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Ball und Buchstabe

Deutschland ist ein Land, in dem man sich als Ausländer wohl fühlen kann

Oliver Fritsch | Mittwoch, 31. Mai 2006 Kommentare deaktiviert für Deutschland ist ein Land, in dem man sich als Ausländer wohl fühlen kann

Gerald Asamoah im Interview mit Michael Ashelm (FAS) über Rassismus in Deutschland
FAZ: Sie sehen sich rassistischen Parolen ausgesetzt. Eine Neonazi-Organisation verbreitet Poster und Hemden mit Ihrem Foto und der Parole „Nein, Gerald, du bist nicht Deutschland“. Was unternehmen Sie dagegen?
Asamoah: Das hat mich sehr verletzt, aber ich bin zuerst nicht juristisch dagegen vorgegangen. Mit Unterstützung des DFB habe ich jetzt aber rechtliche Schritte eingeleitet und per einstweilige Verfügung generell die Veröffentlichung und Verbreitung dieses Plakats und des dazugehörigen Bildes untersagen lassen.
FAZ: Im neuen Verfassungsschutzbericht steht, daß rechte Straftaten um 27 Prozent zugenommen haben. Spüren Sie am eigenen Leib eine direkte Gefahr?
Asamoah: Ich habe natürlich gegenüber vielen anderen Farbigen oder Ausländern in Deutschland den großen Vorteil, daß ich eine prominente Person bin. Bei mir traut sich keiner so schnell, mich in der Öffentlichkeit anzupöbeln, auch wenn er es vielleicht wollte. Ich selbst fühle mich nicht in Gefahr, aber ich habe Freunde, die sich im Moment nicht besonders wohl fühlen und auf der Straße beleidigt werden.
FAZ: Wie offenbart sich der Fremdenhaß im Fußballstadion, nachdem in Deutschland viel dagegen unternommen wurde?
Asamoah: In der Bundesliga passiert eigentlich nichts. Da bleibt es bei ein paar wenigen Idioten auf der Tribüne. Die schlimmsten Zeiten sind wohl vorbei, als ich zum Beispiel in Cottbus noch mit Bananen beworfen wurde. In deutschen Stadien hat sich die Situation deutlich gebessert. Im Uefa-Pokal mit Schalke kam in Sofia aber wieder dieses Affengebrüll von der Tribüne, wenn ich am Ball war. Wie mit der Nationalmannschaft in der Slowakei. Daran werde ich mich nie gewöhnen. Das macht mich immer wieder traurig.
FAZ: Unterhalten Sie sich im Nationalteam über dieses Thema?
Asamoah: Natürlich wird mal darüber gesprochen. Aber jetzt in der WM-Vorbereitung möchte ich mich damit auch gar nicht belasten. (…)
FAZ: Ist die deutsche Gesellschaft aus Ihrer Sicht noch eine offene, fremdenfreundliche Gesellschaft?
Asamoah: Ja, schon. Natürlich hat Deutschland das Problem mit seiner speziellen Vorgeschichte, die immer wieder hoch kocht. Ich weiß auch, daß manche im Ausland sehr negativ über Deutschland denken und sagen, es sei ein Land der Rassisten. Es gibt auch Leute, die mich fragen, weshalb ich überhaupt für Deutschland Fußball spiele; für ein Land, das Schwarze nicht akzeptiert, sagen die dann. Aber ich fühle mich sehr heimisch in Deutschland. Deutschland ist ein Land, in dem man sich als Ausländer wohl fühlen kann. Ich lebe schon lange hier und habe mich nie richtig unwohl gefühlt.

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