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Bundesliga

Fortsetzung: Realitätsschock

Oliver Fritsch | Montag, 25. September 2006 Kommentare deaktiviert für Fortsetzung: Realitätsschock

An Profil haben Müller und Slomka seit Assauers Entlassung nicht gewonnen

„Rührstück“ ist die Vokabel, auf die sich alle Journalisten heute geeinigt haben, das 2:0 Schalkes gegen Wolfsburg zu beschreiben. Daß nun, nachdem der denunzierte und zunächst suspendierte Gerald Asamoah durch eine Torvorlage zum Sieg beigetragen hat, alles wieder in Butter sei – daran glaubt kaum jemand in der Presse. Richard Leipold (FAZ) frotzelt: „Auch wenn ein Nachgeschmack bleibt: Der Vorstand des FC Schalke darf Asamoah, Altintop, Slomka und den anderen Komödianten ruhig ein wenig dankbar sein. Ihr Lustspiel hat Schulden und Staatsanwälte aus den Schlagzeilen verdrängt, eine ganze Woche lang. Das hatten die Führungskräfte sich doch so lange gewünscht.“

In der Samstag-Ausgabe, also vor dem Spiel, hat Leipold die Menschenführung in Schalke kritisiert: „Formal ist die Affäre Asamoah beendet, aber sie hat Zweifel an der Führungsstärke der sportlichen Leitung geweckt: Besitzen Slomka und der ihn (unter-)stützende Manager Andreas Müller genug Autorität, um aus einer Fülle von Egomanen ein erfolgreiches Kollektiv zu formen? In der Öffentlichkeit entstand der Eindruck, daß die Führungskräfte Müller und Slomka mehr Schaden genommen haben als der vermeintliche Übeltäter. Von den Einflüssen des entlassenen Rudi Assauer sind sie befreit – an Profil haben sie seitdem nicht gewonnen.“ Auf einen angeblichen Irrtum macht Leipold (nicht nur die Schalke-Führung) aufmerksam: „Slomka und Müller versuchen so viel wie möglich von den Methoden Jürgen Klinsmanns in den Alltag zu übernehmen. Das System Klinsmann funktionierte acht Wochen (nicht eine ganze Saison) lang vor allem deshalb, weil die Spieler zur Philosophie gepaßt haben und mit Erfolgen sowie einer vorbildlichen Einstellung in Vorleistung getreten sind. Das können die Schalker Profis bisher nicht von sich behaupten.“

Zur Jagd freigegeben

Christian Kamp (FAZ) berichtet das 1:1 zwischen Hannover und Leverkusen: „Ein weiteres Mal begnügte sich Leverkusen mit der bloßen Andeutung ihrer Möglichkeiten. Während die Bayer-Spieler sich im Gefühl der sicheren Überlegenheit allzuoft im Achselzucken, Hadern und Kopfschütteln übten, kämpfte sich 96 zurück ins Spiel.“

Bernd Dörries (SZ) wundert sich, wie Frankfurt es geschafft hat, in Stuttgart ein Tor und ein Remis zu erzielen: „Es schien so, als sei die Mannschaft von der Ansetzung des Spiels überrascht und bei anderen wichtigen Tätigkeiten unterbrochen worden. Weil das Ergebnis dennoch stimmte, gab es allerdings wenig Anlaß zur Selbstkritik.“ Oliver Trust (FAZ) stört sich an den Bedenken gegen Trainer Armin Veh und Sportdirektor Horst Heldt in Stuttgart, indem er auf die sportlichen Fortschritte hinweist: „Einem Spektakel glich der Auftritt der Schwaben nicht, eher lieferte man solide Fußballkost. Obwohl sich auf dem Rasen Stück für Stück Verbesserungen einstellen, die einer deutlichen Steigerung gegenüber der vergangenen Spielzeit gleichkommen, geht manchem die Aufbauarbeit mit einer runderneuerten Mannschaft offenbar nicht schnell genug. Die Zweifel, so ist zu hören, kommen auch aus der Vereinsspitze, die Veh und Heldt die ‚Aufgabe‘ nicht vorbehaltlos zutraut. D ort gilt vor allem der Aufsichtsratschef Dieter Hundt als ausgewiesener Gegner von Veh und Heldt, obwohl der Arbeitgeberpräsident einst mit die entscheidende Triebfeder des mit Giovanni Trapattoni gescheiterten Projekts eines großen Namens auf der Bank des VfB war.“

Gewieft richtet Selldorf allen Trainern seine Herbstbotschaft aus: „Mit der Gewißheit, einer bedrohten Art anzugehören, lebt natürlich jeder Cheftrainer in der Liga, aber derzeit ist die Lage noch prekärer, weil es Herbst wird und dann nicht nur Damwild, Rebhuhn und Krickente zur Jagd freigegeben sind, sondern besonders akut auch die Cheftrainer (obgleich selbige ganzjährig bejagt werden dürfen). Erschwerend kommt hinzu, daß Christoph Daum sein Asyl in der Türkei aufgegeben und ein imaginäres Mandat als 19. Bundesligatrainer angenommen hat.“

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