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Bundesliga

Arrogante Schnösel

Oliver Fritsch | Montag, 17. November 2008 Kommentare deaktiviert für Arrogante Schnösel

13. Spieltag: Schon wieder verdaddelt Bayern München leichtfertig zwei Tore Vorsprung / Erneut begeistert die TSG Hoffenheim / Noch einmal langweilt Stuttgart seine Anhänger / Was Hoffenheim und Hertha gemein haben

Andreas Morbach (FR) kreidet dem FC Bayern, beim 2:2 in Mönchengladbach als Wiederholungstäter im Verspielen von Zweitorevorsprüngen auffällig geworden, Überheblichkeit an: „Was das selbst verschuldete Remis beim biederen Liganeuling besonders schmerzhaft machte, war die Vorgeschichte. Mit fünf Siegen in Folge hatten die Bayern ihren stotternden Saisonstart zuletzt fast wieder wettgemacht. Dann aber folgte der nächste Patzer der Bayern – und das frisch polierte ‚Mia-san-mia’ wich wieder der bangen Frage: ‚Wer san mia?’ Denn wie selten zuvor schenken die Münchner in dieser Saison mögliche Siege mit dem Habitus arroganter Schnösel reihenweise weg: Am ersten Spieltag wurde aus einer 2:0-Führung gegen Hamburg ein 2:2, am siebten aus einem 3:1 gegen Bochum ein 3:3 – und nun folgte in Runde dreizehn der hässliche Hattrick. Seit den Zeiten des glücklosen Jupp Heynckes ist im Borussia-Park kein röterer Kopf gesichtet worden als der von Uli Hoeneß am Samstagabend.“

Bernd Müllender (Financial Times Deutschland) entlarvt die Offensivrhetorik Jürgen Klinsmanns als Blendwerk: „Klinsmann ist ein Magier, der das dominant-offensive Spiel verspricht und dann wie ein ergebener Schwiegersohn des großen Maurermeisters Trapattoni agieren lässt. So zuletzt erfolgreich in Schalke und jetzt erfolglos in Gladbach, wo er die Führung so provozierend verwalten lassen wollte, dass die erklärte Bayern-Fanin Sabine Töpperwien im Radio von ‚Schaukelstuhltaktik’ sprach. Klinsmann hat den FC Bayern umgeformt – zur zeitweilig zynischen Betonfabrik, gegen die Ottmar Hitzfeld offensiven Spaßfußball spielen ließ.“

Wieder mitreißend

Tobias Schächter (Berliner Zeitung) verpackt das Lob an Hoffenheim, 3:2-Sieger gegen Wolfsburg, in leichte Schadenfreude gegenüber der Fußballregion Mannheim: „Wäre das Mannheimer Carl-Benz-Stadion in diesem Moment ein Mensch gewesen, hätte es einen tiefen Seufzer des Bedauerns von sich gegeben. Nur noch zwei Mal ist es Gastgeber für die TSG 1899 Hoffenheim aus, die gerade wieder einmal ein mitreißendes Spektakel geboten hatte. Im Januar zieht dieser aufregende Bundesliganovize nach Sinsheim in die dann fertige eigene Arena um. Dem Carl-Benz-Stadion muss dieser Umzug so vorkommen wie einem Menschen, dessen Lieblingsonkel nach kurzer Stippvisite wieder nach Amerika geht. Zurück bleibt nur die nichts als Scherereien verursachende alte Tante SV Waldhof Mannheim, Bundesligist von einst, die heute, als Viertligist, wieder einmal vor der Pleite steht. Hoffenheim spielt so ereignisreichen Fußball, dass Geschäftsführer Jochen A. Rotthaus nicht ohne Stolz bereits unkt, die neue Arena für 30.000 Menschen könne künftig zu klein sein. Und dieses Hoffenheim wirkt so gefestigt wie ein Fels, der schon Jahrhunderte am selben Platz thront. Dabei befindet es sich ja noch im Wachstum.“

Ideenlos

Thomas Haid (Stuttgarter Zeitung) kann beim 0:0 zwischen Stuttgart und Bielefeld das Gähnen nicht mehr unterbinden: „Normalerweise ist es eher störend, wenn die aktuellen Zwischenstände aus den anderen Bundesligastadien mit einem lauten Hupton angekündigt werden, bevor sie dann auf der großen Videoleinwand erscheinen. Doch die 52.000 Zuschauer waren diesmal über jedes Hupen dankbar, verhieß es doch eine willkommene Abwechslung in diesem an Langeweile kaum zu überbietenden 0:0. Viele im Publikum werden gedacht haben, dem falschen Stadion einen Besuch abgestattet zu haben, wo ideenlosen Stuttgarter Spielern von bieder verteidigenden Bielefeldern brutal die Grenzen gezeigt wurden.“

Kein Spitzenteam

Stefan Osterhaus (Neue Zürcher Zeitung) legt den Finger in die Wunde Schalkes, 1:2-Verlierer in Leverkusen: „Die Defizite treten offen zutage. Das Team verfügt zwar über eine exzellente Defensive, doch es ist im Offensivspiel berechenbar. Coach Fred Rutten vermied Beschönigungen und bemühte sich, zu hohe Ansprüche zu korrigieren: In der gegenwärtigen Verfassung sei Schalke kein Spitzenteam.“

Hertha und Hoffenheim, die Opportunisten

allesaussersport hält die Lehren des 13. Spieltags fest: „Was haben wir gelernt? Dass der FC Bayern derzeit zuviel ‚mir san mir’ zeigt und nach Führung zwei Gänge zurückschaltet. Dass Leverkusen zwar aufgrund der Jugend ein fragiles Gebilde ist, aber gegen ein anderes so genanntes Spitzenteam eine Führung halten konnte. Dass man bei Schalke derzeit noch nicht einmal weiß, ob der siebte Platz vielleicht doch die richtige Gewichtsklasse für den ambitionierten Verein ist. Dass beim HSV der Kader und die Mentalität zu klein sind, um neunzig Minuten souverän über die Runden zu bringen. Dass neben Hoffenheim die Hertha der Club ist, der am opportunistischsten spielt: ihre Chancen nutzend. Die Hoffenheimer produzieren viele, die Hertha wenige. Aber für beide reicht es. Dass Wolfsburg immer noch die entscheidenden zehn Prozent fehlen, um oben mitzuspielen.“

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