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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Deutsche Elf

Wo ist Odonkor?

Jens Peters | Freitag, 7. Mai 2010 60 Kommentare

Die Presse vermisst nach der Verkündung des WM-Kaders die Überraschungen, beschäftigt sich mit Jogi Löws Ego und erkennt einen Bayern-Block, der Episches erwarten lässt.

Johannes Aumüller und Thomas Hummel (SZ) finden keine echte Überraschung im vorläufigen WM-Kader: „Ein waschechter Nobody ist unter den 27 Spielern des erweiterten WM-Kaders nicht zu sehen. Aber es muss in so einem Turnier-Kader ja auch nicht immer die ganz große Überraschung sein, wie zum Beispiel vor der WM 2006, als David Odonkor kam, oder vor der EM 2008, als Bundestrainer Joachim Löw den damaligen Zweitliga-Spieler Marko Marin berief – manchmal reichen ja auch schon kleine Überraschungen. Eine davon ist Dennis Aogo (23 Jahre/0 Länderspiele) vom Hamburger SV.“

Das sieht auch Alex Raack (11FREUNDE) so: „Odonkor war heute Mittag in Stuttgart ganz sicher keine Option für Joachim Löw, auch wenn der bei Betis Sevilla unter Vertrag stehende Offensivmann die 100 Meter vermutlich immer noch in unter acht Sekunden läuft. Löw hat Odonkor nicht nominiert. Und auch sonst keine Überraschungen aus dem Hut gezaubert.“ Experimente seien nicht erwünscht bei Löw. Er besinne sich auf „alte Löwen“, so der Autor: „Wer das nicht einsehen wollte, wurde spätestens dann überzeugt, als ein übertragender Nachrichtensender zeitgleich mit Löws Ausführungen einen Kommentar durch den Ticker am unteren Bildrand rauschen ließ: ‚Löw: Nominierung Ergebnis jahrelanger Analysen.‘“

Als hätte es nie eine Kuranyi-Debatte gegeben

Christoph Ruf (Spiegel Online) erkennt, dass Joachim Löws Ego den Ton angibt: „Das Team bin ich“ tituliert er und fragt sich, warum der Bundestrainer den Namen Kuranyi nicht einmal erwähnt: „War da was? Als hätte es keine Kuranyi-Debatte gegeben, präsentiert Joachim Löw seine Spieler für die WM. Von Kaderdiskussionen will er nichts wissen, rechtfertigt sein Auswahlprinzip – sein Signal an das Volk der Bundestrainer: Nur einer entscheidet, wie das beste Team für Deutschland aussehen muss.“ Statt sich der Diskussion zu stellen, wolle der DFB in Persona Löws die Anwesenden auf andere Art und Weise von der Richtigkeit der Entscheidungen überzeugen. „Ohne den Namen des 18-fachen Bundesliga-Torschützen nur ein einziges Mal zu nennen, erklärte Löw für seine Verhältnisse auffallend wortreich, nach welchen Kriterien er den Kader zusammengestellt hat. Er ließ sogar einen Imagefilm mit Sonnenuntergängen, Gnus, Elefantenbabys und Löwen zeigen, der seine Entscheidung bildmächtig untermalen sollte.“

Auch Stephan Klemm (Kölner Stadt-Anzeiger) beschäftigt sich mit der Nominierungsphilosophie des Bundestrainers: „Löw kann sein Personal nach seiner Façon – oder fußballmodedeutsch: nach seiner Philosophie – taktisch aufstellen. […] Für dieses Konzept braucht Löw aus einer Reihe von Gründen auch die Angreifer Mario Gomez, Miroslav Klose und Lukas Podolski. Ganz egal, wie formschwach sie sind. Aus der Sicht des zurzeit besseren Kevin Kuranyi ist das natürlich ein Unrecht. Und darin liegt auch ein Risiko. Den Nominierten ist gemeinsam, dass Löw ihnen viele Tore zu verdanken hat (Klose, Podolski) oder viele Tore von ihnen erwartet, irgendwann mal (Gomez). Insofern jedoch hat er sich für eine Dankes-Geste und ein Versprechen entschieden und vielleicht auch für eine Hoffnung.“

Bayern-Block als gutes Omen?

Klaus Hoeltzenbein kommentiert in der SZ den massiven Bayern-Block im Kader und wundert sich, dass ausgerechnet ein Holländer dazu beitragen musste: „Denn mit jedem Triumph, den der FC Bayern des Louis van Gaal seither feierte, wurde auch Löws Deutschland wieder besser. Obwohl Löws Deutschland spielfrei hatte.“ Gerade dies könne, so Hoeltzenbein, der Weg zum Erfolg sein: „Wer in Geschichte aufgepasst hat, weiß, dass es auf dem Weg zu einer erfolgreichen Fußball-WM zwei deutsche Wege gibt: den einen, den der Kaserne, mit unendlicher Trainingsfron […]. Und den anderen, den Lahm im Mai nun gehen muss, und der – Historiker erinnern momentan daran – geradewegs zu den WM-Titeln 1974 und 1990 führte. Beide Male stand eine starke Fraktion des FC Bayern im Kader. Und jetzt hat Löw auf das, was sich sportlich zwischen März 2010 und Mai 2010 entwickelte, reagiert, indem er zwei weitere Bayern-Profis (Butt, Badstuber) hinzuzog und das Bayern-Kontingent so auf sieben erhöhte.“

Jan Christian Müller moniert in der FR, dass der Konkurrenzkampf im Team wohl erst nach dem Eintreffen der Bayern-Spieler beginnt: „Dann stößt der Bayernblock mit sieben Spielern nach dem Champions-League-Finale am 22. Mai in Madrid zum Aufgebot. Unter anderem berief Löw auch die Offensivspieler Thomas Müller und Abwehrspieler Holger Badstuber aus München in seinen Kreis. Sie sind flexibel einsetzbar und strotzen vor Selbstvertrauen. Besonders der 20-jährige Müller erfährt hohe Wertschätzung beim Bundes-Jogi: ‚Er zeichnet sich durch Instinkt und Raffinesse aus und taucht immer wieder da auf, wo es dem Gegner wehtut.‘“

Erkennbares Leck beim DFB

Oliver Fritsch (Zeit Online) erkennt, dass es noch eine offene Frage gibt nach der Präsentation des Kaders gibt: „Wer wird nach René Adlers Absage die Nummer 1? Von Löw sind keine Bekenntnisse zu Tim Wiese oder Manuel Neuer überliefert. Hat sogar Jörg Butt eine Chance? In jedem Fall tritt Deutschland eine WM mit einem Mann zwischen den Pfosten an, der noch keine zehn Länderspiele absolviert hat. Ungewöhnlich im Torwartland.“ Kritisch sieht er die Rolle, die derzeit die Bild-Zeitung beim DFB spielt: „Nebenbei deutet sich eine Störquelle an: Die Bild-Zeitung ist in jüngster Zeit wieder erstaunlich früh und gut über Interna informiert, von Butts Nominierung wusste sie bereits gestern. Es gibt ein Leck beim DFB, das hatte sich bereits während der Amerell-Affäre offenbart. Ein schlechtes Zeichen.“

Zum Abschluss noch zwei kurze Beiträge fernab der Löw’schen Kadernominierung.

Die Final-Sperre gegen Franck Ribéry wollen die Bayern nun vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas anfechten. Jürgen Schmieder (SZ) geht der Frage nach Schuld und Sühne auf die Spur. Denn obwohl auch der gefoulte Lisandro Lopez den Franzosen entlastet, hatte die Uefa auch in der Berufung an der Drei-Spiele-Sperre nichts geändert. Jetzt will Bayern München, allen voran der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge, dafür sorgen, dass der Cas den Tritt Ribérys als grobes Foulspiel und nicht als Tätlichkeit wertet. Schmieder hat eine klare Meinung: „Es war ein grobes und vor allem unnötiges Foulspiel, das Ribéry da begangen hat, und selbst wenn die UEFA-Kommission die Sperre auf zwei Spiele reduziert hätte, wäre Ribéry im Finale der Champions League gesperrt gewesen. Eine Reduzierung auf nur ein Spiel galt schon vor der Verhandlung als unwahrscheinlich – dafür war die Hinausstellung doch zu eindeutig.“

Vor dem Abstiegsendspiel zwischen dem VfL Bochum und Hannover 96 hat die 11FREUNDE mit Christian Schulz von Hannover 96 über das Nervenduell am letzen Spieltag gesprochen. Es geht um den Druck vor einem solch existentiellen Spiel, aber auch um den schwierigen Saisonverlauf nach dem Tod von Robert Enke. „Eine solche Tragödie hatte es in der Form vorher im deutschen Fußball noch nicht gegeben. Robert war unser Torwart, unser Mannschaftskapitän, unser Leader ­– mit ihm hat sich die ganze Fußball-Stadt Hannover identifiziert. Und so eine immens wichtige Figur bricht während der Saison weg. Die Folgen spüren wir bis heute.“

Unter Mitarbeit von Matthias Nedoklan.

Kommentare

60 Kommentare zu “Wo ist Odonkor?”

  1. Peter Glock
    Dienstag, 18. Mai 2010 um 14:10

    Nach einem kurzen MOMENT des Schocks bin ich wider zuversichtlich.

    total gefühlt gedemütigt:
    Peter Glock

  2. Moritz
    Dienstag, 18. Mai 2010 um 14:18

    Sie behaupten doch, dass es gepasst hat. Es liegt an Ihnen, dies nun darzulegen. Wer die Lippen spitzt, soll gefälligst selber pfeifen.

    Werden Sie aber vermutlich nicht machen, sondern entweder eine weitere Frage stellen oder einfach drüber hinweggehen um später zu behaupten, es sei ja bewiesen worden.

  3. Peter Glock
    Dienstag, 18. Mai 2010 um 14:23

    Ich lasse es ab hier.

    Schwanzvergleiche sind Zeitverschwendung.

  4. Moritz
    Dienstag, 18. Mai 2010 um 16:10

    Also Möglichkeit zwei.

    Einfach drüber hinweggehen anstatt entweder einen Fehler einzugestehen oder die Richtigkeit der eigenen Schlußfolgerung darzulegen. Und als Sahnehäubchen dann noch so tun, als stünde man über den Dingen.

    Dafür gibt es ein wunderschönes Wort: Armselig.

  5. Peter Glock
    Dienstag, 18. Mai 2010 um 16:23

    Meine Fresse! FEHLER EINGESTEHEN! Weil ich einen Barbarismus nicht so angewendet habe, wie sie das für richtig halten? Und dann sich noch nicht mal erklären, wenn ich frage „warum“?

    Lassen wir es doch einfach sein.

    Alternativen zu einem Stürmer Podolski wurden, abgesehen von Hunt, nicht genannt.
    *ironie an* Und Hunts wahnsinnige Stärken hat man im Pokalfinale gesehen. Ganz große Leistung, muss unbedingt mit! *ironie aus*

    Alle Argumente meinerseits wurden nicht einmal ansatzweise diskutiert. Also hören Sie auf zu behaupten, ICH entzöge mich der Diskussion!

  6. Moritz
    Dienstag, 18. Mai 2010 um 17:06

    Bevor Sie zugestehen, dass „Tertium non datur“ nicht passte, winden Sie sich halt lieber endlos und sagen dann schön gönnerhaft: „Lassen wir es doch einfach.“

    Sie stellen einfach Behauptungen auf und wenn die jemand anzweifelt, fordern Sie dafür eine Begründung anstatt selbst argumentativ nachzulegen. So entziehen Sie sich mit ewiger Nachfragerei einer Diskussion. Nette Zermürbungstaktik. In Uni-Seminaren hat man solche Leute übrigens inbrünstig gehasst. Mit Recht.

    Btw.: Wie kann man einen Barbarismus „anwenden“?

  7. Peter Glock
    Mittwoch, 19. Mai 2010 um 00:43

    Was????

    Ich frage „warum“, weil ich etwas nicht weiß und sie werfen mir das vor?

    Wo sind wir denn?

    Es scheint Ihnen aber doch nur ums Rechthaben zu gehen und daher beende ich nun diese Pseudodiskussion meinerseits. Denn über Fussball wollen Sie nicht mit mir diskutieren und meine Fehler mir auch nicht erklären! Ich hoffe, dass Sie niemandem etwas beibringen müssen.

    Machen Sie es gut!

  8. Moritz
    Mittwoch, 19. Mai 2010 um 12:25

    Weswegen regen Sie sich nun so auf?

    Wenn Sie einen abstrakten Begriff verwenden, müssen Sie nunmal erklären können, was Sie darunter verstehen und weswegen er dann passt.

    Sie sind auch sicher intelligent genug um selbständig herauszufinden, was man unter tertium non datur versteht. Habe ich schließlich auch erstmal gemacht, nachdem Sie es locker in den Raum geworfen haben, ein gängiger Begriff ist das nicht gerade.

  9. Oliver Fritsch
    Donnerstag, 20. Mai 2010 um 11:05

    Hat jemand den Altherrenfußballer Frings am Samstag gesehen? Warum reden wir eigentlich nicht über dessen Sense an Schweinsteiger? Hat die nicht auch einen WM-Hintergrund wie das Foul Boatengs?

  10. Peter Glock
    Donnerstag, 20. Mai 2010 um 16:58

    Sie haben vollkommen Recht, Herr Fritsch, aber über Frings braucht man nicht mehr zu reden. 🙂

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