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Am Grünen Tisch

Geschwächte Autoritäten

Oliver Fritsch | Mittwoch, 22. August 2007 Kommentare deaktiviert für Geschwächte Autoritäten

Rassismus im Ruhrgebiet? Konspiration am Rhein? Klaus Hoeltzenbein (SZ) mahnt alle zur Ruhe: „Zwei Spieltage ist die Saison erst alt, aber schon herrscht Hochbetrieb beim Kontrollausschuss. Erst der Rassismusvorwurf, kurz darauf der pauschale Manipulationsvorwurf von Christoph Daum gegen die Schiedsrichter zum Nachteil seines 1. FC Köln. Auf den ersten Blick liegen beide Fälle weit auseinander, im Kern aber beleuchten sie das gleiche Problem: ein erbärmliches Krisenmanagement im Amüsierbetrieb. Verfolgt wird eine Politik der begrenzten Horizonte – erst kommt mein Verein, dann nicht mehr allzu viel. Kurzsichtigkeit, die bittere Folgen hat. Denn geschwächt werden die wenigen glaubwürdigen Autoritäten. Im Fall Weidenfeller hat Dortmunds Geschäftsführer Watzke den DFB-Präsidenten Zwanziger wegen eines allgemeinen Statements (‚Der DFB verurteilt rassistische Vorfälle jeder Art und wird sie konsequent bestrafen‘) als eine Art Vorverurteiler kritisiert. Ausgerechnet Zwanziger, dem Kampf gegen Rassismus eine Amtspflicht ist. Daum wiederum traf in seinem Zorn ausgerechnet Florian Meyer, einen der Besten seiner Zunft. Dringende Empfehlung an alle Kurzsichtigen: neue Brille kaufen, aber bitte ohne Vereinsemblem.“

Boris Herrmann (Berliner Zeitung) erneuert angesichts des Daumschen Wutausbruchs die Forderung nach technischer Hilfe für den Schiedsrichter: „Es handelte sich bei jenem Abseitspfiff, der ihn diesmal zum Schäumen brachte, um eine Fehlentscheidung, die zwar in der Superzeitlupe, keineswegs aber mit bloßem Auge zu erkennen war. Hier befinden wir uns nun im Schambereich des modernen Fußballs. Das Spiel wird multimedial durchleuchtet und seziert. Leuten wie Daum wird das Futter für ihre Tiraden mundgerecht auf dem Tablett serviert. Den Schiedsrichter aber hat der Fortschritt irgendwie vergessen. Er muss weiterhin brav seine Tatsachenentscheidungen treffen und sich dafür übel beschimpfen lassen. Langfristig hilft dagegen wohl nur die Einführung des Videobeweises, kurzfristig aber tut es eine harte Strafe für Daum.“

Erik Eggers (Stuttgarter Zeitung) merkt an: „In Wirklichkeit liegt der Verdacht auf der Hand, dass Daum lediglich einen Nebenkriegsschauplatz eröffnen will, um so von den Problemen seines Teams abzulenken.“ Bernd Müllender (Financial Times Deutschland) frotzelt: „Immerhin hatte Christoph Daum die Illuminaten und das Weltjudentum in seiner Brandrede unerwähnt gelassen, verzichtete offiziell auf eine Anhörung vor dem UN-Gerichtshof für Menschenrechte und auf neuerliche Weltraum-Analogien.“

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