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Bundesliga

Nicht gut genug für die Bundesliga

Oliver Fritsch | Dienstag, 20. Mai 2008 Kommentare deaktiviert für Nicht gut genug für die Bundesliga

Thomas Doll und Borussia Dortmund trennen sich – zu recht, sogar zu spät, wie die Presse einhellig findet / Auf die Frage, wer die Entscheidung getroffen hat, wird gar nicht erst eingegangen

Arnd Festerling (FR) stellt Doll ein schlechtes Zeugnis aus: „Es gibt Nachrichten, an denen überrascht nur noch der Zeitpunkt – und auch der nur ein klitzekleines bisschen. Dortmund hat Doll rausgeworfen. Dass es so kommen würde, so kommen musste, war seit Wochen klar. Und? Müssen wir nun Mitleid haben? Nein! Hier hat sich ein Verein von einem Trainer getrennt, der einfach nicht gut genug ist – für Dortmund so wenig, wie vor 16 Monaten für den HSV. Doll hat den HSV einmal hoch in der Tabelle und genauso fix wieder nach unten trainiert, ehe er entlassen wurde. Gleiches – in weichgespülter Variante – gelang ihm in Dortmund.“

Auch Freddie Röckenhaus (SZ) kann wenig Befriedigendes erkennen und verpasst Doll sogar schlechte Kopfnoten: „Schon die Vertragsverlängerung war angesichts der haarsträubenden Leistungen von den meisten Anhängern mit Kopfschütteln quittiert worden. Später wurde lanciert, Doll erhalte nur 450.000 Euro Abfindung. Möglicherweise, um den Unsinn der symbolischen Verlängerung im Nachhinein noch als Verhandlungsgeschick wirken zu lassen. Vor der Saison hatte man den BVB-Kader blauäugig in der Nähe der Champions-League-Plätze vermutet. Am Ende konnte man froh sein, dass die wankelmütige Mannschaft durch das Erreichen des Pokalfinals äußerst glücklich einen Platz im Uefa-Pokal-Wettbewerb ergatterte. Am Gesamtbild von Dolls Performance aber änderte dieser Überraschungserfolg nichts. Wirtschaftsratsmitglied Werner Müller, Vorstandschef des BVB-Sponsors Evonik, hat die Erkenntnis auf den Punkt gebracht: ‚Wenn man Gäste mit ins Stadion bringt, schämt man sich manchmal fast, was da für ein Fußball geboten wird.’ Auch in der Mannschaft hatte Doll seinen Kredit mehr und mehr verspielt. Mit der nervenden Wiederholung von immer gleichen Textbausteinen, mit Disco-Auftritten und anderen Eskapaden, mit personellem Schlingerkurs und rund zwanzig wechselnden Defensivaufstellungen war Doll teamintern längst unten durch. Unverständlich, warum die Klubführung dieser Selbstauflösung so lange zugesehen hatte.“

Felix Meininghaus (Financial Times Deutschland) fügt an: „Der Eindruck, dass Doll in Dortmund keinen Kredit mehr hatte, verstärkte sich mit der Meldung, der Wirtschaftsrat um Präsident Gerd Niebaum, Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer und den Bossen der beiden wichtigsten Geldgeber habe gegen Doll votiert. Im hierarchischen Gefüge dieses Klubs bedeutete das zwar nur eine Empfehlung, doch einem klaren Hinweis der Schwergewichte können sich auch die beiden Geschäftsführer nicht so einfach entziehen.“

Unseriöser Lebenswandel

Richard Leipold (FAZ) informiert uns über die Stimmung hinter den Kulissen: „Obwohl die sportliche Entwicklung nicht erst seit dem Saisonende von allen Beteiligten als unbefriedigend eingestuft wurde, hatte Hans-Joachim Watzke erwogen, weiter mit Doll zusammenzuarbeiten. Als in der Öffentlichkeit längst über die Ablösung des Trainers spekuliert wurde, hatte der Geschäftsführer immer wieder darauf hingewiesen, wie gut er sich mit dem Fußball-Lehrer verstehe. Doch dieses menschliche Fundament reicht offenbar nicht aus, um darauf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit zu gründen. Zuletzt stand Doll nicht nur bei den meisten Medien in der Kritik, sondern auch bei einflussreichen Sponsoren und beim Vereinspräsidenten Reinhard Rauball. Zwei Tage vor dem letzten Saisonspiel soll der Wirtschaftsrat des BVB dafür votiert haben, die Trennung vom Trainer herbeizuführen. Doll steht in dem Ruf, abseits des Fußballplatzes einen Lebenswandel zu haben, der konservativen Führungskräften als unseriös und wenig imagefördernd erscheint.“

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