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Champions League

Sieben aus dem Steinbruch

Oliver Fritsch | Mittwoch, 27. September 2006 Kommentare deaktiviert für Sieben aus dem Steinbruch

FC Barcelona, Vorbild an Harmonie, Ästhetik und Ausbildung / Probleme des Bremer Innenlebens – Flickwerk Inter unter Abhörverdacht / Mark van Bommel, Bayerns neuer Leitspieler

Paul Ingendaay (FAZ) liebt den harmonischen Akkord des FC Barcelona: „Barcelonas Erfolg ruht auf drei Säulen: dem jungen, ehrgeizigen Präsidenten Joan Laporta, der 2003 nach einer langen Vereinskrise das Ruder übernahm, dem jungen, ehrgeizigen Trainer Frank Rijkaard, der bis dahin noch keinen Titel errungen hatte, und einem organisch gewachsenen Kader von Klassespielern. Nach zwei Meisterschaften in Folge und dem Gewinn der Champions League steht wohl fest, daß die Qualität von Stars auch auf ihrer Fähigkeit beruht, sich einzuordnen.“ Besonders schmeichelhaft ist der Vergleich mit der Hauptstadt. Ingendaay streicht damit Barcelonas Kollektiv heraus: „Während man bei Real Madrid stets zwischen der feinen A-Mannschaft und der billigen B-Mannschaft zu unterscheiden pflegte, wollte Rijkaard in Barcelona genau das Gegenteil erreichen: über zwanzig nahezu ebenbürtige Topspieler zu verfügen, die die Titeljagd als gemeinsame Aufgabe begreifen und sich nicht zu schade für die Ersatzbank sind.“

Rijkaards Ruhe und Zurückgenommenheit seien wesentliche Ursachen für den Aufschwung: „Ohne jedes autoritäre Getue ist es dem Coach gelungen, seine Großverdiener zu disziplinieren. Der Erfolg hat sie fügsam gemacht. Alle Fäden laufen bei dem stillen Holländer zusammen, der mit dem FC Barcelona eine Vision verwirklicht hat. Vielleicht, weil Rijkaard ein Startrainer ist, der nicht wie einer auftritt, vermag er alles zugleich zu sein: Guru, Vertrauenstrainer, Stratege und Dompteur.“ Boris Hermann (BLZ) legt Barcelonas Wurzel frei: „Seit Johan Cruyff 1988 den Trainerposten übernahm, vier Mal hintereinander Meister wurde und einmal den Europapokal gewann, steht Barça in erster Linie für drei Dinge: ein offensives System, schnelle Kurzpässe als Leitmotiv und ein Grundvertrauen in den eigenen Nachwuchs. Rijkaard hat das Erbe von Cruyff wiederbelebt, nachdem der Klub zwischenzeitlich seine Prinzipien aufgegeben hatte und nahe an der Bedeutungslosigkeit gewandelt war.“ Hermann empfiehlt Nachahmung: „Man müßte meinen, daß auch der Letzte verstanden hat, wie erfolgreich Hochgeschwindigkeitsfußball sein kann, als Rijkaard in der vergangenen Spielzeit die Champions League gewann. Nun, zumindest in Deutschland tun sie sich weiter schwer damit.“

Ronald Reng bekräftigt im Monatsmagazin Player ausführlich den Wert, das Durchdachte und den Effekt von Barças Ausbildung: „Es ist die übersehene Arbeit Barças: die beste Nachwuchsarbeit der Welt. Die Verantwortlichen anderer Klubs wie Karl-Heinz Rummenigge klagen, daß Barça so viel mehr Geld vom Fernsehen bekomme und sich deshalb die größten Stars wie Ronaldinho, Deco und Eto‘o kaufen könne – daß Barça mehr Stars macht als sonst ein Spitzenklub, erwähnt Rummenigge nie. Leo Messi, das Wunderkind, Xavi Hernández, der nie den Ball verliert, Carlos Puyol, der Kapitän und personifizierte Wille des Teams, dazu Torwart Victor Valdés, die Mittelfeldkombo Andrés Iniesta und Thiago Motta sowie Außenverteidiger Oleguer Presas: Von den vierzehn, fünfzehn Fußballern, die den Kern ihrer Ausnahmemannschaft bilden, holte Barça sieben aus dem ‚Steinbruch‘ (la Cantera, der Steinbruch, heißt im spanischen Fußball die Jugendabteilung). (…) In Barcelona teilen sich an vielen Trainingsabenden vier von Barças Jugendmannschaften einen Kunstrasenplatz. In Deutschland würden C-Jugendteams von Bezirksligisten aufschreien, so könnten sie nicht trainieren. Barça aber kann. Für viele der Trainingseinheiten braucht es nicht mehr Platz, denn das ist einer der Schwerpunkte von Barças Ausbildung: zu lernen, auf minimalem Platz zu spielen. Später bei den Profis wird es auch nicht anders sein.“

Offenkundige ungelöste Probleme

Frank Hellmann (FR) beschreibt das Bremer Innere: „Die Probleme sind offenkundig nicht gelöst. Der Kameruner Pierre Womé outet sich bislang als wortkarger Einzelgänger, die schleppende Integration der portugiesisch sprechenden Clique um die Brasilianer Diego, Naldo und den Portugiesen Hugo Almeida ist sogar vom besonnenen Baumann angeprangert worden, und den Nationalspielern Frings und Borowski hat die interne Kritik zugesetzt.“

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