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Ball und Buchstabe

Das Genie in der Gosse

Oliver Fritsch | Samstag, 26. November 2005 Kommentare deaktiviert für Das Genie in der Gosse

Christian Eichler (FAZ) trauert um das Verglühen George Bests: „Nach seiner Auszeichnung als Englands Spieler des Jahres soff er die Nacht durch. Am nächsten Morgen fand ihn ein Polizist volltrunken auf der Straße, die Trophäe im Arm. Das Genie in der Gosse, die Rolle seines Lebens. Best, der einfache Bursche aus Belfast, war nicht vorbereitet auf das, was die verrückte Welt aus ihm machte. Er wurde der erste Popstar des Spiels, vollkommen gegensätzlich zu seinem heutigen Nachfolger, dem sozialverträglichen, durchgestylten David Beckham. Beide sind perfekte Spiegelbilder ihrer Zeit: Best für die zügellosen 68er-Jahre; Beckham für die Ära des globalen Kommerzes, dessen Stars politisch korrekt sind und sich das Rebellische beim Friseur holen. Mit George Best starb auch das letzte Stück ungezähmten Fußballs.“

Der erste Popstar des Fussball

Felix Reidhaar (NZZ) blickt zurück auf Bests ereignisreiches Leben und Spielen: „Höhepunkt und Wendepunkt in einem war die Saison 1967/68. George Best, erst 22, befand sich im Zenit. Die Medien standen Kopf: der grösste Fussballartist, den Europa je hervorbrachte. Der grossartigste Dribbler der Welt. Der erste Popstar des Fussball. Langmähnig schwarz, elegant und wendig, der Ballettmeister, der die Verteidiger austanzte, beidfüssig, schnell, ausgeglichen, unberechenbar, zweikampfstark, ein erbitterter Tackler, der Mann, der weite und kurze Pässe mit derselben Präzision schlug und immer wieder Kunststücke am Ball wagte, der am meisten gefoulte Profi in der englischen Liga-Geschichte, kurzum: A one man band of football, wie sein Biograf Ian Corry schrieb. Als John Lennon die Beatles mit ‚Hey Jude’ in neue Höhen aufschwang [of: ein McCartney-Song] und russische Panzer in Prag einrollten, galt George Best als fünfter Beatle, der pro Woche 10 000 Briefe Fanpost erhielt.“

Ein Schelm – Volker Gulde (SpOn): „Es gibt viele Geschichten über den Mann, der 1968 zu Europas Fußballer des Jahres gekürt wurde, aber diejenige über sein Spiel mit der nordirischen Nationalmannschaft gegen Holland 1976 macht das Maß seiner Genialität oder seines Wahnsinns am besten deutlich. Best wurde vor dem Spiel gefragt, ob Johan Cruyff besser sei als er. Best fing an zu lachen und kündigte an, dass er Cruyff bei der ersten Gelegenheit tunneln würde. Nach fünf Minuten der Partie wurde Best auf dem linken Flügel angespielt. Er umdribbelte drei Holländer auf dem Weg zu Cruyff, der sich auf der anderen Seite befand, tunnelte den holländischen Spielmacher – und reckte die Faust in den Himmel.“

As long as the game is played in these islands

Obituary – Richard Williams (Guardian): „Winter came early to Best’s career. Its teenage spring was bursting with promise, its summer incandescent; there never was an autumn. (…) The image of the unrepentant alcoholic who worked his way through two livers, his own and that of an anonymous donor, will fade soon enough. Tales of his deeds on the football pitch will endure as long as the game is played in these islands.“

Best of all

Aus der Times vom 9. März 1966, Bericht über das Europapokal-Viertelfinale in Lissabon: „Night a star was born: ‚Now he was the best of all‘: Manchester United tonight destroyed the white flower of Benfica, in their Luz Stadium here, in a thrilling outburst of attacking football. (…) Best, with his long dark mop of hair, is known in these parts as ‚The Beatle‘. Now he was the best of all .”

Tribute to George Best, Times
Tsp: Van Morrison des Rasens
Best of Best, sueddeutsche.de
Ein Online-Memorial, veranlasst durch die Familie Best – zünden Sie eine Kerze für George Best an

Die SZ-Bibliothek WM 1930-2002 ist eröffnet

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