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WM 2010

Effizienz ist der neue Hackentrick

Jan-Carl Ronnecker | Dienstag, 29. Juni 2010 Kommentare deaktiviert für Effizienz ist der neue Hackentrick

Brasilien setzt sich abgeklärt und ungefährdet gegen stürmische Chilenen durch; bei Holland ist Robben zurück in der Startelf und leitet sofort den Sieg gegen die Slowakei ein

Nach dem souveränen 3-0 Sieg Brasiliens gegen Chile ist sich die Presse in der Bewertung der brasilianischen Leistung uneins.

Paul Wilson (Guardian) ist bereit, sich begeistern zu lassen: „Brasilien zeigte sich unbändig in diesem Spiel, lehnte sich trotz eines Drei-Tore-Vorsprungs nicht zurück und gab Kostproben der berühmten Angriffsvirtuosität, von der es doch hieß, Dunga hätte sie erstickt. Wenn sie müssen, können sie es. Gegen ein bereits zur Halbzeit geschlagenes Chile, spielten die Brasilianer die 2. Halbzeit mit angezogener Handbremse, in dem Wissen, dass jetzt größere Brocken warten.“

Viel Präzision und ein bisschen Kunst

Weniger Ballkunst, dafür erhöhte Kaltschnäuzigkeit sieht Tim Jürgens (Tagesspiegel): „Brasiliens Ballstafetten im Mittelfeld wirkten, als kickten ein paar Rentner nach Feierabend im Sand der Copacabana, aber nicht wie die Creme de la Creme des Weltfußballs in einem Achtelfinale einer Weltmeisterschaft. Ziellos passten sie sich den Ball immer wieder zu. Es war wohl Teil einer ausgeklügelten Ermüdungstaktik. Denn mit der Zielgenauigkeit einer aus dem Unterholz hervorschnellenden Schlange, kamen die Brasilianer in dieser fast mysteriös anmutenden Verkettung spielerischer Banalitäten immer wieder zu Torerfolgen.“

Roland Zorn (faz.net) kann beides erkennen, Glanz und Effizienz, und hält das für eine erfolgversprechende Mischung: „Nur in der ersten halben Stunde hatte die Selecao gegen ihren südamerikanischen Nachbarn ein paar kleinere Probleme, setzte sich dann aber deutlich von den stets bemühten Chilenen ab. ‚Wir haben heute sehr gut gespielt – und nun sind wir auf einem guten Weg‘, sagte Fabiano. ‚Das war schwer heute. Aber gegen die Holländer wird es noch schwerer.‘ Kaká und Robinho lieferten vor 54.000 Zuschauern den Glanz, während die Abwehr um Lucio und den sehr starken Juan den Zu-Null-Erfolg mit fehlerloser Arbeit abrundete. Macht die Mannschaft von Trainer Carlos Dunga nur so weiter, muss sich die Konkurrenz schon sehr strecken, um diese Brasilianer noch aufhalten zu können.“

Clockwork Orange

Arjen Robben steht 23 Tage nach seinem Muskelfaserriss wieder in der Startformation und bringt Holland mit einem seiner typischen Tore auf die Siegerstraße.

Frank Hellmann (FR) kommt das bekannt vor: „Im Grunde ist der Flügelflitzer mit seinen Finten und Finessen weltweit bis ins Detail durchleuchtet – nichtsdestotrotz ließen sich zwei Bundesliga-Kollegen, Hannovers Jan Durica und der Mainzer Radoslav Zabavnik, bei der Schlüsselszene wie tumbe Marionetten vorführen. ‚Ich habe nur auf den richtigen Moment zum Schuss gewartet‘, sagte Robben nach dem Volltreffer in altbewährter Manier.“

Auch bei ihrem vierten Auftritt blieben die Holländer ihrem neuen nüchternen Stil treu, schreibt Christian Eichler (faz.net): „Trotz der Führung blieb ein Offensiv-Feuerwerk der Holländer aus. Sie spielten die Partie zunächst mit dem für sie neuen, kühlen Kontrollfußball herunter, der in erster Linie die Räume besetzen und das Tempo bestimmen will. Gegen das starke defensive Mittelfeld mit Mark van Bommel und Nigel de Jong kamen die Slowaken bis zur Pause nicht durch. Damit gaben sich die Holländer zufrieden und nahmen in Kauf, dass sie mit einem eher langsamen, sicherheitsorientierten Aufbauspiel nur zu ein paar Halbchancen kamen, vor allem durch van Persie, dem im Abschluss aber die Giftigkeit fehlte.“

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