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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

WM 2010

Im Auftrag von Kim Jong Il

Jens Behler | Mittwoch, 9. Juni 2010 53 Kommentare

Die Fußballer Nordkoreas treten in Südafrika das schweres Erbe von 1966 an, als sie bis ins Viertelfinale kamen. Kameruns Kapitän Samuel Eto’o hat seine ganz eigenen Wünsche an das Turnier am Kap

Bernhard Bartsch (FR) beschreibt die schwierige Mission der Fußballer Nordkoreas in Südafrika: „Nordkoreas Nationalspieler treten in Südafrika nicht nur im sportlichen Wettbewerb an, sondern soll auch im politischen. Sie sollen das miserable Image ihrer Heimat aufpolieren und ihrem ‚Geliebten Führer’ Kim Jong Il wenn schon nicht den Pokal, so doch wenigstens viele Sympathiepunkte mit nach Hause bringen.“ Eine besondere Rolle kommt dabei Stürmer Jong Tae Se zu. Er ist der Star des Teams, der „Wayne Rooney des Volkes“: „Jongs Verpflichtung ist für Pjöngjang sportlich wie politisch ein Coup, denn er ist einer der wenigen Auslandskoreaner, die sich offen und freiwillig zu Nordkorea bekennen. In Japan als Sohn eines nordkoreanischen Vaters und einer südkoreanischen Mutter geboren, besitzt er die nord- und die südkoreanische Staatsangehörigkeit. Obwohl Jong auch in Südkorea ein Star ist und dort Werbeverträge hat, besteht er darauf, Nordkoreaner zu sein.“ Ob die Fans in der Heimat allerdings ihre Lieblinge in Südafrika bestaunen können, steht noch in den Sternen, denn die Übertragungsrechte für die ganze koreanische Halbinsel liegen bei einem südkoreanischen Privatsender, der diese diesmal allerdings nicht umsonst weitergeben will: „Die teuren Rechte kann sich Pjöngjang zwar kaum leisten – aber notfalls die Übertragung auch einfach aus einem anderen Land klauen. Selbst wenn die Fußballer sich einer sauberen Spielweise rühmen – ihre Regierung ist für ihre Fouls berüchtigt.“

Donald McRae vom englischen Guardian sprach mit Kameruns Kapitän und Superstar Samuel Eto’o über die erste Fußball WM auf dem afrikanischen Kontinent, Roger Milla und Rassismus in europäischen Stadien. Besonders das Problem Fremdenhass, hofft Eto’o, könnte durch die Weltmeisterschaft aufgeweicht werden: „Ich hoffe, dass es einen Wandel gibt, denn ich habe dieses Jahr in Italien darunter sehr gelitten. Rassismus ist aber auch in anderen Ländern ein großes Problem. Um diese Belohnung [WM in Südafrika] jedoch zu erhalten, musst du es aushalten. Und jetzt spielen wir in dem Land, in dem mein Idol Nelson Mandela lebt. Das ist unglaublich.“

Nachdem mit dem Portugiesen Nani ein weiterer prominenter Fußballer die Weltmeisterschaft verletzt absagen musste, müssen sich nun auch langsam die Sponsoren und Sportartikelhersteller Sorgen machen, meint Peter Ahrens (SpOn): „Trotzdem ist die Ausfallliste vor allem für die werbetreibende Wirtschaft schlecht: Ballack, Drogba, der verletzte Beckham oder der nicht für Brasilien berücksichtigte Ronaldinho – das sind die Big Seller für die Sportartikelausrüster, Kreditkartenfirmen und Limonadenbrausen-Konzerne dieser Welt. Wenn jetzt noch der angeschlagene Arjen Robben nicht mehr rechtzeitig fit würde und der portugiesische Überstar Cristiano Ronaldo sich eine kurzfristige Blessur abholte, bliebe zum Komplett-Vermarkten fast nur noch der Argentinier Lionel Messi übrig – und der Superstar des FC Barcelona ist keiner, der richtig gut in die Raster der Vermarktungsindustrie hineinpasst. Zu unscheinbar, zu wenig Show, zu wenig Glamour. Er ist einfach nur der beste Fußballer der Welt.“

Kommentare

53 Kommentare zu “Im Auftrag von Kim Jong Il”

  1. Moritz
    Montag, 28. Juni 2010 um 10:46

    @Peter Glock:

    Alles wird zur Bedrohung, wenn man es ins Extreme weiterführt.

    Im Übrigen halte ich die Studiengebühren in der jetzigen Höhe für gut vertretbar. Bildung ist in Deutschland weiterhin günstig und es muss auch Grenzen für die Finanzierung von besseren Berufs- und damit Einkommenschancen durch die Allgemeinheit geben, ein fremdfinanziertes Studium ist nunmal kein Selbstzweck.

    Das war es hier für mich, falsches Forum für solche Themen.

  2. Peter
    Montag, 28. Juni 2010 um 13:21

    @moritz
    Das ist leider schon sehr real, was ich da geschrieben habe…

    Und NOCH ist die Bildung günstig, noch…

    Wehret den Anfängen

    Es gibt nur ein nachvollziehbares Modell: Hamburg! Da zahlt man, wenn sich das Versprechen vom besseren Leben durch Bildung erfüllt hat!

  3. Peter
    Dienstag, 29. Juni 2010 um 23:30

    Nebnbei: Fremdfinanziertes Studium???

    Na dann würde ich bitte dann auch so weit gehen:

    Da wir Chancengleichheit wollen, sollen alle Menschen den gleichen Start ins Leben haben:
    Verbot von Bildungsfinazierung durch Eltern und Verbot von Vererbung von Wertsachen.

    Dann können Sie gerne so hohe Studiengebühren einführen wie Sie wollen: dann merken auch die Kinder reicher Eltern, wie ihr Leben eine Mühle wird.

    Wobei ich nicht behaupten will, dass das Leben von Kindern reicher Eltern nicht ohnehin eine Mühle der anderen Art ist.

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