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Champions League

Eine beliebige Elf geworden

Oliver Fritsch | Dienstag, 11. Dezember 2007 Kommentare deaktiviert für Eine beliebige Elf geworden

Wie immer vortrefflich und kundig analysiert! Ronald Reng (Financial Times Deutschland) bedauert, dass Rosenborg Trondheim sein taktisches Alleinstellungsmerkmal in den letzten fünf Jahren eingebüßt hat: „Ihr diesjähriger Erfolg ist nur noch ein zufälliges Beispiel, wie ein kleiner Klub ab und an das kurze Wanken von Etablierten wie Valencia ausnutzen kann. Noch immer ist Rosenborgs Elf passabel organisiert, noch immer haben sie im slowakischen Spielmacher Marek Sapara eine interessante Figur, wieder eifern sie dem sauberen Passspiel nach. Aber das lässt sich von Dutzenden gewöhnlicher Teams auch sagen. Das Besondere – die avantgardistische Systematik im Spiel einer Elf, die bis 2003 nur aus Skandinaviern bestand – haben sie verloren. (…) Die Offensive wurde damals fast überall der Eingebung der Spieler überlassen. Trainer Nils Arne Eggen gehörte zur Avantgarde, die Angriffszüge vorbestimmte. In dem Moment, in dem der defensive Mittelfeldspieler den Ball nach vorne passte, setzte sich eine Kette in Bewegung, und jeder der fünf Offensivspieler wusste, wie er zu laufen hatte, wann er den Ball erhalten würde, was er damit zu tun hatte. Sie hatten einige Varianten. Nichts war zufällig. Mit Eggens Abschied ging Rosenborgs Identität verloren. Es ist eine beliebige Elf mit Profis aus zehn Nationen geworden. Fünfter wurde Rosenborg dieses Jahr nur in Norwegen; es sagt mehr über den Zustand der Elf als der Rausch der Champions League.“

Versagensangst in der Seele

Wird Schalke ins Achtelfinale einziehen? Philipp Selldorf (SZ) hält den optimistischen Experten entgegen: „Wenn sie sich da mal nicht täuschen in der rätselhaften Schalker Fußballseele. Diese Mannschaft ist besonders begabt darin, ihre eigenen großen Hoffnungen zu enttäuschen (von denen ihrer Anhänger nicht zu reden), ihr wohnt eine im Klub offenbar erbliche Krankheit inne, die Versagensangst erzeugt. Und eine bessere Gelegenheit zur Versagensangst gibt es gar nicht als das Heimspiel gegen die Norweger, das wie ein Elfmeter ins Achtelfinale vor den Schalkern liegt: Seit fünf Wochen müssen sich die Trondheimer im Leerlauf warmhalten, weil die nach Kalenderjahr gespielte nationale Meisterschaft im November zu Ende gegangen ist. Das einzige Wettbewerbsspiel verloren sie zuhause 0:4 gegen den FC Chelsea. Ein mieses Jahr hat der einzige Spitzenklub des Landes obendrein hinter sich, nur die beiden Gruppensiege gegen Valencia stechen daraus positiv hervor. Aber was heißt das schon für diese Schalker Mannschaft, die im Frühjahr die historische Chance auf die Meisterschaft nicht verspielte, sondern panisch fortwarf?“

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Klub ohne Italiener

Peter Hartmann (Neue Zürcher Zeitung) befasst sich mit den Stärken Inter Mailands und dessen mangelnder Anziehungskraft: „Schon zwölf verschiedene Spieler haben getroffen – alles Ausländer. Diese Austauschbarkeit der Akteure und das Fehlen der Italianità haben bisher verhindert, dass der Funke von der Mannschaft überspringt auf das Land. Inter wird wahrgenommen wie eine internationale Zirkusgruppe, die in San Siro das Stadion nur selten füllt. Milan und Juventus (auch nach dem großen Skandal) hingegen werden leidenschaftlich geliebt oder gehasst. Doch der Respekt vor Inter wächst. (…) Hinter der umstrittenen Glamour-Fassade verbirgt sich eine erstaunliche italienische Realität. Inter, der ‚Klub ohne Italiener’, unterhält mit fünf Millionen Euro jährlich die erfolgreichste Nachwuchsabteilung und dominiert an allen Fronten. Außer der Ersten Mannschaft führen acht weitere Inter-Teams ihre Meisterschaft an. Achtzig Trainer und Talentspäher kümmern sich um die Zukunft des Klubs.“

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