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Internationaler Fußball

Schnelljustiz

Oliver Fritsch | Montag, 29. Mai 2006 Kommentare deaktiviert für Schnelljustiz

Italien und der Moggi-Skandal – Dirk Schümer (FAZ/Feuilleton) kritisiert die Veröffentlichung der Abhörprotokolle: „Ist Italien ein Rechtsstaat? Nach der Abwahl Berlusconis, der nonchalant Gesetze gegen die Strafverfolgung seiner Person oder zugunsten privater Konzerninteressen als Medienmogul durchs Parlament brachte, kommt die Antwort auf diese Frage postwendend: Italien ist kein Rechtsstaat. Oder jedenfalls ein System mit laxeren Regeln. Wie anders wäre zu erklären, daß Tausende von Abhörprotokollen mächtiger Fußballfunktionäre in den Medien veröffentlicht werden, als wären diese illegal weitergegebenen Ermittlungsakten amtliche Bekanntmachungen? Das Abtreten des Managers von Juventus Turin, der Rücktritt der mächtigen Verbandsspitze, die Durchsuchung von Vereinsbüros, darunter auch Berlusconis AC Mailand: Der moralische Schock im ganzen Land wurde demnach ausgelöst durch unautorisierte Protokolle höchst privater Gespräche. Es geht dabei um Essenseinladungen, persönliche Geschäfte, hochnotpeinlichen Klatsch und Tratsch und oft nur am Rande um verschobene Spiele und willfährige Schiedsrichter. Das Austreibungsritual hat etwas Römisch-Archaisches: Die einst unangreifbar Mächtigen wie Moggi und Berlusconis Fußballmanager Galliani haben nun nicht einmal mehr das Recht auf Privatsphäre und Verteidigung, sondern werden durch dieselben Medien verhöhnt, die ihnen zuvor jedes Wort von den Lippen lasen. (…) Es scheint, als werde die Unfähigkeit des italienischen Justizsystems mit jahrelang sich hinziehenden Prozessen, Verjährungen und einem undurchschaubaren Instanzenweg kompensiert durch die mediale Schnelljustiz.“

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