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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ball und Buchstabe

Die Physik des Fußballs oder: So wird man Weltmeister

Frank Baade | Mittwoch, 14. April 2010 4 Kommentare

Ein neues Buch, alte, aber deshalb nicht uninteressante Erkenntnisse eines Physik-Professoren über bestimmte Kenngrößen und Abläufe im Fußball: Metin Tolan, der natürlich auch weiß, wer Weltmeister wird

Metin Tolans lange angekündigtes Buch „So wird man Weltmeister“ ist erschienen, zu dessen Inhalten gab er Matthias Hohnecker in der Stuttgarter Zeitung ein Interview. Diese dürften aber all jenen nicht neu sein, die sein merkantil clevererweise nicht mehr existierendes Blog „Querkraft“ damals aufmerksam verfolgt haben.

So erklärt er, dass der Fußball deshalb immer offen für den Zufall sei, weil im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten das Zielereignis (im Fußball ein „Tor“) so selten sei. Und er sei auch weiterhin „für diese Ungerechtigkeit durch wenige Tore. Sie hält das Spiel spannend. Wenn man Gerechtigkeit wollte, müsste man zum Beispiel die Tore größer machen. Wenn im Fußball eine nur halb so gute Mannschaft gegen ein doppelt so gutes Team spielt, liegt die Wahrscheinlichkeit immer noch bei rund 25 Prozent, dass die schwächere gewinnt. 25 Prozent! Im Handball mit durchschnittlich 60 Toren pro Spiel liegt diese Wahrscheinlichkeit bei 0,7 Promille. Deshalb bin ich gegen jede Reform, die Fußball gerechter macht – also zu mehr Toren führt. Ja, ich bin geradezu ein Feind von Toren im Fußball! Deswegen bin ich auch gegen elektronische Hilfsmittel.“

Neu ist allerdings der Vorschlag, wie man den Frauenfußball aus seiner weithin empfundenen Spannungslosigkeit wegen zu vieler fallender Tore herausholen könnte: indem man die Spielerinnenzahl erhöhte. Tolans Begründung hierfür wiederum lautet: Frauen sind etwa 10% langsamer als Männer, weshalb die Abstände zwischen den einzelnen Spielerinnen größer werden. Diesen Misstand empfiehlt er durch zwei zusätzliche Verteidigerinnen für jedes Team zu beheben — oder die Plätze zu verkleinern.

Ein Interview beim WDR mit Metin Tolan von Katrin Schlusen bietet eine Kurzversion des oben erwähnten Interviews.

Die meisten Inhalte sind allerdings tatsächlich schon älter und dürften bekannt sein, wie z. B. hier von Almut Steinecke bei Spiegel Online.

Andere Berechner kommen bei der Weltmeisterprognose allerdings zu anderen Ergebnissen als Tolan.

Visuell hervorragend verarbeitet wurden Teile der Erkenntnisse Tolans von Erz — nicht ohne neue Elemente zu ergänzen — bei der Kontextschmiede.

Kommentare

4 Kommentare zu “Die Physik des Fußballs oder: So wird man Weltmeister”

  1. erz
    Mittwoch, 14. April 2010 um 18:56

    Wow, ich empfinde die Nennung mal als Ritterschlag. Ich werde mich demütig der Weiterentwicklung argumentativer Trennschärfe im Fußballdiskurs widmen, auf dass ich dieser Ehre gerecht werde. Vielen Dank!

  2. Linksaussen
    Donnerstag, 15. April 2010 um 10:23

    man hätte vielleicht noch erwähnen sollen, daß laut tolan deutschland weltmeister wird – mit einem augenzwinkern, wohlgemerkt.

  3. Hartei
    Sonntag, 18. April 2010 um 12:16

    … und laut „castrolfootball“ hat nordkorea eine Chance von 0,0%. Soviel zu solchen Rechnern

  4. [Kreativername]
    Sonntag, 18. April 2010 um 13:06

    Vielleicht gerundet von 0,04 (oder gar etwas kleinerem)? Klar, eine Anzeige „kleiner als 0,xy %“ wäre deutlicher gewesen aber das finde Ich jetzt nicht soo dramatisch. (Slowenien, Algerien und Neuseeland liegen übrigens auch bei 0,0%)

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