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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ball und Buchstabe

Ich werde überall gebraucht

Oliver Fritsch | Mittwoch, 20. August 2008 Kommentare deaktiviert für Ich werde überall gebraucht

Johannes Kerner reist um die halbe Welt, um für uns das deutsche Länderspiel zu moderieren / Franco Sensi, Roms Präsident und ein Koloss, ist gestorben / Schlechte Manieren im Olympia-Pressezentrum

Dem Medien-Teil der FAZ entnehmen wir aufschlussreiches zur Frage, was mit unseren Gebührengeldern geschieht: Johannes Kerner wird heute extra für die TV-Übertragung des Länderspiels Deutschland gegen Belgien (in Nürnberg) aus Peking, wo er jeden zweiten Tag mit Katrin Müller-Hohenstein das Olympia-Studio moderiert, eingeflogen – und anschließend wieder zurück. In dem Text geht es um das Gerücht, dass die ARD für Sportler-Interviews zahle. Auslöser für diese Spekulation, die ein hochrangiger Redakteur des Bayerischen Rundfunks verärgert in die Welt gesetzt hat, war die Weigerung der Olympiasiegerin Britta Steffen, bei „Waldi und Harry“ aufzutreten, von der FAZ sinnigerweise als „Blödelsendung“ bezeichnet.

Michael Hanfeld erinnert die ARD an ihre schlechten Erfahrungen mit der Scheckbuchstrategie: „Geld für Interviews zu zahlen, das sollte bei der ARD spätestens seit den anrüchigen Verträgen aus der Mode gekommen sein, die zu Beginn des Jahrtausends mit Jan Ullrich geschlossen worden waren. 195.000 Euro Gebührengelder hatte der Senderverbund pro Jahr lockergemacht, um den Pedaleur exklusiv vors Mikro zu bekommen, dabei war die ARD ohnehin Partner des Teams Telekom bei der Tour de France.“

Oskar Beck (Stuttgarter Zeitung) nimmts mit Humor: „Das sind die Momente, in denen sich jeder Kerner-Fan unter den Fußballverrückten freut und der nörgelnde Gebührenzahler sich fragt, ob er seinen Ohren noch trauen darf. Doch reden wir nicht kleinlich über Peanuts, sondern über das wirklich Wichtige, also Kerners Wichtigkeit. Dazu fällt uns spontan die kleine Anekdote vom großen Bühnenstar ein, der durch die Hintertür beifallumrauscht aus dem Schauspielhaus schwebt, ins Taxi steigt und befiehlt: ‚Los!’ ‚Wohin?’ fragt der Chauffeur. ‚Egal’, treibt ihn der Star zur Eile, ‚ich werde überall gebraucht.’“

Der Blogger und Medienjournalist Stefan Niggemeier hat jüngst in Kerners Interview mit dem vierfachen Olympiasieger von 1996 und 2000 Michael Johnson eine Konstante im Wirken Kerners erkannt, nämlich dem seichten Als-ob-fragen. So sehr ich Niggemeier prinzipiell zustimme – in diesem Fall kann ich Kerner nicht viel vorwerfen. Er hat nicht lockergelassen, obwohl sich das (dämliche) Publikum auf Johnsons Seite schlug. Hier eine SZ-Kritik zu dem Thema.

Koloss

Peter Hartmann (Neue Zürcher Zeitung) erweist dem verstorbenen Präsidenten des AS Rom die letzte Ehre: „Franco Sensi war ein Koloss im römischen, aber auch im italienischen Fußball. Er entstammt einer Dynastie römischer Milch- und Käseproduzenten, die bis ins Jahr 1605 nachgewiesen ist.“ Größtes Verdienst Sensis, neben der Meisterschaft 2001, sei es, „Luciano Moggi aus Rom verjagt und schon damals als unredlichen Geschäftemacher kritisiert“ zu haben.

Dem Text entnehmen wir auch, dass Sensis Tochter Rosella, die Roms Geschäfte inzwischen führt, ihren Angestellten zehn Gebote dargebracht hat; eins darunter lautet: „Du sollst beim Training möglichst nicht telefonieren.“

Aus der Endlosreihe „Männer ohne Prinzipien – im sportmedienblog sind einige widersprüchliche Aussagen Uli Hoeneß’ und Karl-Heinz Rummenigges zum Thema TV-Vermarktung gelistet, die sie in den letzten drei Jahren zum besten gegeben haben.

Rotzer, Rülpser, Fürze

Jens Weinreich hält sich Nase und Ohren zu: „Sportjournalisten sind nicht nur gern Fans, gerade wird in einer Ecke wieder mächtig geklatscht und gejubelt, auch ihre Tischmanieren lassen zu wünschen übrig. Ich weiß, andere Kulturen, Sitten und Bräuche, ich muss das verstehen. Ja wirklich? Was hier im MPC ganz offen gerotzt, gerülpst und gefurzt wird, ist doch äußerst gewöhnungsbedürftig. Aber wenn halt die Kulturen so sind. Kann aber auch sein, dass ich nach drei Wochen ein bisschen überempfindlich geworden bin.“

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