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Weiß der DFB, wie man Verhandlungen führt?

Oliver Fritsch | Samstag, 18. August 2007 Kommentare deaktiviert für Weiß der DFB, wie man Verhandlungen führt?

Nach dem Spruch des Schiedsgerichts in der Sponsoring-Frage: Irritationen in der Presse über die bevorstehende Einigung mit Adidas

Roland Zorn (FAZ): „Gewinner gab es in dieser Affäre keine. Adidas hat den Großangriff des amerikanischen Marktrivalen abgewehrt, zahlt demnächst aber dem Vernehmen nach zweieinhalbmal so viel wie bisher an den DFB; der Verband, vor allem Theo Zwanziger, konnte die Position, gegenüber Adidas im Recht und damit frei zu sein für das Nike-Angebot, auch nicht durchsetzen; Nike muss noch lange warten, ehe der DFB wieder ein möglicher neuer Partner werden könnte; und dem deutschen Fußball entgeht eine Menge Geld. So geht denn ein Wirtschaftskrimi und eine Beziehungsgeschichte auf den ersten Blick so zu Ende, wie der Plot angefangen hat. Herrscht also demnächst wieder die alte Harmonie zwischen DFB und Adidas? Die Scheidung ist zwar vermieden worden, doch ob das alte Vertrauen zueinander aufs Neue zurückkehrt, darf bis zum Beweis des Gegenteils bezweifelt werden.“

Matti Lieske (Berliner Zeitung) hält die Entscheidung für unübersichtlich: „Daumen hoch oder Daumen runter sollte es heißen, beide Seiten hatten versprochen, sich an den Spruch zu halten. Das Schiedsgericht entschied sich nach neunstündiger Beratung aber für Daumen quer. Da die Sache höchst kompliziert sei, sollten sich die Parteien, die sich bislang partout nicht einigen konnten, doch bitte einigen und einen Vergleich schließen. Und siehe da, auf einmal begannen laut Zwanziger ‚konstruktive Gespräche‘, ein Kompromiss schien plötzlich wie von Zauberhand gewirkt möglich zu sein. Das riecht nach einer deftigen Niederlage für den DFB, der angesichts der Entscheidungsunfähigkeit der Vermittler offenbar eiskalte Füße bekommen hat. (…) Der DFB hat im August 2006 vielleicht nicht strafbar gehandelt, aber sträflich fahrlässig und hyper-super-mega-naiv.“

Auch Thomas Kistner (SZ) wundert sich und spekuliert über Hinterzimmerpolitik beim DFB: „Alle Zeichen standen auf Trennung. Anfeindungen kursierten. Um so krasser ist nun die Kehrtwende des DFB im Vertragsstreit mit Adidas. Zumal diese Wende ja nicht durch eine neue juristische Sachlage erklärbar wird, nach welcher der Verband die Situation bisher einfach falsch eingeschätzt hätte. (…) Sind also Zwanziger – erst seit 2006 Alleinpräsident und einer der wenigen DFB-Granden ohne gewachsene Adidas-Beziehung – einige Leute von der Fahne gegangen? Er hat noch keine starke Hausmacht, die Struktur der alten Garde ist stark. Jetzt wirkt sie noch stärker. Eine Garde, die übrigens über Jahrzehnte von Adidas gut behandelt wurde. Da passt, dass Zwanziger und Schmidt Verlierer einer erzwungenen Einigung sein sollen; schon Adidas hatte die zwei ja im Prozess als Betreiber eines doppelten Spiels hingestellt. Es bleibt ein Geruch an diesem Deal. Und der Fußball? Der braucht auf lange Sicht nicht zu jammern, dass ihm für irgendwas Geld fehlt.“

An anderer Stelle heißt es bei Kistner: „Medienwirksame Schauveranstaltungen wären garantiert, wenn das komplette DFB-Präsidium inklusive Franz Beckenbauer, dazu von Adidas benannte Zeugen aus der Kickerbranche zwecks Eidesstattlicher Aussagen vorm Amtsrichter hätten antreten müssen. In DFB-Kreisen ein Horrorszenario, zumal nicht wirklich gesichert wäre, wie mancher alter Funktionär die damaligen Gespräche mit Adidas aus seiner subjektiver Sicht wahrgenommen hat. Gelänge es dem Konzern, hier die Front ins Wackeln zu bringen, blühte dem DFB schlimmstenfalls sogar ein Urteil, das festschreibt, was im Fall eines Vergleichs nur unausgesprochen im Raume steht: Dass der Verband nicht so recht weiß, wie man Verhandlungen führt.“

SZ: Nur wer mit Millionen Sieger und erfolgreiche Mannschaften unter Vertrag nehmen kann, hat die Nase vorn bei jungen, auf Idole fixierten Käufern

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