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Champions League

Ein bißchen mehr Gelassenheit

Oliver Fritsch | Freitag, 16. September 2005 Kommentare deaktiviert für Ein bißchen mehr Gelassenheit

Fazit erste Runde aus deutscher Sicht – bei allem Gram unter den Beteiligten und aller Kritik tut Gerd Schneiders (FAZ 16.9.) Augenmaß gut: „Es war nicht gerade ein Traumstart für die Bundesligaklubs. Aber von einer desaströsen Bilanz kann nicht die Rede sein. Und erst recht muß man sich davor hüten, schon jetzt Rückschlüsse auf ein vermeintliches Niveaugefälle zwischen der Bundesliga und den Ligen in Spanien, England oder Italien zu ziehen. Was ist so überraschend daran, daß sich Bremen einer Mannschaft beugen muß, die zum Besten gehört, was Fußball-Europa zu bieten hat? Barcelona siegte im übrigen so, wie auch die Bayern in Wien zum Erfolg kamen: glanzlos, unspektakulär und mit überschaubarem Aufwand. Der Unterschied ist: In Barcelona wird sich keiner grämen über den durchwachsenen Auftritt. Auch Schalke, so enttäuschend die Vorstellung auch ausfiel, täte ein bißchen mehr Gelassenheit gut. Wer so viel Geld in die Hand nimmt, um die Mannschaft Jahr für Jahr mit spektakulären Zukäufen auf europäisches Spitzenformat zu trimmen, muß auch die Geduld haben, das Team wachsen zu lassen. Insofern ist Assauers öffentlich zur Schau gestellter Grimm – als hätte er mit der Zusammenstellung des Kaders nichts zu tun – im Grunde alarmierender als der Ausrutscher in Eindhoven.“

Panisch

Jörg Hanau (FR 16.9.) erklärt den Zorn Rudi Assauers über das 0:1 in Eindhoven: „Der Druck auf dem Schalker Patriarchen lastet schwer. Seit Assauer beim Londoner Investmentbanker Stephen Schechter eine Anleihe über 75 Millionen Euro aufgenommen hat, rennt Schalke dem eigenen Anspruch hinterher. Angesichts von unzähligen Millionen, die Assauer in den vergangenen Jahren in die Marke FC Schalke 04 investiert hat, scheint er zu glauben, dass nun auch die jüngsten Investionen ins namhafte kickende Personal keine Rendite abwerfen könnte. Assauer reagierte panisch. Eines leitenden Angestellten unwürdig. Ihm ist es zu verdanken, dass nach nur einem Spiel die Sirenen heulen und das Gerede von der Krise boulevardesk ausgeschlachtet wird.“

International gelten andere Maßstäbe

0:2 gegen Barcelona – Grund zur Unzufriedenheit, findet Andreas Lesch (BLZ 16.9.): „Die Unterlegenheit des SV Werder war unsichtbar. Sie offenbarte sich weniger in den Aktionen, die die Spieler aus Barcelona zeigten, als vielmehr in jenen, die sie nicht zeigten. Die Bremer Profis erzählten später stolz von ihrem herzhaften Sturmlauf vor der Pause. Aber sie übersahen, dass er das Ergebnis spanischer Nachlässigkeiten war. (…) Diese Erkenntnis mag manchen überrascht haben, werden die Bremer doch in der Bundesliga für ihre Angriffskraft oft gerühmt. International, das mussten sie jetzt einsehen, gelten andere Maßstäbe.“

Ehrfurcht

Benno Schirrmeister (taz 16.9.) beklagt Bremer Demut: „Die Erleichterung, nicht untergegangen zu sein, sprach aus manchem Spieler viel eher, als der Frust über die Heimniederlage. Und von geradezu unterwürfiger Ehrfurcht zeugte die Geste des Bremer Manndeckers Naldo, der durch freundliches Bitten schon zur Pause einen Trikottausch mit Ronaldinho erwirkte. Vielleicht macht für Naldo das knallgelbe Shirt des Stars die Niederlage wett. Punkte jedoch gibt es dafür nicht.“

Mischung aus Stolz und Enttäuschung

Frank Heike (FAZ 16.9.): „In Bremer hielt sich die Trauer über das 0:2 gegen die schlauen, außer in zwei, drei glorreichen Szenen nur Prozentfußball anbietenden Katalanen in Grenzen. Werder hatte schnell gespielt, mitgehalten, war zu vielen Chancen gekommen. Nur der Ertrag für den großen Aufwand stimmte nicht. Und so war es eine Mischung aus Stolz und Enttäuschung, die herrschte.“

Selbstzufriedenheit und Selbstherrlichkeit

1:0 in Wien – Elisabeth Schlammerl (FAZ 16.9.) warnt: „Die Mannschaft des FC Bayern ist von einem gefährlichen Virus befallen, Selbstzufriedenheit und Selbstherrlichkeit mit zerstörerischer Wirkung sind latent vorhanden. Diese Tendenz gab es schon in Nürnberg, der Auftritt gegen den österreichischen Rekordmeister bestätigte die Verantwortlichen in ihrem Urteil.“

Formaler Akt

Ludger Schulze (SZ 16.9.) ergänzt: „Leistungsträger redeten zuletzt zwar gerne vom Gewinn der Champions League, aber sie spielen so, als wäre dazu nur noch ein formaler Akt notwendig, Unterschrift und Stempel drunter. Gegen die wackeren Rapidler brauchte es zum knappen Sieg sogar noch gehörigen Dusels, denn die Bayern hatten zwar meist den Ball, die anderen aber die Chancen, u.a. zweimal Latte und ein vergebener Elfmeter, der jedoch eher in der Sparte Wiener Schmäh einzuordnen war. (…) Die Bayern sind fraglos ein Klasseteam, nur wäre es schön, sie zeigten es auch mal wieder.“

Tsp: Bayern erledigen nur ihre Pflicht
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