indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Bundesliga

Der FC Bayern lässt sich von seinen Beinen tragen

Oliver Fritsch | Dienstag, 29. April 2008 Kommentare deaktiviert für Der FC Bayern lässt sich von seinen Beinen tragen

Elogen auf Franck Ribéry nach seinen zwei Toren beim 4:1 gegen Meister Stuttgart / Miroslav Klose und Lukas Podolski im Schatten / Thomas Doll, bloß Motivator (NZZ)

Christof Kneer (SZ) beschreibt beeindruckt den Einfluss eines kleinen Franzosen auf Wesen und Stimmung der Bundesliga und seines Vereins: „Noch ist die Saison nicht zu Ende, und schon jetzt lässt sich feststellen, dass Franck Ribéry die Liga verändert hat. Die Liga verbeugt sich so sehr vor diesem Spieler, dass sie den Bayern die Meisterschaft gar nicht mehr richtig übel nehmen kann. Und auch die Bayern selbst hat sich Ribéry längst untertan gemacht – nicht nur, weil sie nach seinen Toren immer den Klassiker ‚Aux Champs Elysées’ einspielen, was bei dem vom Lande stammenden Ribéry ungefähr so passend ist, als würden sie bei Chelsea nach Ballack-Toren ‚An der Nordseeküste’ einspielen. (…) Manchmal kann Taktik ganz einfach sein. Der FC Bayern lässt sich von Ribérys Beinen tragen, was nichts anderes bedeutet, als dass dieser für seinen Vernunftfußball berühmte Klub sein Geschick in die Beine eines Künstlers legt, der selbst nicht weiß, welchen Laufweg er als nächstes einschlagen wird. Ottmar Hitzfeld hat seine Elf streng um Ribéry und Luca Toni herum komponiert, er lässt einen flügelzentrierten Fußball spielen, der die Stärken der beiden Asse betont – eine Taktik mit Risiken und Nebenwirkungen. So war gegen Stuttgart deutlich zu sehen, dass die Ribéry-Taktik nur mit Ribéry funktioniert. Mit Sagnol, Schweinsteiger, Lell und van Buyten standen zu viele limitierende Faktoren auf dem Feld, was den VfB leichtfüßiger wirken ließ – bis Ribéry ins Spiel kam.“

Roland Zorn (FAZ) macht wie alle, auch die Verlierer, große Augen: „Die Zuschauer staunten Bauklötze, wie der Franzose beim 3:1 mit rechts per saftigen Diagonalschuss unter die Latte für den Knalleffekt sorgte sowie gleich danach beim 4:1 die Stuttgarter Abwehrgrößen Osorio und Delpierre wie Kegel aufeinanderpurzeln ließ und so mit zwei Körpertäuschungen freie Bahn zum Linksschuss hatte. Am Ende schienen selbst die Schwaben ein wenig fasziniert.“

Froanck Dribblery

Anspruch nicht erfüllt

Elisabeth Schlammerl (FAS) macht sich Sorgen um das Schattendasein zweier deutscher Nationalstürmer Münchens: „Miroslav Klose hatte sich das vermutlich ein bisschen anders vorgestellt, als er vor einem Jahr seinen vorzeitigen Wechsel von Bremen nach München vehement betrieben und dabei wenig Rücksicht auf Werder in der entscheidenden Saisonphase genommen hatte. Nun musste Klose erst wieder lernen, was es bedeutet, die Nummer zwei zu sein im Sturm. Die war er schon seit vielen Jahren nicht mehr. Vielleicht belastet ihn die italienische Dominanz, die schillernde Persönlichkeit Tonis in München, zumindest wirkt Klose seit ein paar Monaten beim FC Bayern ohne großes Selbstbewusstsein, seine Körperhaltung lässt vermuten, dass ihn etwas bedrückt. Er hat sich zwar reibungslos integriert, viel besser als Podolski und andere deutsche Spieler in den vergangenen Jahren; aber vielleicht liegt es auch an der fehlenden Portion Egoismus, dass er in dem Münchner Star-Ensemble keine tragende Rolle spielt. Der eher spröde, zurückhaltende Klose taugt womöglich bei einem Verein wie Bayern auch gar nicht zu einem Leader. Ebenso wenig wie Podolski, aber der hatte wohl auch nicht den Anspruch, diese Rolle sofort beim FC Bayern zu übernehmen.“

Wolfgang Hettfleisch (FR) findet, dass nicht mal wichtige Nebenrollen bei den Bayern von Deutschen besetzt seien: „Es ist auffällig, dass insbesondere die Sommermärchenfraktion der Münchner den eigenen Anspruch auf internationale Klasse in der sich dem Ende zuneigenden Saison kaum erfüllen konnte. Womöglich hat der WM-Rausch von 2006 in einigen Köpfen Schlimmeres angerichtet. Eigen- und Fremdwahrnehmung der deutschen Nationalspieler beim FC Bayern klaffen seitdem ganz gern auseinander. Nicht sie, sondern Spieler wie Mark van Bommel und Martin Demichelis hielten den Laden zusammen und verkörpern jenen unerschütterlichen Behauptungswillen, der die Münchner – neben den Künsten großer Solisten wie nun Ribéry und Luca Toni – von jeher zu Höherem befähigt hat.“

BLZ: Willy Sagnol attackiert Ottmar Hitzfeld und lässt ein merkwürdiges Berufsverständnis erkennen

Teure Nebelkerze

Stefan Osterhaus (Neue Zürcher Zeitung) hält den Thomas Doll für eindimensional: „In Dortmund offenbart sich abermals, wie sehr der Trainer Doll vom Geschick als Motivator lebt. Das kann eine ganze Weile lang gut gehen. Aber es verschleißt sich irgendwann. Im HSV war der Punkt nach anderthalb imposanten Jahren gekommen. In Dortmund holen den Trainer die eigenen Limiten noch schneller ein. Der polternde Ärger dürfte allerdings noch andere Ursachen haben als eine polemisch aufgelegte Asphaltpresse. In einer schwer durchschaubaren Aktion war im Winter sein Vertrag um zwei Jahre verlängert worden. Zwar wurde nun ruchbar, dass Doll im Falle eines Rauswurfs nur einige hunderttausend Euro Abfindung erhalten soll. Der einzige Sinn dieses Manövers dürfte darin bestanden haben, ein Signal an die Mannschaft zu senden, dass es mit Doll weitergeht. Jetzt, wo sich sein Weggang abzeichnet, entpuppt sich dies als teure Nebelkerze. So ist Thomas Doll womöglich nicht einmal ein Missverstandener, sondern das Opfer eines kapitalen Missverständnisses auf Dortmunder Seite: Sie haben einfach die Fähigkeiten des Trainers verkannt.“

Kommentare

Comments are closed.

  • Quellen

  • Blogroll

  • Kategorien

  • Ballschrank

121 queries. 0,526 seconds.