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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ball und Buchstabe

Gibt es 1a- und 1b-Fans?

Oliver Fritsch | Montag, 26. November 2007 Kommentare deaktiviert für Gibt es 1a- und 1b-Fans?

Peter Penders (FAZ) hält Uli Hoeneß den Wert, auch den ökonomischen, vor, den die Fußballbasis schöpft: „Aber wo kommt das Geld her? Natürlich indirekt genau von den Fans, denen Hoeneß ihre Beteiligung abspricht. Würden sie sich nicht zu Millionen vor jeden Fernseher setzen, sobald irgendwo Fußball übertragen wird, dann würden die Sender im Kampf um die Übertragungsrechte nicht alles in Bewegung setzen und sich nicht gegenseitig überbieten. Dann gäbe es keinen Abo-Sender Premiere, dann gäbe es auch nicht so viel Bereitschaft der Sponsoren, ständig noch mehr Geld in den Fußball zu stopfen und es notfalls bei kleineren Sportarten einzusparen. Mit dieser Leidenschaft für den Fußball geht alles los, ohne diese Leidenschaft ist alles nichts. Die Gäste in den Business-Logen kommen und gehen je nach Erfolg und Einladung; für die anderen, für die ungeliebten Schmuddelkinder, ist ein Bundesliga-Spiel in der Regel mehr als ein Event, sondern ein Stück Lebensqualität, das viel mit Tradition zu tun hat. Die Vereinstreue der Fans ist ein Gut, das die Klubs gar nicht hoch genug schätzen können.“

Außerdem fühlt Penders Hoeneß den Puls: „Gibt es 1a- und 1b-Fans? Laut Hoeneß schon, denn nur weil die Vereine den Edel-Anhängern ordentlich Geld aus der Tasche ziehen, können die auf den billigen Plätzen überhaupt noch die Stars spielen sehen. Stimmt das? Natürlich nicht, es ist ungefähr genauso zutreffend wie eine andere Hoeneß-Aussage: Wenn beim FC Bayern etwas passiere, wäre das wie ein kleines Erdbeben und wichtiger, als träte in Moskau Herr Putin zurück. Die Vermutung liegt nahe, dass Hoeneß dies wirklich glaubt – was vieles erklären würde.“

Prahlhans ist Meister in der deutschen Fußballküche

Oskar Beck (Welt am Sonntag) spottet über die Selbstliebe und die Selbstbezogenheit Fußballdeutschlands: „Wir müssen nur unter uns selbst sein, und gleich sieht der deutsche Fußball wieder besser aus, als er ist. Eine Verunsicherung erschüttert spätestens seit der Nullnummer gegen Wales den Glauben jedes guten Deutschen an das Gute seines Fußballs, und nach der kurzen Zwischenerholung in der Bundesliga geht nun in den nächsten Tagen schon wieder das Zittern vor der internationalen Bloßstellung los. Schalke versucht sich in Valencia, Bremen gegen Real und die Stuttgarter stochern gegen Glasgow weiter nach ihrem ersten Punkt – neulich hat sich Sat.1 schon geweigert, das Spiel unseres so genannten Meisters in voller Länge zu übertragen, und anlässlich des abschließenden Champions-League-Spiels des VfB in Barcelona würde sich keiner wundern, wenn das Fernsehen sogar vorsorglich zurückkehrt zur Schwarzweißübertragung mit Bildstörung. Zumindest sind unsere Nachbarvölker oft nur halb so beeindruckt von unserem Fußball wie wir selbst. Dieser Tage hat ein Schweizer Sportmagazin den durch das ketzerische Buch ‚Beckenbauer, ein Bayer zwischen Wahn und Wirklichkeit’ bekannt gewordenen österreichischen Literaten Harald Irnberger interviewt, und der hat mit anderen Worten dasselbe gesagt wie sein berühmter Landsmann Karl Kraus: Die Deutschen sitzen an der Tafel einer Kultur, bei der Prahlhans Küchenmeister ist. Jedenfalls ist der Grantler Irnberger von der deutschen Überheblichkeit mindestens doppelt so überzeugt wie von der deutschen Spielweise im Fußball, und gnadenlos legt er uns sogar noch Otto Rehhagel zur Last: Wenn wir ihn richtig verstehen, hält er ihn für den Karl Moik des Kickens. So weit haben wir es also inzwischen gebracht: Von einem Österreicher müssen wir uns sagen lassen, dass wir nur halb so gut sind, wie wir tun.“

Kürspieler

Christof Kneer (SZ) merkt, dass im Fußball nach wie vor Einzelleistungen den Ausschlag geben: „Der Trend besagt, dass heute selbst kleinere Teams so sinnvoll verteidigen können, dass es schon ein paar Einzelkönner braucht, um Spiele zu entscheiden. Die Torschützen dieses 14. Spieltags heißen u.a. Ribéry, Klose, Diego, van der Vaart, Hajnal, Barbarez, Kuranyi und Hilbert – Spieler, die den Unterschied ausmachen. Der sog. Individualist hat sich sein Recht auf Anerkennung zurückerobert, dabei ist es noch nicht so lange her, dass er im Generalverdacht des sinnfreien Schönspiels stand. Man hat den Allrounder verherrlicht und den Konzeptfußball heilig gesprochen, und am Ende waren die Spielsysteme so perfekt, dass sie sich gegenseitig blockierten. Heute braucht es mehr denn je die individuelle Lösung, mehr denn je braucht es Kürspieler, die in der Lage sind, die Pflicht zu überwinden.“

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