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Deutsche Elf

Der ewige Stürmer

Oliver Fritsch | Dienstag, 28. Februar 2006 Kommentare deaktiviert für Der ewige Stürmer

Andreas Lesch (BLZ) kritisiert Jürgen Klinsmann dafür, dass er zu wenig mit seinen Kontrahenten rede: „Klinsmann unterschätzt die Folgen, die seine Vorgehensweise hat. Er hat sich wieder einmal in Stilfragen angreifbar gemacht. Er hat sich, obwohl er in der Sache Recht hatte, enormen Anfeindungen ausgesetzt. Er war so überzeugt von seiner Position, dass er vergaß, sie sorgsam zu kommunizieren. Hat er in seinen amerikanischen Management-Kursen etwa nicht aufgepasst, als es um Konfliktvermeidung ging? Schon einmal hat Klinsmann in seiner Amtszeit als Bundestrainer Unruhen heraufbeschworen, die keiner brauchte: Er hat im vergangenen Herbst die rückständigen Trainingsmethoden der Bundesliga derart harsch kritisiert, dass die Klubvertreter gar nicht anders konnten, als zum Gegenangriff überzugehen. Die Lust am überfallartigen Angriff könnte dem Bundestrainer, je näher die WM rückt, noch häufiger Probleme bescheren. Mit jeder Attacke schafft sich Klinsmann, der ewige Stürmer, einen potenziellen Gegner mehr, der im Falle des Misserfolgs sicher gern als Kronzeuge gegen ihn aussagt. Auch der Streit um Wörns dürfte, so nebensächlich er sportlich ist, im Untergrund weiterköcheln.“

Theorie geht vor Praxis

Philipp Selldorf (SZ) hält die Ausbootung Christian Wörns‘ für ein Risiko: „Mehr als zehn Jahre ist Wörns ein treuer Husar der Nationalelf gewesen, der vom Publikum wenig beachtet wurde, und nun, da alles vorbei ist, befindet er sich plötzlich im Mittelpunkt der Debatte. In genau umgekehrter Rolle. Wörns ist nicht mehr Angeklagter, sondern wird zum Zeugen der Anklage. Wenn die deutsche Abwehr schlecht aussieht in Italien oder beim WM-Turnier, dann wird es heißen, das liege am Fehlen von Wörns. Es wird deswegen nicht zu spontanen Gründungen von Wörns-Fanklubs kommen. Sein öffentliches Ansehen als Fußballer ist durch seinen Ausschluss nicht gestiegen, doch bleibt er aus zwei Gründen auch als Verbannter präsent: Erstens als Beispiel für die doch recht schonungslose Personalpolitik des Bundestrainers, der seinen WM-Kader ohne Wörns plante und ihm trotzdem Hoffnung machte, dabei zu sein. Zweitens offenbart sich im Verzicht auf Wörns, der zwar ein Durchschnittsspieler, aber eine kalkulierbare Größe ist, Klinsmanns idealistischer Wille, der Theorie den Vorzug vor der Praxis zu geben. Die Präferenz für Huth und Metzelder lässt sich nur durch den Glauben an ihre besonderen Fähigkeiten begründen, nicht aber durch gegenwärtige Erfahrungen. Täuscht sich Klinsmann in ihnen, verliert er, und dann verliert auch Deutschland – und das wiederum wäre ein Sieg, der auch Wörns nicht glücklich machen würde.“

Welt: Klinsmann bringt die Nationalspieler nach dem Streit um Wörns auf Linie
FR: Ballack steht brav zum Bundestrainer
NZZ: Antworten eines Verschmähten – wie Kevin Kuranyi auf Liebesentzug reagiert

Welt: Das Land des Catenaccio hat Stürmer im Überfluß

taz: Die Gegner der Deutschen: Polen. Das Team von Nationaltrainer Pawel Janas überzeugt vor allem im Spiel nach vorn – die Abwehr gilt als überaltert und äußerst anfällig

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