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Glauben an die eigene Unantastbarkeit

Oliver Fritsch | Donnerstag, 28. Februar 2008 Kommentare deaktiviert für Glauben an die eigene Unantastbarkeit

Vorsichtige und uneindeutige Kommentare zum Vorgehen des Bundeskartellamts und zu den Reaktionen des DFB / Karl-Heinz Rummenigges Alleingang

Einerseits, andererseits – Wolfgang Hettfleisch (FR) kann die Sorgen des DFB verstehen, hält dessen Unmut jedoch für unangemessen: „Nun mal runter mit dem Puls. DFB und DFL mögen die Hüter des Fußballs sein, über dem Gesetz stehen sie nicht. Die DFB-Bosse sollten also nicht so tun, als hätte das Kartellamt mit den Razzien Majestätsbeleidigung begangen. Aus Sicht des Kartellamts liegt der Verdacht wettbewerbsbeschränkender Absprachen nahe, wenn der Jurist an der DFB-Spitze eine Plauderrunde für Marketingexperten beider Häuser einrichtet und naiv erklärt, man wolle sich bei der Sponsorenakquise nicht ins Gehege kommen. Soll man aber, kartellrechtlich gesehen. Die Dünnhäutigkeit beim DFB wiederum ist erklärlich, weil man dort ungeachtet des eher harmlosen Sachverhalts fürchten muss, gleich neben der Liechtenstein-Fraktion am Pranger ausgestellt zu werden.“

Thomas Kistner (SZ) geht strenger mit dem Verband ins Gericht: „Was besagt die Entrüstung der Funktionäre? Von Dienstaufsichtsbeschwerden sieht sich ein Organ wie das Kartellamt ständig bedroht, das liegt in der Natur der Aufgabe, sich mit der großkalibrigen Wirtschaftsklientel anzulegen. Diese protzt und droht dann gern mit ihren Einflussmöglichkeiten; in der Tat hat sie viel Geld für teure Advokaten, und diskrete Netzwerke in die Politik. Beides besitzt auch der Fußball, weshalb sein forsches Vorgehen den Verdacht nährt, dass er das erkennbare Defizit an substantiellen Argumenten durch ein umso kräftigeres Muskelspiel auszugleichen versucht. Das wird noch spannend. Entweder ist der Schlachtenlärm nur der peinlichen Situation geschuldet, aus der sich die jäh durchleuchteten Funktionäre nun irgendwie befreien wollen. Oder der Fußball geht wirklich auf Kollisionskurs mit den Wettbewerbshütern, im Glauben an die eigene Unantastbarkeit.“

Die Berliner Zeitung wertet die Äußerungen des DFB als selbstgefällig. Die FAZ sammelt verständnisvoll Reaktionen der fassungslosen DFB-Offiziellen; beim Bundeskartellamt hält man sich bedeckt.

Alleingang

Daniel Theweleit (taz) beäugt das Vorsprechen des Münchner Vorstandsvorsitzenden beim Bundeskartellamt: „Wenn die Bayern ihre Spiele selber vermarkten dürften, ließe sich dieser Betrag steigern. Doch will Rummenigge wirklich das ganze System zum Einsturz bringen? Das Ende der Zentralvermarktung hätte zur Folge, dass der gerade unter lautem Brimborium geschlossene Fernsehvertrag mit Leo Kirchs Sirius hinfällig wäre. Das wäre eine Blamage für die gesamte DFL und damit auch für Rummenigge, der eifrig mitgearbeitet hat an dem komplizierten Konstrukt, das allen Klubs mehr Geld garantieren soll. Oder ist Rummenigges Alleingang ein Vorgeplänkel zur Neuordnung des Verteilungsschlüssels für die Fernsehgelder? Dass die Bayern recht skrupellos sein können, wenn es um das Machtinstrument Zentralvermarktung geht, haben sie ja schon einmal demonstriert: Unterstützt von Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen hatten die Münchner 1999 versucht, die Zentralvermarktung zu kippen. Plötzlich plädierte der Rekordmeister dann aber doch für das bewährte Umverteilungskonzept. Vier Jahre später kam heraus, dass sie sich diesen Meinungswechsel mit 40 Millionen Mark vom damaligen Rechteinhaber Leo Kirch versüßen ließen.“

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