannenbaum-Taktik“ mit vier Abwehrspielern, drei defensiven, zwei offensiven Mittelfeldspielern und nur einem einzigen echten Stürmer gilt als Zukunftsmodell. Dass in der Bundesliga zehn Prozent mehr Tore fallen (2,97) als etwa in Englands Hochgeschwindigkeits-Eliteliga oder Italien (je 2,66), dient zwar der Volksbelustigung, wird aber von Fachleuten mitverantwortlich dafür gemacht, dass die Bundesliga international hinterherhinkt. Damit soll schnell Schluss sein.“

Niemand kann es im Kerngeschäft Fußball mit ihm aufnehmen

Der Tagesspiegel (6.8.) seziert die Macht Dieter Hoeneß’: „Hertha BSC ist Dieter Hoeneß’ Lebenswerk. Er hat die Voraussetzungen für den Aufstieg in die Bundesliga geschaffen. Die Entwicklung lief über Jahre steil nach oben. Zwischen 1999 und 2005 erreichte Hertha sechsmal einen internationalen Wettbewerb, das Olympiastadion wurde umgebaut, die Nachwuchsarbeit mit der Akademie mit zahlreichen Nationalspielern läuft vorbildlich. Hoeneß’ Verdienste sind gewaltig. Seine Machtfülle ist es auch, bis heute, wenngleich Michael Preetz nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn an die Seite des mächtigen Mannes rückte. Offene Kritik aus den eigenen Reihen mag Hoeneß nicht. Auf Mitgliederversammlungen kanzelt er solche Beiträge als „populistischen Käse“ ab: „Dafür arbeite ich zu hart, um mir das anhören zu müssen.“ Hoeneß selbst beschreibt sich als „absoluten Teamplayer“. Vor Jahren schon hatte er angekündigt, dass „die Zeiten der One-Man-Show vorbei sind“. Von Leuten, die ihn täglich umgeben, ist das Gegenteil zu hören. Heute noch. Natürlich gibt es im Verein einen aus Aufsichtsrat, Präsidium und einfachen Mitgliedern zusammengesetzten Beteiligungsausschuss, der Hoeneß kontrollieren darf. Aber niemand aus diesem Gremium kann es im Kerngeschäft Fußball mit ihm aufnehmen. Als Hoeneß seinen 50. Geburtstag mit einem Feuerwerk auf dem Schlossplatz in der Mitte Berlins beging, spottete ein Spieler: „Und wo wird jetzt das Denkmal enthüllt?““

Fußballinsider

Ralf Weitbrecht (FAZ 6.8.) schildert Wirken und Tun Heribert Bruchhagens: „Manager des Eintracht-Aufstiegs – diese Schlagzeile wenige Tage nach der Klassenversetzung der Frankfurter Fußballprofis hat ihm sichtlich gefallen. Tatsächlich ist es so, daß Heribert Bruchhagen als Vorstandsvorsitzender der Eintracht Frankfurt Fußball AG die maßgeblichen Grundlagen für die Rückkehr der Eintracht gelegt hat. Gewiß, eine gehörige Portion Glück hat ihm, vor allem aber der zwischenzeitlich bis ins Mittelmaß abgesackten Mannschaft geholfen. Doch Bruchhagens Konzeption war ebenso einfach wie bestechend: Junge, deutsch sprechende, idealerweise aus der Region kommende Fußballspieler: Mit diesem Ansatz wurde das Wagnis zweite Liga angegangen – und gemeistert. (…) Vom Oberstudienrat zum Vorstandschef. Eine solche Karriere ist nicht unbedingt in den Fibeln des Erfolgs skizziert. Doch der 56 Jahre alte Multifunktionär, der vor seiner Frankfurter Zeit als Geschäftsführer Sport bei der DFL wirkte, ging zielstrebig und unbeirrt seinen Weg. Erste Amtshandlung bei der Eintracht: Er ließ sich Richtlinienkompetenz in seinen Vertrag hineinschreiben. Alle Macht dem Fußballinsider, der zwar smart und jovial daherkommt, aber auch ein unerbittlicher Verhandlungs- und Geschäftspartner sein kann.“

Ruhe

Volker Kreisl (SZ 6.8.) staunt über Nürnberger Gelassenheit: „Der Club hat die Ruhe entdeckt. Sogar von Präsident Michael A. Roth ist nichts zu hören, nichts an Stammtischen und Toto-Theken, Ruhe herrscht in den Internetforen und am Trainingsplatz. Dabei wächst der Club tatsächlich. Die Änderungen sind nur nicht spektakulär, sie spielen sich im Verborgenen ab. Ein Teil dieser Fortschritte verbirgt sich zum Beispiel in den Vertragsdaten. Wolfgang Wolfs Mannschaft besteht aus einem Gerüst von Fußballern, die bis 2009 verpflichtet sind (…) Es hängt wohl auch mit seiner Zeit als Cheftrainer beim VfL Wolfsburg zusammen, dass Wolf so gut zum 1. FC Nürnberg passt. Die neue Ruhe ist ihm zu verdanken. Wolf hatte in Wolfsburg solide Fußballstrukturen aufgebaut, ehe der Konzernvorstand von VW die Fußballabteilung auf internationaler Bühne sehen wollte und Wolf gehen musste. Das hat den Gerechtigkeitssinn des Pfälzers getroffen und wohl auch seinen Ehrgeiz geschürt.“

SZ-Interview mit Miroslav Klose und Ivan Klasnic
FR-Interview mit Klaus Augenthaler
Welt: Zweite Bundesliga muß nach Rekordjahr mit Einbußen rechnen
FR: Hansa Rostock hat den Bundesliga-Abstieg verarbeitet und will gegen Kickers Offenbach den Grundstein zur Rückkehr legen

Kommentare

Comments are closed.

  • Quellen

  • Blogroll

  • Kategorien

  • Ballschrank

121 queries. 0,565 seconds.