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Bundesliga

Besser kann man den Job kaum besetzen

Oliver Fritsch | Samstag, 24. Mai 2008 Kommentare deaktiviert für Besser kann man den Job kaum besetzen

Jürgen Klopp neuer Trainer von Borussia Dortmund – etwas Vorschusslorbeer und eine Nuance Skepsis von der Presse

Andreas Lesch (Berliner Zeitung) weist Jürgen Klopp darauf hin, dass seine neue Aufgabe anders sein werde als seine alte: „Von Mainz nach Dortmund sind es 250 Kilometer, zwischen den Fußballvereinen beider Städte aber liegen Welten. Jürgen Klopp zeigt Mut, wenn er seinen Arbeitsplatz von hier nach dort verlegt, von seinem kleinen Kuschelklub zu einem Verein, der manchmal Anfälle von Größenwahn hat. Dieser Wechsel zieht seine Reize aus den Chancen, die er bietet: Klopp kann in Dortmund beweisen, dass er mehr ist als der gut gelaunte Halbzeitpausentaktikerklärer, den jede Oma aus dem Fernsehen kennt. Er kann sich von dem Bild emanzipieren, das die Öffentlichkeit von ihm hat. Er kann zeigen, dass er nicht nur in einem bestimmten Milieu funktioniert.“

Christoph Ruf (Spiegel Online) hingegen erkennt erleichternde Umstände für Klopps Einstieg: „Der BVB dürfte ein dankbares Betätigungsfeld für den ehrgeizigen Schwaben sein, schließlich ist die schwarz-gelbe Fan-Gemeinde durch jahrelange sportliche wie ökonomische Misswirtschaft so anspruchslos geworden, dass schon ein paar engagierte Heimauftritte genügen dürften, um die stehende Gefolgschaft in der Südtribüne wieder mit dem Team zu versöhnen. Klopp passt zudem als Typus ins proletarische Dortmunder Milieu.“

Richard Leipold (FAZ) befasst sich mit der Bedeutung der Personalie für den Verein: „Klopps Kommen markiert einen der vielen Anfänge, die Borussia Dortmund in den vergangenen Jahren unternommen hat, einen der vielen Versuche, zu alter Stärke und Geltung zu gelangen. Klopp ist eine Chance für alle Beteiligten, aber auch eine Probe aufs Exempel: für den Klub, für den Trainer und für BVB-Geschäftsführer Watzke nebst seinem Adjutanten Michael Zorc. Klopp bietet sich die Chance und zugleich das Risiko, dass sichtbar wird, was dieser Unterhaltungskünstler außerhalb seiner karnevalistischen Komfortzone zu leisten imstande ist – unter Bedingungen, die um ein Vielfaches härter sind als in Mainz. (…) In konservativ denkenden Vereinskreisen ist der Wunsch nach einem Trainer geäußert worden, der wieder ein wenig weltmännisches Flair verströmt. Dennoch hat Watzke seinen Kandidaten aus der rheinhessischen Provinz durchgesetzt. Insofern ist die Verpflichtung des charmanten Herrn Klopp auch ein Politikum, das mehr als andere Personalien dieser Art in den Klub hineinwirkt.“

Champions-League-reife Pointen

Freddie Röckenhaus (SZ) zeigt auf Klopps gute Arbeit und leitet daraus Milieuunabhängigkeit ab: „Neben all dem Hokuspokus hat Klopp mit seinem findigen Assistenztrainer Zeljko Buvac bei Mainz 05 auch sehr irdische, erstaunliche Arbeit geliefert. Wer sich sieben Jahre durch die Auf- und Abstiegskämpfe gewühlt hat, personell meist nicht ganz konkurrenzfähig und mit ständig wechselnden Spielerkadern, aus denen die Besten immer gleich wieder verkauft wurden, der hat ein sehr reales Stahlbad hinter sich. Wenn man je das Gefühl haben konnte, dass die Mentalität eines Trainers zur fußballverrückten Ruhrpott-Metropole Dortmund passt, dann bei Klopp. Dortmunds Vorstandsboss Watzke, bisher in Trainerfragen ganz und gar glücklos, darf sich das als Erfolg anrechnen. Selbst wenn er in Zukunft damit wird leben müssen, dass ihm Klopp jegliche Schau stehlen wird. Er mag kein Zauberer sein, aber eine Rampensau ist Klopp allemal. Positiver kann man den Trainerjob bei Borussia Dortmund nach aktueller Kenntnis kaum besetzen.“

Und lässt sich von Klopps Art anstecken: „Wenn er so trainiert, wie er Pointen setzt, dürfte Dortmund bald reif für die Champions League sein. Beobachter der frustigen Doll-Ära brachten das Schaulaufen des neuen Trainers auf die Formel, Klopp habe mehr originelle Sätze in diesen 45 Minuten produziert als sein Vorgänger in seiner 14-monatigen Amtszeit. Und wie Klopp sich nonchalant in seine Rhetorik des Zauberlehrlings steigerte, merkte man, wie er binnen weniger Minuten selbst die eher trockenen Dortmunder Watzke und Zorc sichtlich ansteckte mit seiner unprätentiös unbeeindruckten Art. Spätestens da dürfte der Fernseh-Co-Kommentator mit ihm durchgegangen sein, der Menschen für sich und den weitgehend sinnfreien Zeitvertreib Fußball in Nullkommanichts einnehmen kann.“

FR: Klopp, der Gutwettermacher
FAZ: Klopps erster Auftritt in Dortmund erheitert

SZ: Lehmann zu Stuttgart? Es gibt Andeutungen

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