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Bundesliga

Hoffenheim-Besieger

Oliver Fritsch | Dienstag, 11. November 2008 Kommentare deaktiviert für Hoffenheim-Besieger

Hertha ist stolz, den Tabellenführer vom Dorf besiegt zu haben / Bayern siegt, doch von Klinsmanns Reform sonst nichts zu sehen / Rüpel Lehmann

Den gestiegenen Status der TSG Hoffenheim belegt Johannes Kopp (taz) an der Freude von Hertha BSC über den 1:0-Sieg: „Der Auftritt des Rangnick-Teams hat Hertha nicht nur ein gut gefülltes Stadion beschert, sondern nun auch noch als Hoffenheim-Bezwinger bundesweite Aufmerksamkeit eingebracht. Die Badener wurden vom Tabellenthron gestürzt. Die eigentliche Überraschung ist nicht der Hertha-Sieg, sondern die Tatsache, dass dieser als Überraschung gewertet werden kann. Fehlt nur noch, dass in Fanshops bald T-Shirts mit dem Aufdruck Hoffenheim-Besieger feilgeboten werden.“

In die gleiche Kerbe schlägt Michael Horeni (FAZ): „Wie Hoffenheim in Berlin empfangen und behandelt wurde, machte eindrucksvoll deutlich, dass sich die Gewichte in der Bundesliga nach zwölf Spieltagen schon viel tiefer greifend verschoben haben, als das allein der Blick auf die Tabelle ahnen lässt.“ Die Hauptstadt habe in Hoffenheim eins der „großen Fußball-Schwergewichte“ erkannt. Die Indizien wie Zuschauerzahl und Lärmpegel beim Tor legten erreichten fast bayernmünchenhafte Dimensionen.

Stefan Hermanns (Tagesspiegel) sagt Hertha bessere, um nicht zu sagen gute Zeiten voraus: „So viel Zukunft war bei Hertha lange nicht, sowohl finanziell als auch sportlich. Die wirtschaftliche Situation steht gesundem Wachstum zumindest nicht mehr im Wege, die meisten Spieler sind jung und wohl auch entwicklungsfähig, und der Trainer hält weiterhin an seinem Ziel fest, in den nächsten anderthalb Jahren eine Mannschaft aufzubauen, die mit den Besten der Liga mithalten kann. Das Ziel bleibt ehrgeizig, denn Hertha ist bei Weitem nicht der einzige Verein in Deutschland, der solide wirtschaftet und Gewinne erzielt. Im Geld schwimmen die Berliner nicht, sie haben nur ihre Konkurrenzfähigkeit wiederhergestellt. Der Größenwahn muss noch ein bisschen warten.“

Reform auf Wiedervorlage

2:1 in Schalke, fünfter Sieg in Reihe, und die Bayern spucken wieder Töne. Richard Leipold (FAZ) empfindet den „Marsch an die Spitze als eine Art bajuwarisches Gewohnheitsrecht“ und spürt „Heimatgefühle“ in dem Klub, der inzwischen neun Plätze gutgemacht hat. Mit einem Sprung an die Tabellenspitze sei jederzeit (vielleicht sogar stündlich) zu rechnen. „Nach ihrem Selbstverständnis stehen die Bayern gewissermaßen vor der Haustür.“ Leipold erkennt bei den Münchnern wieder „eine Mentalität, die Selbstzweifel auf ein Mindestmaß zurückführt und dem Glauben an die eigene Stärke fast einen Erkenntniswert beimisst“. Und es klingt so, als ob die Rückkehr auf die Erfolgsspur einer Abkehr vom Klinsmann-Stil zu verdanken sei: „Das ‚Mir-san-mir-Gefühl’, das unter einem Berg Klinsmannscher Reformen verschüttet schien, wird allmählich wieder freigelegt“

Auch Andreas Burkert (SZ) findet kein Korn von dem Versprochenen: „Man suchte vergebens nach jenen Werten, die Klinsmann bis zur kleinen Misserfolgsserie im September mit missionarischem Eifer beworben hatte. Kaum Direktspiel, keine Dominanz und nur sporadisch ein bisschen Pressing und Tempo.“ Wie viel Klinsmann steckt also in der Siegesserie? Burkert spöttelt: „Ob er selbst auf diesen bemerkenswerten Stilwechsel gekommen ist oder mit freundlicher Unterstützung der Mannschaft oder der Ikonen aus der Chefetage, ist bisher nicht bekannt.“ Aber vielleicht entspringt die Reform, die in der „Ablage 2009“ verstaut worden ist, der „Wiedervorlage“ im nächsten Jahr.

Andreas Morbach (FR) rechnet nicht damit: „Auf dem Müll der Geschichte gelandet ist der Hurrastil der Münchner aus dem ersten Saisonviertel.“

Daniel Theweleit (Berliner Zeitung) hingegen befreit Klinsmann von einem Makel: „Skeptiker haben geschlossen, Klinsmanns Schwäche sei die nachhaltige Arbeit, und weil er das wisse, habe er das Nationalteam nach dem Höhepunkt der WM 2006 verlassen. Spätestens nach dem Sieg bei Schalke 04 ist es an der Zeit, sich von diesem Klinsmann-Bild zu verabschieden.“

Jedenfalls kommt Uli Hoeneß, der vor Wochen die Sprache verloren hatte, wieder in Form: „Das ganze Land Bayern muss jetzt wieder nach vorne kommen, nicht nur in der Politik, sondern auch im Fußball.“

Agent provocateur

Marc Heinrich (FAZ) rüffelt Jens Lehmann, der provoziert, hadert, tritt und meckert: „Seit seinem Comeback in der Bundesliga nach fünfjährigem Aufenthalt bei Arsenal, der, wie er gerne behauptet, ihn vor allem menschlich habe reifen lassen, gefällt sich der Rückkehrer offenbar in der Rolle des Agent provocateur.“ Beim 39-Jährigen sei „kein Anflug von Altersmilde“ zu verzeichnen, seit Wochen gebe er ein „schlechtes Bild“ ab, und er sei „dabei, sich die Sympathien auf der Schlussetappe seiner Karriere zu verscherzen“.

Oliver Trust (Tagesspiegel) weiß nicht, was er von Stuttgart halten soll und erwarten darf: „Der VfB wirkt wie ein Patchwork-Team, zusammengesetzt aus vielen Teilen, die irgendwie ein Ganzes ergeben, aber nicht richtig zusammenpassen. Daran kann noch nicht einmal das edelste Einzelstück, Mario Gomez, etwas ändern.“

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