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Bundesliga

Raubkapitalismus

Oliver Fritsch | Freitag, 27. April 2007 Kommentare deaktiviert für Raubkapitalismus

Den Bayern scheint wieder nichts anderes einzufallen, als die deutsche Konkurrenz zu schwächen / Wieviel Bonus hat Ottmar Hitzfeld?

Wildern die Bayern in Bremen und Hamburg? Matti Lieske (Berliner Zeitung) geht mit gutem Gedächtnis auf dieses Gerücht ein und rügt die Bayern-Führung: „Einen privaten Kooperationsvertrag mit dem Medienimperium des Leo Kirch hatten sie einst ebenso verschwiegen wie eine heimliche Zahlung von 20 Millionen Mark auf das Konto von Sebastian Deisler, als dieser noch bei Hertha BSC unter Vertrag stand. In diese Tradition hochgradiger Stillosigkeit passen nun auch die Meldungen über klandestine Treffen mit Miroslav Klose und dem Berater von Rafael van der Vaart. Sollten diese stattgefunden haben, verstoßen sie nicht nur gegen den guten Geschmack, sondern auch gegen Regeln der DFL und der Fifa. Diese sehen vor, daß solche Gespräche nur nach vorheriger schriftlicher Benachrichtigung des jeweiligen Klubs stattfinden dürfen. Für einen Verein, der gerade bei der Europäischen Union für Maßnahmen gegen den Raubkapitalismus im Fußball wirbt, ist ein solch unmoralisches Vorgehen doppelt peinlich.“

Andreas Burkert (SZ) ergänzt: „Es war ja bereits gemutmaßt worden, die angeschlagenen Bayern würden in ihrem Bestreben, ‚eine neue Mannschaft aufzubauen‘ (Rummenigge), zuverlässig auf traditionelle Verhaltensmuster zurückgreifen, oder anders gesagt: auf die Besten der anderen. Vorgestern Ismaël und Frings, gestern van Buyten, Podolski und nur wegen einer Laune nicht Lincoln, die Münchner verstehen die oberen Regale der Konkurrenz als bayerischen Feinkostmarkt.“

Elisabeth Schlammerl (FAZ) versucht, den Bonus Ottmar Hitzfelds in München zu bestimmen: „Hitzfeld ging bisher aus der Bayern-Krise relativ unbeschadet hervor, die Kritik richtet sich vor allem gegen Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß, die zu zaudernd agiert und Tendenzen nicht erkannt haben. Dem Trainer wird noch zugutegehalten, daß der Karren bei seinem Wiedereinstieg in München schon zu tief im Dreck steckte. Hitzfeld hat es zwar geschafft, den altersschwachen Bayern-Motor noch einmal zum Laufen zu bringen, aber mittendrin starb er wieder ab. Dieser kleine Bonus wäre allerdings schnell aufgebraucht, wenn er es nicht schafft, als Runderneuerer, als Reformer aufzutreten. Aber der Architekt einer Mannschaft zu sein, die modernen Fußball spielt, das trauen Hitzfeld nur wenige zu. Vielleicht ist dies beim FC Bayern nun seine größte Herausforderung.“

Eine Leserzuschrift

Hallo Herr Fritsch,

die abwertende Berichterstattung über den FC Bayern und den Uefa-Cup stößt mir übel auf. Nicht aus Mitleid mit den Bayern, sondern weil ich finde, dass der Uefa-Cup etwas mehr deutschen Respekt verdient hätte. Seit ihn Franz Beckenbauer als „Cup der Verlierer“ abgekanzelt hat, wissen die Journalisten genau, welches Etikett sie dem Wettbewerb anheften müssen. In den meisten Medien ist er nicht mehr als ein Spießrutenlauf über osteuropäische Fußballäcker mit einem Modus, den niemand versteht. Seit sich abzeichnet, daß die Bayern genau diesen Gang werden antreten müssen, werden diese Klischees nur umso lieber breitgetreten. Kristiansand klingt schon mal gut, dann noch was ulkiges Griechisches dazu, was niemand aussprechen kann und schließlich das unvermeidliche Dnjepropetrovsk. Ja, das klingt richtig schön fußball-provinziell, und der Leser weiß genau, wo Bayern angekommen ist: ganz unten, haha! Bei all diesem Spott wird gerne vergessen: Mit Ruhm hat sich in der vermeintlichen Provinz zuletzt kein deutscher Verein bekleckert.

Mit freundlichen Grüßen

Moritz Meyer (per E-Mail)

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