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Champions League

Versetzung akut gefährdet

Oliver Fritsch | Freitag, 21. September 2007 Kommentare deaktiviert für Versetzung akut gefährdet

Die Enttäuschung bei den Journalisten über die teils anfängerhaften Niederlagen Schalkes, Bremens und Stuttgarts ist umso größer, da alle drei Teams nicht schlecht gespielt haben / Barcelonas Poesie

Klaus Hoeltzenbein (SZ) hält den deutschen Champions-League-Teilnehmern Grünschnabelhaftigkeit vor: „Drei Niederlagen zum Start – die Liga findet keine Haltung zu dieser an Effizienz orientierten Gruppenphase. So mussten die Schalker sich vorführen lassen, wie ein Klub wie der FC Valencia, Stammgast in diesem Wettbewerb, für ein Siegtor nicht eine einzige Chance braucht. Gelauert wird auf Fehler. Aufwand wird nicht belohnt, es zählt allein der Ertrag. Schmerzhaft wird es dann, wenn man wie der VfB Stuttgart in dem Gefühl nach Hause reist, begabtere Einzelspieler zu beschäftigen, dass nun aber schon die leidenschaftlichen Schotten aus Glasgow den Plan der Effizienz besitzen. Und die ewigen Bremer? Neues Team, gleiche Eloge: Kompliment, nur 1:2 verloren. In Madrid! Ganz nah dran, wie früher gegen Juve, Barcelona, Chelsea. Schade, gereicht hat es wieder nicht.“

Auch Roland Zorn (FAZ) verteilt missmutig bloß gute B-Noten an Schalke, Bremen und Stuttgart: „Chancen nicht genutzt, das eigene Spiel nicht durchgesetzt, naiv gescheitert: Die drei deutschen Klubs in der Champions League stehen nach dem ersten Gruppenspieltag vereint mit leeren Händen da. Statt europäischen Glanz haben sie letztlich Tristesse verbreitet. Dabei wirkten weder Werder Bremen noch der FC Schalke 04 oder der VfB Stuttgart spielerisch so schmalbrüstig, als wären sie der starken Konkurrenz nicht gewachsen. Vielmehr bestraften sich alle drei Mannschaften durch wenige schwache Momente, in denen der Wille, die Konzentration, die Entschlossenheit nachließen. Mit schlechten mentalen Haltungsnoten verspielten die drei Mannschaften leichtfertig ihr Kapital. Ein Guthaben oder Teilguthaben zu mehren oder mindestens über die Zeit zu bringen, das konnten die diesmal verhinderten Münchner Bayern auch in der Champions League oft genug meisterhaft. Die Klubs, die es diesmal richten sollen und dazu aufgerufen sind, weiteren Schaden von der in letzter Zeit sowieso schon mausgrauen deutschen Europapokalbilanz abzuwenden, müssen nun rasch aus ihren Versäumnissen lernen.“

Raphael Honigstein (SZ) warnt die Stuttgarter Schüler nach dem 1:2 in Glasgow im Halbjahreszeugnis vor dem Sitzenbleiben: „Im lauten Ibrox-Klassenzimmer vergaßen die Schwaben in der letzten halben Stunde, die relativ einfachen Examensfragen der Schotten zu beantworten. Die Versetzung ins Achtelfinale ist nach der ersten vermasselten Prüfung bereits akut gefährdet. Leichter als gegen die mit überschaubaren Mitteln werkelnde Rangers dürfte es in der tückischen Gruppe E mit dem FC Barcelona und Olympique Lyon nicht werden. Die Schwaben hätten ja das Zeug gehabt, die Rangers im eigenen Stadion zu beherrschen, doch Schlampigkeiten im Aufbauspiel – schon der vorletzte Ball wurde meist zu weit, zu steil, zu ungenau gespielt – und haarsträubende Fehler im Defensivverhalten hatten den Gastgebern letztlich ‚den Sieg geschenkt‘, wie Armin Veh klagte. Generös hatte der deutsche Meister sein technisches und taktisches Kapital verschwendet.“

Wollte Fernando Meira seinen Gegenspieler in zwei Stücke teilen?

Grandezza der radikalen Offensive

Barcelona bezwingt Lyon 3:0, und Ronald Rengs (SZ) Puls steigt: „Trotz aller Mängel – bei jeder anderen Elf wäre ein Spiel wie gegen Lyon als grandios gefeiert worden. Dekadenz wird Barça vorgeworfen, aber vielleicht sind doch eher Presse und Fans dekadent, die alltäglich das Einzigartige erwarten. Mit frischem Blick ließ sich viel Wunderbares erkennen, das aggressive Pressing funktionierte, Lyon kam zu null Torchancen, und Spielzüge wie beim 2:0 durch Messi sind Poesie in Bewegung: Iniesta vorbei an einem, Pass, Deco vorbei am nächsten, Doppelpass, Iniesta, ein Haken, Pass, Messi, Tor, und die Schönheit hatte sich ein Denkmal geschaffen. Es ist wahnsinnig schwer, jedes Spiel gegen Teams anzurennen, die nur reagieren wollen. Die nächsten Plagegeister, Stuttgart und Glasgow Rangers, warten schon. Barça verdient Respekt, dass es die Grandezza der radikalen Offensive sucht; den schwierigsten Weg. Auch wenn es dem Publikum damit nur ab und an solch stimmige Abende wie gegen Lyon schenken sollte und wahrscheinlich nicht mehr so schnell den Champions-League-Pokal.“

Tore in Gedichtform

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