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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ball und Buchstabe

Barock

Oliver Fritsch | Montag, 28. August 2006 Kommentare deaktiviert für Barock

Kultreporter Günther Koch ist auf bestem Weg, entzaubert zu werden. Als er noch für das Radio Fußballspiele kommentierte, galt er uns Romantikern als Gegenstück zu den tausenden Schwaflern im Fernsehen. Jetzt, da er seit dieser Saison auf Arena für das Fernsehen arbeitet, fassen sich einige an den Kopf. Simone Schellhammer (Tsp) fordert Koch auf, sich auf das neue Medium einzustellen: „Daß ein einzelner Mensch so viel Unheil anrichten kann! Mehrfach hat er Auswechslungen angekündigt, die nicht vollzogen wurden, und Tore angekündigt, die nicht fielen. Dann wieder trudelte er in die Tiefen der Derby-Historie – Günther Koch muß 94 Jahre alt sein –, um sich via nächstem Satz in die Zicken-Beziehung der Bayern und der Franken hinaufzuschrauben. Sobald ein TV-Kommentator den Zuschauern detailfein ausbreitet , was ’sie gerade sehen‘, wird es allerhöchste Zeit, daß die Kollegen den Kommentator zur Seite nehmen und ihm nur diesen einen Rat geben: ‚Lieber Günther, du bist nicht mehr beim Radio, du arbeitest jetzt beim Fernsehen. Sprich uns nach: F-e-r-n-s-e-h-e-n.‘“

allesaussersport wünscht, daß sich Koch zurücknimmt: „Eine Fußball-Kommentierung kann man sich wie ein Parfüm vorstellen. Ein Parfüm soll den Menschen begleiten, ihm eine typische, charakteristische Duftnote geben. Das Parfüm fügt dem Menschen etwas hinzu, es ergänzt ihn. Aber wehe das Parfüm ist aufdringlich und wird zu intensiv aufgetragen. Dann zeitigt es den gegenteiligen Effekt. Dann wird es nur noch als abstoßend empfunden und man sucht das Weite. Womit wir bei Günther Koch sind. Ich habe ja durchaus etwas für Günther Koch übrig. Der lebt den Fußball, der ist auch aufgrund seiner Bio als Seiteneinsteiger einen ungewöhnlichen und nicht einfachen Weg gegangen. Aber das, was derzeit auf Arena zu hören ist, ist reine Selbstdemontage. Die Sprachbilder, die Metaphern, im Dutzend bei Koch billiger. Das ist eine barocke Sprache, eine Sprache voller Schnörkel, voller Umwege, statt nur Geradeaus, statt nur beim Bild zu bleiben. Eine Sprache in der sich der Sprechende wichtiger nimmt, als das Geschehen, dem er dienen soll.“

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