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Bundesliga

Populistisch

Oliver Fritsch | Donnerstag, 22. Mai 2008 Kommentare deaktiviert für Populistisch

Unverständnis über die Entlassung Michael Skibbes in Leverkusen / Martin Jols gelungene Vorstellung in Hamburg

Andreas Lesch (Berliner Zeitung) kritisiert Wolfgang Holzhäuser, Rudi Völler und Co.: „Wer allein Leverkusens Saisonergebnis als Maßstab nimmt, der kann Skibbes Entlassung konsequent finden. Wer jedoch auf den Verlauf der Saison zurückblickt, dem muss die Trennung merkwürdig vorkommen. Vor Monaten noch ist Skibbe gerühmt worden – für den offensiven, attraktiven Stil seiner Mannschaft, für ihre Jugend und ihr Potenzial, für all die Begabungen, die er gefördert hat: René Adler und Simon Rolfes, Gonzalo Castro und Stefan Kießling, Tranquillo Barnetta und Arturo Vidal. Eine Klubführung, die langfristig denkt, wertet solch positive strukturelle Entwicklungen höher als einen kurzen Negativtrend, der eine Saison vermiest. Die Bosse in Leverkusen aber finden die Perspektiven für die Zukunft offenbar zweitrangig. Sie scheinen eher daran interessiert zu sein, in der Gegenwart gut dazustehen, und lassen sich von den Stimmungen der Stunde leiten. Das wirkt populistisch und wenig durchdacht.“

Daniel Theweleit (taz) ergänzt: „Skibbes größtes Problem war sein Mangel an Popularität. Von den Fans schlug ihm eine gewaltige Abneigung entgegen, gegen Werder Bremen forderten große Teile des Anhangs schon beim Stand von 0:0 – einem Ergebnis, mit dem Bayer international hätte spielen dürfen – die Entlassung des Trainers. Später musste er auf seinem Weg zur Pressekonferenz vom Sicherheitsdienst beschützt werden. (…) Der Mutterkonzern Bayer hat Großes vor: Sein Sportsponsoring fokussiert er künftig fast ausschließlich auf den Fußball, das Stadion wird erweitert und modernisiert, und die Mannschaft ist reichlich bestückt mit Spielern, die zu international begehrten Stars werden könnten. Da ist für den sensiblen Herrn Skibbe kein Platz.“

Kommunikator

Axel Kintzinger (Financial Times Deutschland) gewährt Hamburgs neuem Trainer einen Sympathievorschuss: „Martin Jol hat bei Tottenham Hotspur gezeigt, wie viel er aus einer Mannschaft mit nicht eben exzellenten Spielern herausholen kann. Fast vier Jahre trainierte er den Londoner Klub, führte ihn im ersten Jahr aus der Abstiegszone auf Rang 9 und dann zweimal hintereinander auf den 5. Platz. Mehr geht in England für einen Mittelklasseklub kaum – sind doch die ersten vier Plätze für Manchester United, Chelsea, Arsenal und Liverpool reserviert. Als die Spurs im vergangenen Herbst aber auf Platz 18 rutschten, machten die Klubbosse kurzen Prozess mit Jol. Schon nach der gestrigen Präsentation ist klar, dass der HSV mit Jol einen guten Kommunikator gefunden hat. Die Außendarstellung des Klubs hatte zuletzt ganz schön gelitten unter dem herrischen, besserwisserischen und schnell beleidigten Auftreten von Huub Stevens. Jol jedenfalls scheint zu wissen, wann Showtime ist.“

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