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Champions League

Gegen Barcelona: Die Angst des VfB Stuttgart vor der letzten Aktion

Frank Baade | Donnerstag, 25. Februar 2010 1 Kommentar

Der VfB Stuttgart überzeugt in der 1. Halbzeit gegen den FC Barcelona, bringt sich durch seine Abschlussschwäche aber um den Lohn, einer wie Christian Molinaro hatte dem VfB zuvor gefehlt, Inter schlägt Chelsea

Der VfB spielt 1:1 und Heiko Hinrichsen (Stuttgarter Zeitung) erkennt darin einen Fortschritt des Teams: „Es spricht für die sportliche Entwicklung des Vereins für Bewegungsspiele, dass die Stuttgarter beim Rendezvous mit dem FC Barcelona, dem aktuell besten Club der Welt, letztlich nicht nur bei Tisch, sondern auch auf dem Fußballplatz zu gefallen wussten. Es ist allerdings längst erwiesen, dass ‚Pep‘ Guardiola, der 39 Jahre junge Erfolgscoach, ein höflicher Mensch ist – und er deshalb dem VfB Möglichkeiten für das Erreichen des Viertelfinales einräumt. Doch in Wahrheit rechnet keiner bei Barça ernsthaft mit einem Scheitern. Obwohl die sonst so imposante Heimbilanz im 98.787 Besucher fassenden Camp Nou bereits in der Vorrunde dieser Champions-League-Runde eine Schramme abbekommen hatte, als man gegen den russischen Meister Rubin Kazan mit 1:2 verlor.“

Doppeln, trippeln und quadruppeln

Christof Kneer bedauert in der SZ, dass die Stuttgarter so viele Gelegenheiten ausließen: „Man konnte förmlich sehen, wie die VfB-Profis die Angst vor der letzten Aktion befiel. Klitzekleine Fehlentscheidungen, die einen wirklich großen Abend verhinderten.“ Mit dem Ergebnis, dass man nun nicht wisse, wie die Partie einzusortieren sei: „Dieses Spiel war schwer zu fassen für den VfB, weil die Emotionen des Abends auf niederträchtige Weise mit der Nüchternheit des Resultats kollidierten.“ Insgesamt bleibe aber Positives festzuhalten: „Diese Mannschaft wächst und wächst, und sie blüht auch schon ein bisschen“, denn sie sei „taktisch gut ausbalanciert. Bis sie nach einer Stunde müde wurden, doppelten, trippelten und quadruppelten die Stuttgarter die Messis und Ibrahimovics so kundig, dass den Passgebern Xavi und Iniesta erst die Lust und dann die Sicherheit verging. In der Tat besteht erstmals ein Anfangsverdacht auf Stabilität bei dieser zuletzt so lustvoll instabilen Elf.“

Ein Spieler habe sich an diesem Abend besonders hervorgetan, befindet die SZ, und das sei Christian Molinaro gewesen. „Dieser durch und durch unspektakuläre Spieler hat das Duell gegen Lionel Messi! auf eine Art für sich entschieden, die durchaus spektakulär war. Er verteidigte klug, zäh und sehr italienisch, und nach erfolgter Verteidigung sprintete er seine Seitenlinie hinauf, um vorne mit Aliaksandr Hleb Doppelpass zu spielen.“ Genau dies habe der VfB zuvor vermisst – jetzt nicht mehr. „Cristian Molinaro könnte der Spieler sein, der dem VfB zu seinem Glück gefehlt hat. Die linke Abwehrseite wurde bislang von den Teilzeitgenies Artur Boka und Ludovic Magnin verantwortet, deren Unberechenbarkeit oft genug das große Ganze gefährdete.“ Das Ausrufezeichen hinter Messi gehört dort übrigens hin, meint die SZ, weil man Lionel Messi! nun mal nicht ohne Ausrufezeichen schreiben könne.

Die neue Balance erklärt das Aufblühen des VfB

Oliver Trust (Tagesspiegel) ist ebenfalls unsicher, welches Fazit ein angemessenes wäre: „Die eine Frage bleibt: Hat der VfB die Chance verpasst, den übermächtigen Favoriten zu schlagen, oder durfte man froh sein? Es war wohl selten so einfach, den FC Barcelona zu schlagen. Zumindest eine Hälfte lang war der VfB auf dem besten Weg zum Erfolg. Aber mehr als das eine Tor von Cacau gelang nicht. Dabei gab es Gelegenheit, den Vorsprung auszubauen, als Barcelona zwar 64 Prozent Ballbesitz verbuchen konnte, aber bis auf Messis Pfostentreffer keine Chance herausspielte.“

In der Berliner Zeitung erkennt Christoph Ruf Stabilität im sonst so labilen Stuttgarter Team: „Man könnte die Leistung vom Dienstag mit einmaligen Hormonausschüttungen beim Spiel des Jahres begründen – wenn der VfB nicht auch in den letzten Ligaspielen überzeugt hätte. Seit dem Rückrundenstart strahlt die Mannschaft aus, dass sie gewinnen will. Sieben Siege und zwei Remis stehen aus zehn Spielen unter Gross zu Buche. Er favorisiert das schnelle, direkte Spiel in die Spitze, bei dem der lange, hohe Ball kein Tabuthema ist. Die drei Stürmer leben auf. Durch das laufintensive Spiel, das Gross favorisiert, wird die Defensive entlastet. Die neu gewonnene Balance zwischen Angriff und Verteidigung erklärt, warum das in der Vorrunde demoralisierte Team aufblüht. Die Ansprache von Gross ist ein zweiter Faktor. Während Markus Babbel eingestanden hat, dass er am Schluss ratlos gewesen sei, hat Gross dem matten Team wieder Selbstvertrauen eingepflanzt.“ Man könne Gross auch in anderer Hinsicht vertrauen, denn dieser wisse sicher, „dass der Stoff, der in Stuttgart aufgeführt wird, ein idealer Nährboden für Überheblichkeit ist.“

Manager Horst Heldt: „Einfach klasse“

Thomas Haid interviewt einen rundum zufriedenen Horst Heldt für die Stuttgarter Zeitung: „Wer nach diesem Spiel noch etwas zu mäkeln hat, dem kann man auch nicht mehr helfen. Das war einfach klasse. Die Mannschaft hat sich richtig gut geschlagen und alles abgerufen, was wir abrufen können. Darauf können alle stolz sein. Wenn Sie nach der Partie in der Kabine gewesen wären, hätten Sie erlebt, dass die Spieler auch ziemlich enttäuscht waren. Unter dem Strich hätte mehr herauskommen können. Das soll unseren Auftritt jedoch nicht schmälern. Wir hatten zwar nur 30 Prozent Ballbesitz, aber wir haben aus diesen 30 Prozent mehr gemacht als Barcelona aus seinen 70 Prozent. Die größeren Chancen hatten wir.“

Lucio mit Bravour gegen Drogba

Beim anderen Champions Leauge-Duell dieser Woche war der Einfluss außersportlicher Aktivitäten spürbar, meint Christian Eichler in der FAZ: „Milito reichte ein kurzer Haken, um den behäbigen John Terry aussteigen zu lassen. Der Engländer, lange einer der besten Verteidiger der Welt, zeigt seit Bekanntwerden seiner Affäre mit der Lebensgefährtin des Nationalteam-Kollegen Wayne Bridge und dem Verlust der Kapitänsrolle in der Nationalelf ungewohnte Unkonzentriertheiten.“ Dennoch sei Chelsea überlegen gewesen, muss aber trotzdem als Verlierer nach Hause fahren. „Wie konnte der englische Tabellenführer, der 18:8 Schüsse und 56 Prozent Ballbesitz verzeichnete, das Spiel verlieren?“ Mourinho habe eine „große Leistung“ seines Teams gesehen. Dabei zeigte ein alter Bekannter aus der Bundesliga sein Vermögen. „Die Leistung bestand darin, die Überlegenheit von Chelsea am Strafraum zu beenden. So endeten viele Angriffe der Engländer mit eher ungefährlichen Weitschüssen. Vor allem Lucio spielte überragend. Er löste die vielleicht undankbarste Abwehr-Aufgabe im europäischen Fußball mit Bravour – die, gegen Didier Drogba zu spielen. Lucio war dem kraftvollen Ivorer fast immer um einen Schritt voraus.“ Michael Ballack hingegen habe nur „ordentlich“ gespielt.

Kommentare

1 Kommentar zu “Gegen Barcelona: Die Angst des VfB Stuttgart vor der letzten Aktion”

  1. Stuttgart - Blog - 25 Feb 2010
    Freitag, 26. Februar 2010 um 10:21

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