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Die Unterwelt im Tageslicht

Christoph Asche | Sonntag, 29. November 2009 Kommentare deaktiviert für Die Unterwelt im Tageslicht

Die Süddeutsche Zeitung blickt tief in die bislang verschwommene Welt des Wettskandals: über abgehörte Telefonate, die mutmaßlichen Drahtzieher und eine dünne Beweislage der Staatsanwaltschaft.

Obwohl man dieser Tage viel über den Wettskandal liest, hält sich der Informationsgehalt oftmals in Grenzen. Das verwundert nicht, handelt es sich doch um ein laufendes Ermittlungsverfahren, bei dem alle (vermeintlich) beteiligten Parteien lieber zu wenig als zu viel sagen. Umso interessanter ist der Beitrag von Hans Leyendecker (Süddeutsche Zeitung), der sich genauer mit dem Verfahren 35 Js 40/09 der Bochumer Staatsanwaltschaft beschäftigt hat.

So sei aus Ermittlerkreisen und von Anwälten durchgedrungen, dass die Strafverfolger ihren Verdacht ausschließlich auf abgehörte Telefonate gründen. „Solche Telefon-Überwachungsmaßnahmen (es gibt Tausende Seiten TÜ-Protokolle) können in der Regel nur Hinweise liefern und sind meist sehr interpretationsfähig. Hunderte Telefonate hörten die Polizisten an, ehe sie die Köpfe der Bande dorthin sperren durften, wo der Knastmünzsprecher steht“, schreibt Leyendecker. Als Pate des Wettskandals scheint sich Deniz C. herauskristallisiert zu haben, dessen Verteidiger Burkhard Benecken sich bezüglich der Vorwürfe gegenüber seinem Mandanten überraschend mitteilsam gibt. So habe sich Deniz C. laut der Strafverfolger mit fünf weiteren Beschuldigten zusammengeschlossen, um „Sportler aus hochrangigen europäischen Fußballligen zu schmieren“. Zudem soll er Köche und Ärzte bestochen haben, die Fußballer gezielt außer Gefecht setzen sollten. Laut der Ermittler handele es sich dabei um gewalttätige organisierte Kriminalität, die es in dieser Form noch nie gegeben habe.

Warum Deniz C.s Anwalt all diese ungewöhnlichen Vorwürfe gegenüber seinem Mandanten bereitwillig an die Öffentlichkeit trägt, ist für Leyendecker klar: „Seine Berichte aus der Unterwelt sind kein Mandantenverrat, sondern Verteidigungsstrategie.“ Benecken halte Deniz C. für unschuldig und die Thesen der Ermittler für „aufgeblasen“. Leyendeckers Prognose für den Fortgang des Verfahrens ist alles andere als optimistisch: „Wenn es nun aber keine Geständnisse der angeblichen Wettbetrüger regnet, wird die Beweislage für den großen internationalen Betrug nicht üppig sein. Die Ermittler haben ohnehin den Verdacht, dass Deniz C. in anderem Zusammenhang die Rechtsanwalts-Honorare anderer Beschuldigter bezahlt habe, damit die keine Aussagen gegen ihn machten.“ Auffällig sei zudem, dass Berichte über Verdachtsfälle in Deutschland bislang eher „provinziell“ wirken: „Viermal soll die zweite Bundesliga betroffen sein. Ansonsten geht es hierzulande nur um Spiele in unterklassigen Ligen. Immer ist der Anfangsverdacht dünn.“

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