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Bundesliga

Die Kunst ist es, mit Bayern nicht Meister zu werden

Oliver Fritsch | Montag, 15. Dezember 2008 Kommentare deaktiviert für Die Kunst ist es, mit Bayern nicht Meister zu werden

17. Spieltag: Die Bayern sind längst wieder erfolgreich, doch Jürgen Klinsmann bleibt umstritten / Ebenso die Frage, ob außer in Hoffenheim weitere gute Zeichen für die Bundesliga zu sehen sind / Uli Hoeneß fühlt sich ungerecht behandelt

Die Bayern sind inzwischen punktgleich mit dem Tabellenführer, doch Peter Ahrens (Spiegel Online) nimmt Jürgen Klinsmann die fremden Federn vom Kopf: „Über den Bayern-Trainer wissen wir ja mittlerweile, dass er immer noch Hitzfeld heißt, obwohl Klinsmann draufsteht und er wie Klinsmann aussieht. Weil Deutschlands Premiumklub mittlerweile wieder so spielt, wie er es auch im vergangenen Jahr unterm alten Coach getan hat. Zé Roberto und Franck Ribéry machen ihr Ding und Toni das wichtige Tor. Mit Bayern Meister zu werden, ist keine Kunst. Die Kunst ist es, mit Bayern nicht Meister zu werden. Klinsmann traue ich immer noch zu, dass er das schafft.“

Tobias Schächter (Berliner Zeitung) pflichtet Ahrens bei und seziert das Bayern-Spiel beim 2:2 in Stuttgart: „Die einzelnen Mannschafsteile standen zu weit auseinander und lange Bälle auf Luca Toni bedeuteten die einzige taktische Variante. Dass sie in der Liga trotzdem vorne und in der Champions League im Achtelfinale stehen, ist schlicht dem überdurchschnittlichen Kader zu verdanken. Mit Trainer Jürgen Klinsmann hat das womöglich wenig zu tun.“

Zuspruch findet Klinsmann bei Michael Horeni (FAZ), wenn auch hauptsächlich für seine Arbeit als Bundestrainer. Von 2004 bis 2006 habe Klinsmann mit seiner Reformpolitik dem deutschen Fußball den Boden zur Weiterentwicklung bereitet, die jetzt zu erkennen sei. Die Vorrunde beschließt Horeni mit einem optimistischen Fazit: „Vor drei, vier Jahren, als Jürgen Klinsmann die Nationalmannschaft vorantrieb, hörte man als Reaktion noch viel zu oft den Bundesliga-Sound der Selbstzufriedenheit: Geht nicht, gibt’s nicht, gab’s noch nie. Die Halbserie 2008 hat dagegen eine sportliche und gedankliche Vielfalt offenbart, die nicht nur dazu geeignet scheint, die Bundesliga in Zeiten der Finanzkrise zu stabilisieren, sondern sie nach vielen Jahren des Rückschritts auch mal wieder ein Stück voranzubringen. Das neue, höhere Tempo, das die Bundesliga in der Spitze eingeschlagen hat, ist das seit vielen Jahren schönste Versprechen für ein gutes neues Fußballjahr.“

Jan Christian Müller (FR) hingegen kann außer in Hoffenheim nicht viel Blühendes entdecken: „Das Beispiel TSG Hoffenheim zeigt in dieser insgesamt mäßigen Vorrunde eindrucksvoll, dass schneller, kombinationsstarker Fußball aus dem Labor heraus planbar ist. Wobei es sicher kein Zufall ist, dass Trainer Ralf Rangnick und Sportdirektor Jan Schindelmeiser sich vorher ausgiebig im Ausland kundig gemacht haben. Derzeit sind sie längst nicht nur finanziell dem Gros der Konkurrenz einen Schritt voraus.“

Zu wenig Biss

Reinhard Sogl (FR) berichtet vom 1:1 gegen Schalke und von mäßiger Form des neuen Herbstmeisters: „Hoffenheim hat vergleichsweise schlecht gespielt, weil es seinen gefürchteten Hochgeschwindigkeitsfußball nicht aufziehen konnte. Selbst gegen nur noch neun Schalker am Ende mangelte es dem Spiel an Übersicht. Das hatte zum einen damit zu tun, dass die Schalker Taktik, die Räume eng zu machen, bis zum Schlusspfiff griff; zum anderen ließ Hoffenheim anfangs Biss und am Ende Kaltschnäuzigkeit vermissen.“

Warum sagt er das jetzt?

Uli Hoeneß präsentiert sich in letzter Zeit in aufgewühltem Zustand. Das liegt zum einen daran, dass seine Bayern wieder (fast) obenauf sind. Zum anderen spürt er, in Hoffenheim ernste Konkurrenz wachsen. In einem Interview mit der FR (und auf einigen anderen Kanälen) klagt Hoeneß, dass er vom Verband gemein und ungerecht behandelt worden sei: „Wir haben total unverdient zwei Punkte verloren. Was mich aber wirklich sehr ärgert: Die DFL behauptet immer, sie sei so fortschrittlich, setzt aber Stuttgart gegen Bayern am Samstag und Hoffenheim gegen Schalke am Sonntag an. Umgekehrt muss es sein. Das ist doch ein Witz. Ich habe nicht mitgekriegt, dass Hoffenheim oder Schalke unter der Woche irgendwo beschäftigt waren, aber der FC Bayern war in Lyon. Das finde ich total unfair.“

Medien-Sport-Politik erwidert: „Ach, Herr Hoeneß, schon mal darüber nachgedacht, dass Stuttgart am Donnerstag noch Uefa-Cup spielt? Wo ist das Problem, Mittwoch und Samstag zu spielen? Sind die Bayern nicht eine internationale Spitzenmannschaft, die den Kader und die Qualität der Spieler hat, das auf sich zu nehmen? Möchte man sich nicht mit den besten Teams Europa messen? Dann schauen Sie mal nach England oder Spanien. Da ist das fast Woche für Woche eine Regelmäßigkeit. Und insgeheim geben Sie damit zu, dass ihr Team körperlich nicht fit genug ist. Lächerlicher kann man sich nicht machen.“ Mit Argumenten braucht man Hoeneß für gewöhnlich nicht kommen.

Bemerkenswerte Sätze hat Jürgen Klinsmann in einem Interview mit der FAZ am Sonntag über Uli Hoeneß gesagt: „Ich nehme jeden Hinweis, jeden Gedanken von ihm auf. Ich kann von ihm als Trainer lernen, als Geschäftsmann, und ich kann von seiner Lebenserfahrung profitieren. Aber ich muss auch immer wieder darüber nachdenken: Warum sagt er das jetzt genau in diesem Moment? Wie meint er das?“

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