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Ordentlich im Nirgendwo der Tabelle

Frank Baade | Freitag, 30. Oktober 2009 Kommentare deaktiviert für Ordentlich im Nirgendwo der Tabelle

Für Bayern treffen die alten Stürmer, worunter Mario Gomez zu leiden hat, in Frankfurt geht es einfach nicht aufwärts, Bremen verzückt mit einer guten Mischung und Jürgen Klopp kann seine Saison bereits abhaken

Tobias Schächter (Financial Times Deutschland) begleitet die Bayern auf ihrer Suche nach dem Selbst: „Eintracht Frankfurt, so stellte sich das an diesem Abend dar, war der richtige Aufbaugegner für die Bayern vor deren richtungsweisenden Spielen am Samstag beim VfB Stuttgart und in der Champions League gegen Girondins Bordeaux. Die Zuversicht, den schweren Herbst zu überstehen, ist nun gewachsen bei den Münchnern. Auf der Suche nach der verlorenen Identität sind die Münchner einen Schritt weitergekommen. Das liegt auch am klaren Aufwärtstrend einiger Bayern-Profis. Miroslav Klose etwa nähert sich langsam wieder seiner Bestform. Auch bei Toni ist wieder jener Einsatzwille zu beobachten, der ihn in seiner Anfangszeit zum gefürchtetsten Angreifer der Liga gemacht hatte. Für Mario Gomez dürfte es schwer werden, das von van Gaal bevorzugte Angriffsduo Klose/Toni zu sprengen.“

Marc Heinrich unterstreicht in der FAZ noch einmal den herausragenden Auftritt eines zuvor lange erfolglosen Nationalstürmers bei den Bayern: „Klose, am Mittwochabend der Mann der Stunde, genoss den schönen Augenblick auf seine Art: still und leise und ohne jeden Anflug von Triumphgeschrei oder großspurigen Gesten.“ Eine Besonderheit bei der Aufstellung bemerkt Heinrich ebenfalls: „Fast hätte es der selbsternannte Prozess-Trainer van Gaal am Mittwoch hinbekommen, erstmals in seiner Amtszeit dieselbe Startelf aufs Feld zu schicken. Doch eine Änderung [in der Abwehr] musste dann doch sein. Was aber kaum der Rede wert war, da die Frankfurter auf Angriffe weitgehend verzichteten. (…) Gerade Klose, der es zuletzt in sieben Spielen als Teilzeitkraft zu keinem einzigen Treffer gebracht hatte, nutzte den Freiraum, den ihm seine zaghaften Bewacher ließen, bestmöglich aus. Als wollte er alle Zweifler und vor allem den kritischen van Gaal eines Besseren belehren, zeigte er in wenigen Minuten, zu welchen Taten und Toren unterschiedlichster Prägung er nach wie vor imstande ist.“ Für Mario Gomez hingegen werde dessen persönliche Leidenszeit weitergehen.

Wie in seligen Zeiten unter Ottmar Hitzfeld

Auch Frank Hellmann (Stuttgarter Zeitung) bewertet die zukünftigen Chancen für Mario Gomez gering, die „Rückkehr des bayerischen Mir-san-mir“ hingegen als gelungen: „Das Positionsspiel ist eines seiner Lieblingsfächer, wobei der knorrige Chefstratege die Profis ja selbst lange so unvorhersehbar hin und her geschoben hat, dass manch einer über Schwindelanfälle klagte. Das Verletzungspech in der überbesetzten Offensive hat ein bisschen mitgeholfen, ein verlässliches Schema zu entwickeln. Aktuell kommt eine 4-4-2-Formation extern und intern gut an, die in ihrer Positionierung ein bisschen an die seligen Zeiten von Ottmar Hitzfeld erinnert. Im Mittelfeld sind beide Außenbahnen besetzt, der Kapitän Mark van Bommel gibt mittig den Chef, und im Sturm dürfen sich Miroslav Klose und Luca Toni austoben. Beide über 30, aber robust und routiniert – und vor allem: aufeinander eingespielt. Doch die Schaffenskrise dieser Sturmführer war existent. Nun schoss Klose, giftig und spritzig, zwei blitzsaubere Tore mit dem Fuß, wuchtete Toni die Kugel einmal mit dem Kopf über die Linie. Und weil Thomas Müller links draußen wie selbstverständlich den Franck Ribéry gab (ein Tor und zwei schöne Vorlagen), sah alles so aus, wie es sich der FCB-Obere Hoeneß ständig wünschen würde.“

Bleierne Schwere macht sich breit

Thomas Kilchenstein und Ingo Durstewitz ächzen in der FR unter den Auswirkungen, die das Mitleiden bei der Eintracht erzeugt: „Die Frankfurter Eintracht steckt in ihrem altbekannten Dilemma: Sie ist nicht gut genug, um einen Großen der Zunft an einem normalen Tag zu schlagen. Wenn doch, dann müssen ‚Glück und Geschick‘ (Skibbe) zusammenkommen, alles perfekt laufen oder der Gegner hat sich – wie Werder Bremen – eine Schwächephase geleistet. Das ist in Frankfurt nichts Neues: In den letzten Jahren war die Eintracht meist zu gut für die Kleinen, zu schwach für die Großen. Nach zehn Bundesligaspielen und einer Pokal-Blamage ist der Schwung des Trainerwechsels dahin. Anstelle von frischem Wind herrscht Flaute, die Hoffnung auf eine Wende zum Besseren, zu besserem Fußball, besseren Spielen ist der Erkenntnis gewichen: alles bleibt beim alten, der Klub bleibt im alten Trott. Bleierne Schwere hat sich breitgemacht.“

An diese fehlenden guten Aussichten anknüpfend kommentiert Thomas Kilchenstein (FR) den seit Kurzem schwelenden Konflikt zwischen Manager Heribert Bruchhagen und Trainer Michael Skibbe: „Skibbe spürt nun enge Grenzen. Spätestens beim geplatzten Lincoln-Deal ist ihm das klar vor Augen geführt worden. Seitdem formuliert er schärfer. Als Bremser einer Entwicklung, die der Trainer anstoßen will, hat er Bruchhagen ausgemacht, einen konservativen, ehrbaren Fußball-Asketen, der sich allein am Machbaren orientiert und dem eine seriöse Finanz- und Vereinspolitik allemal lieber ist als die vage Hoffnung auf einen Sieg außer der Reihe mehr. Ihre Vorstellungen von der Zukunft der Eintracht mögen gleich sein, die Wege dorthin aber unterschiedlich. Bislang war Bruchhagens Weg der richtige. Bruchhagen lässt sich in diesen Tagen die kleinen Tritte ans Schienbein auch nur deswegen gefallen, um den lieben Frieden nicht zu gefährden. Frankfurt steht momentan ordentlich da – im Nirgendwo der Tabelle. Für Bruchhagen ist das ein Erfolg, für Skibbe nicht.“

Spielkunst und Effektivität halten sich die Waage

Sven Bremer (Tagesspiegel) bestätigt die allerorten anzutreffende Meinung, dass sich in Bremen etwas im Verhältnis der Angriffs- zur Abwehrleistung gebessert habe: „Werder-Trainer Thomas Schaaf hatte vor der Partie gegen den Zweitligisten von einer Pflichtaufgabe gesprochen. Es war über weite Strecken dann sogar eine glänzende Kür. Vor allem Werders neues ‚magisches Dreieck‘, bestehend aus eben jenem Aaron Hunt, Mesut Özil und Marko Marin tanzte nach Belieben durch die überforderte Abwehr der Pfälzer, drehte Pirouetten als gelte es die Höchstnote von 6,0 zu bekommen. Werder, seit 15 Spielen ohne Niederlage, hatte nach der Pause einen Gang zurückgeschaltet, für die biederen Pfälzer reichte es dennoch locker. Die Bremer Profis scheinen die von Klaus Allofs eingeforderte Balance zwischen Offensive und Defensive nun gefunden zu haben. Zunächst war ernsthaft zu befürchten, dass der neue Werder-Stil mit deutlich mehr Bedacht aufs Toreverhindern, das einst so spektakuläre Offensivspiel nachhaltig lähmen könnte. Doch spätestens seit dem Auftritt in der Europa Liga gegen Bilbao vor ein paar Wochen halten sich Spielkunst und Effektivität die Waage. In dieser Form ist Werder nicht nur einer der Meisterschaftsfavoriten, sondern erster Anwärter auf den erneuten Triumph beim Pokalfinale in Berlin.“

Beklopp, beliebt, begehrt

Markus Lotter (Berliner Zeitung) lässt sich von der Aura Klopps nicht den Blick aufs Wesentliche verstellen: „Der Menschenfänger Jürgen Klopp hat Sympathiewerte, die seine Bilanz als sportliche Fachkraft schon immer ein wenig versdchleiert haben. Jürgen Klopp ist unter den Bundesligatrainern die große Ausnahme, weil seine Popularität weniger an seinen Erfolg, vielmehr an seine Art gekoppelt ist. Bekloppt, beliebt, begehrt. Jürgen Klopp hat die Borussia in Bewegung gesetzt, das steht außer Frage, und doch verliert er mit den Dortmundern von Zeit zu Zeit Spiele, deren Ausgang auf die Entwicklung einer Mannschaft und das Wachstum des Klubs entscheidenden Einfluss ausüben. Es sind die Spiele, die Schlüsselspiele genannt werden.“ Klopp könne einen kleinen Verein etwas größer machen, ob er einen ehemals Großen wieder groß machen könne, bleibe ungewiss: „Diese Saison kann für Borussia Dortmund schon jetzt als eine verlorene gewertet werden.“

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