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Bundesliga

Neue Dimensionen der Stinkstiefeligkeit

Frank Baade | Samstag, 4. Juli 2009 Kommentare deaktiviert für Neue Dimensionen der Stinkstiefeligkeit

Die einen fahren in den Urlaub, die Protagonisten der Bundesliga kommen just daraus zurück. Beim Hamburger SV ist nicht nur die Managerposition offen, in Berlin gibt man einem König, in München einem Thronfolger eine zweite Chance und die Liga verliert recht wahrscheinlich einen ihrer größten Stars: Keine Spur von sauren Gurken.

Keine Entwicklung bei König Artur

Zur Rückkehr Artur Wichniareks zu Hertha BSC Berlin besitzt der Tagesspiegel in Person von Michael Rosentritt eine eindeutige Meinung: „Artur Wichniarek mag ein guter Junge sein. In der vergangenen Saison hat er ein paar Tore geschossen für Bielefeld. Wenngleich auch fast nur in der Hinserie. In der Rückrunde war er wieder so ungefährlich wie in seiner ersten Berliner Zeit. Als Hertha es 2003 schon einmal mit Artur Wichniarek versuchte, hatte der sich mit zuvor zwölf Toren für Bielefeld empfohlen. Dieses Mal sind es 13. Wo ist da die Entwicklung? Und ist Wichniarek nicht 32 Jahre alt? Dieser Transfer hätte sitzen müssen. Nach dem Wegfall von Marko Pantelic und Andrej Woronin war der Einkauf eines Torgaranten überaus bedeutend. Vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Situation ist [eine billige Lösung] vielleicht sogar zwingend geboten. Aber muss es einer sein, der weder als Kopfballspezialist noch als kreativer Vollender in vorderster Spitze bekannt ist? Klamm zu sein ist keine Schande. Keine Ideen zu haben ist gefährlich.“

Hauptproblem Hoeneß

Im selben Tagesspiegel lassen Stefan Hermanns und Sven Goldmann Trainer und zukünftige Mitspieler dieser Einschätzung jedoch widersprechen, erinnern zunächst aber an einen weiteren Manager, der nicht mehr im Amt ist: „Als Dieter Hoeneß noch Manager bei Hertha BSC war, hat er mehr oder weniger vergeblich versucht, seinem großen Vorbild Bayern München nachzueifern. Kaum ist Hoeneß weg, bedient sich Hertha der Methoden, die von den Bayern schon seit Jahrzehnten praktiziert werden. Sie kaufen einfach die Spieler, die der eigenen Mannschaft besonders weh getan haben.“ Favre äußert sich — natürlich — positiv über Wichniarek, dieser „gehe als Stürmer in die Tiefe, er sei extrem gefährlich und mache immer seine Tore.“ Als einer von zweien (neben Arne Friedrich), der Wichniareks erste Zeit in Berlin miterlebt hat, weist Pal Dardai darauf hin, dass es für Hertha ausreiche, wenn Wichniarek nur seine Trefferzahl aus Bielefeld wiederhole. Probleme mit den Fans sollte es eigentlich nicht geben, denn: „Wichniarek selbst sagt, er habe nie ein schlechtes Wort über Hertha verloren, sondern nur mit Dieter Hoeneß ein Problem gehabt. Das hat ihn sogar 26 500 Euro gekostet, weil er in einem Interview gegen die Verschwiegenheitsklausel in seinem Auflösungsvertrag verstoßen hat. Wichniarek hatte über Hoeneß gesagt: ‚Er hat mich meine Karriere gekostet. Er ist das Hauptproblem bei Hertha.‘ Wäre der Manager noch im Amt, hätte es eine Rückkehr wohl nicht gegeben. Von beiden Seiten nicht.“

Nicht ganz geheimer Mitarbeiter

Dietmar Beiersdorfer ist noch gar nicht beim HSV ausgestiegen, weiß Frank Heike in der FAZ: Labbadia tausche sich u. A. immer noch mit Beiersdorfer darüber aus, welche Abmachungen mit möglichen neuen Spielern getroffen wurden. Ansonsten beträfe der personelle Umbau beim HSV den gesamten Verein: Nachwuchschef Jens Todt sah sich als Mitglied der Beiersdorfer-Fraktion und dankte ebenso ab, wie viele weitere seiner Kollegen. So habe Marinus Bester überraschend die Aufgabe bekommen, den Vertrag mit Ze Roberto abzustimmen. Neben einem neuen Sportchef muss der HSV auch beim Spielermaterial noch nachlegen, erinnerte Piotr Trochowski an die vergangene Saison mit vielen Ausfällen und daraus resultierenden Schwierigkeiten. Obwohl man sich bislang kaum kenne, will Bernd Hoffmann den berühmten Tick mehr an Leidenschaft bei Labbadia entdeckt haben, der für mehr zählbaren Erfolg als zuletzt nötig sei. Die Tatsache, dass man dies auch schon bei Thomas Doll angenommen hatte, spräche nicht zwangsläufig für die Fähigkeit der Beteiligten zu einer realistischen Einschätzung dieses Punktes.

Wandervogel Labbadia

Erik Eggers berichtet in der FR unter dem Titel „Vakuum an der Elbe“ von einer vergleichbaren Forderung Guerreros wie sie Trochowski stellt: Man brauche dringend mehr Spieler. Diesen Wunsch zu erfüllen sei mit der aktuellen Konstellation nicht einfacher geworden: „Labbadia also sondiert die Lage auf dem Spielermarkt. Die aufgerufenen Ablösesummen seien zum Teil ‚extrem. Da müssen wir sehen, wo wir mitgehen, und wo wir uns zurückziehen.‘ Die wirtschaftliche Seite habe ‚der Herr Hoffmann übernommen‘, erklärt Labbadia. Mit dem ‚Herrn Hoffmann‘ ist der HSV-Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann gemeint, der frühere Gegenpol zum ‚Didi‘, der schwer unter Druck geraten dürfte, sollte der HSV in der kommenden Saison nicht in vorderen Tabellenregionen rangieren. Zu wem Labbadia die engere Beziehung besitzt, lässt sich aus den Anreden unschwer nachvollziehen.“

Beim Thema der angestrebten größeren Kontinuität im HSV biete gerade Labbadia nicht einen solchen Leumund, wie man ihn für dieses Ziel erwarten würde: „Auch die Figur Labbadia verkörpert ein gewisses Risiko. Ob der 43-Jährige endlich jene Kontinuität auf dem Trainerposten verwirklichen wird, nach der sich die Anhänger des HSV nach den vielen Wechseln sehnen, ist aufgrund der Biographie Labbadias fraglich. Schließlich war und ist er als Fußballer und Trainer ein Wandervogel.“

Eigenwilliger Stinkstiefel

Meinungsfreudig schildert Sebastian Krass im Tagesspiegel aus München, dem zuvor landauf, landab gefeierten Franzosen würden keine Kränze zum im Raum stehenden Abschied geflochten. Neben (großen) Titeln oder zumindest großen Auftritten in bedeutenden Spielen werde bei Ribéry vor allem eins vermisst: „Teamfähigkeit ist in der Charakterstruktur Ribérys nur sehr nachrangig ausgeprägt. Defensivarbeit widert ihn an. In der vergangenen Saison verbreitete er zudem manchmal den Eindruck, er empfinde den einen oder anderen Mitspieler (Christian Lell etwa oder auch Bastian Schweinsteiger) als Zumutung. Der Tiefpunkt an Mannschaftsdienlichkeit war erreicht, als Ribéry sich Ende April – die Endphase der Bundesligasaison lief – im Heimspiel gegen Schalke nach Rangelei und Frustfoul eine Rote Karte einhandelte. Wie destruktiv ein trotziger, weil unzufriedener Ribéry wirken kann, haben auch schon seine vorigen Arbeitgeber Galatasaray Istanbul und Olympique Marseille erfahren müssen. Wenn die Bayern Ribérys Wechsel verhindern, drohen ihnen ganz neue Dimensionen der Stinkstiefeligkeit.“ Weil dies so sei, sei ein Verkauf Ribérys ohnehin ratsam, auch wenn Krass die Dimensionen, in denen Uli Hoeneß bei einem Verkauf denkt, nicht bestätigen kann. 65 Millionen Euro habe Kaká gekostet, Ribéry sei keineswegs auf diesem Niveau einzuordnen.

Da zudem mit van Gaal ein neuer Trainer da ist, der sich auffallend wenig um einen Verbleib Ribérys bemühe, ist mit einem baldigen Abschied Ribérys aus der Bundesliga zu rechnen: „Der Trainer legt offensichtlich nur mäßigen Wert auf den kapriziösen Künstler. Sein Bekenntnis zu Ribéry fiel kühl aus: ‚Ich will als Trainer immer mit den besten Spielern arbeiten.‘ Noch im selben Atemzug aber kam er auf das ‚ganzheitliche Prinzip‘ zu sprechen, das er verwirklichen will. Vorbild müsse der FC Barcelona sein. ‚Die haben gute Fußballer, aber sie haben gearbeitet wie ein Team.‘“

Im Tor erhalte Rensing eine neue Chance, den Kampf um die Nr. 1 für sich zu entscheiden. Neben Hans-Jörg Butt wird ihm kein weiterer Konkurrent zugemutet.

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