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Bundesliga

Der VfB bleibt eine Fahrstuhlmannschaft

Oliver Fritsch | Montag, 24. November 2008 Kommentare deaktiviert für Der VfB bleibt eine Fahrstuhlmannschaft

Die Entlassung des einstigen Stuttgarter Meistertrainers Armin Veh findet einhellig Zustimmung in der Presse, auch wenn sie ihn nicht als Alleinschuldigen der Stuttgarter Not in die Verantwortung nimmt / Felix Magath, unverbesserlicher Mauler / Christoph Daum will Hoffenheim beflecken / HSV und Werder schwach

Peter Stolterfoht (Stuttgarter Zeitung) zerpflückt die Arbeit der Stuttgarter Führung und die Mentalität der Spieler: „Mit dem geschassten Trainer ist der VfB gleichzeitig nicht auf einen Schlag all seine Probleme los. Denn Armin Veh hinterlässt eine ideenlos spielende und unmotiviert auftretende Mannschaft, bestehend aus völlig verunsicherten Neuzugängen, satten Meisterspielern des Jahres 2007 und Fußball-Legionären, denen es ziemlich egal ist, welcher Verein ihnen ihr Gehalt überweist. Angesichts dieses ungesunden Mischungsverhältnisses kann es nur der erste Schritt auf einem vermutlich langen Weg in eine bessere VfB-Zukunft sein. Eine völlig verfehlte Transferpolitik hat den Club nach dem Titelgewinn vor eineinhalb Jahren in diese Krisensituation gebracht. Rund dreißig Millionen Euro investierte der VfB seitdem in seine Mannschaft – selten hat ein Bundesligist so viel Geld so wenig gewinnbringend angelegt.“

Einen treffenden Kommentar schreibt Peter Heß (FAZ), der eine „Steilvorlage“ Vehs gesehen hat, den sein Klub nun verwertet habe. Damit spielt Heß auf Vehs Rüge an der Personalpolitik vom vorigen Donnerstag an, die als Selbstkritik verstanden werden kann, aber, und noch stärker, auch als Seitenhieb auf Horst Heldt. Die Entlassung Vehs sei Ausdruck einer „schwierig gewordenen Beziehung“ zwischen Manager und Trainer. Dass der VfB Markus Babbel und dem früheren VfB-Assistenzcoach Rainer Widmayer die Verantwortung für die nächsten Wochen übertragen, beäugt Heß als Fortführung der „riskanten Personalpolitik der vergangenen Monate“. Veh wäre mehr zuzutrauen gewesen. Doch „wie Felix Magath gehört Veh zu den Trainern, die nicht mit aller Macht an ihren Sesseln kleben, sondern sich von ihrer Position lösen, wenn sie merken, dass es nicht mehr passt.“

Peter Unfried (taz) ahnt, dass sich der VfB von der Konkurrenz hat abhängen lassen: „In diesem Jahr wird durch neues Geld und neue (Hoffenheim, Wolfsburg) und alte Herausforderer (Leverkusen, Dortmund, Hertha) die Spitzenhierarchie neu ausgespielt – und Stuttgart könnte das erste von mehreren Teams sein, das abstürzt. Tabellarisch gesehen ist der VfB 11., hat fünfmal gewonnen, sechsmal verloren. Gibt Schlimmeres. Aber es war nicht nur das fünfte sieglose Spiel in Folge: Während die Herausforderer erkennbar neue Teams aufbauen, macht der VfB den Eindruck, als würde er immer weniger.“

Vermeintliches Spitzenteam

Markus Lotter (Berliner Zeitung) stellt fest, dass sich Geschichte in Stuttgart wiederholt: „Mit der Entlassung des Cheftrainers gesteht der VfB Stuttgart ein, dass er wie schon so oft – manch einer sagt aus Tradition – die Chance des unerwarteten Erfolgs nicht für sich nutzen konnte. Es ist den Stuttgartern wieder passiert, wie schon nach dem Titelgewinn 1984, als der Kunstfreund Helmut Benthaus trainierte, wie aber auch unter Christoph Daum 1992. Wieder einmal folgte auf den Jubel der Fall und eben nicht eine Phase des kontinuierlichen Wachstums. Wieder einmal scheint eine Generation hoffnungsvoller Nachwuchsspieler weitgehend verloren, wieder einmal hat man offensichtlich jede Menge Geld auf dem Transfermarkt verschwendet. Und einen Übungsleiter verbraucht. So bleibt der VfB Stuttgart eine Fahrstuhlmannschaft. Eine Mannschaft, die zwischen Spitze und Mittelfeld pendelt.“

Christof Kneer (SZ) frotzelt ergänzend: „In einem hat man sich auf den VfB Stuttgart bisher immer verlassen können: Wenn er aus Versehen mal Meister geworden war, hat er sich alle Mühe gegeben, das Versehen schleunigst zu korrigieren.“

Ich habs doch schon vor anderthalb Jahren kommen sehen, hier und hier.

Jan Christian Müller (FR) vertieft den Blick auf das Jugendkonzept: „Dass Veh und Heldt es nicht geschafft haben, den potenziellen A-Nationalspieler Andreas Beck zum VfB-Stammspieler zu befördern, wird ihnen intern heftig angekreidet; erst recht angesichts der aktuellen Tabelle. Scouting und Anbindung der deutschlandweit nach wie vor erfolgreichsten Nachwuchsschmiede an die Profis, soweit herrscht Einigkeit, bedürfen dringend einer Verbesserung. Vehs Interesse am eigenen Talentschuppen hielt sich stets in einem sehr übersichtlichen Rahmen. Was angesichts der Zielvorstellungen in der Champions League und als vermeintliches Spitzenteam in der Bundesliga allerdings auch nachvollziehbar erschien.“

Nicht viel wert

Zudem ahndet Müller Felix Magath wegen Unverbesserlichkeit: „Der Wolfsburger Trainer ist am Samstag von Schiedsrichter Fleischer, der nicht als übersensibel bekannt ist, auf die Tribüne geschickt worden. Was deshalb eine besondere Bewandtnis hat, weil Magath am Montag erst am Runden Tisch zur Befriedung der Atmosphäre zwischen Schiedsrichtern und Klubverantwortlichen teilnahm. Hinterher haben sich alle in den Armen gelegen, was angesichts der Giftpfeile, die zuvor abgeschossen worden waren, ziemlich absurd wirkte. Dass der Runde Tisch nicht viel wert war, dafür hat Magath den Beweis angetreten.“

Bitterer Neid

Matti Lieske (Berliner Zeitung) entlarvt die Kritik Christoph Daums am angeblich scheinheiligen Verhalten der siegreichen Hoffenheimer als den Einwurf eines Gekränkten: „So giftig, wie er sonst nur mit Uli Hoeneß redet, zerpflückte der Kölner Trainer das Hoffenheimer Saubermann-Image, von dem bis dahin indes nur er wusste, und bezichtigte den Gegner, bei McKennas völlig zurecht mit der Roten Karte geahndetem Foulspiel an Vedad Ibisevic den Platzverweis gefordert zu haben. Zumindest nach dem Spiel hatte Daum so die Foulhoheit zurück gewonnen, und der neben ihm sitzende Hoffenheimer Trainer Ralf Rangnick war sichtlich konsterniert angesichts der offensiven Feindseligkeit des Kollegen und sich keiner Schuld bewusst. In Wahrheit waren Daums wildwütige Tiraden auch nur eine schlecht getarnte, aus bitterem Neid geborene Attacke gegen Rangnick und den verblüffenden Erfolg des Mitaufsteigers.“

Brutal schwach

Kai Pahl (allesaussersport) schlägt beim Hamburger Sieg gegen Bremen die Hände vors Gesicht: „Eine grausame Partie, die einem angst und bange werden lässt, was die anstehenden Europapokalspiele angeht. Wen soll man mehr tadeln? Den HSV, von dessen Heimvorteil nichts zu bemerken war und der spielerisch ohne Linie auftrat? Oder Werder, das es noch nicht einmal gegen diesen HSV geschafft hat, einen Punkt zu holen? Ein brutal schwaches Spiel.“

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