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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ball und Buchstabe

Störenfriede unerwünscht, el numero siete und die Leichtigkeit des Patriotismus

Kai Butterweck | Mittwoch, 30. Juni 2010 1 Kommentar

Die Presse beschäftigt sich mit den Gründen des Ausscheidens dreier großer Mannschaften, mit der deutschen „Umlaut-Elf“ und der wiedergekehrten Vaterlandsliebe

Die Teams, bei denen es insbesondere neben dem Platz hoch her ging, haben sich mittlerweile alle aus dem Turnier verabschiedet. Diese „Nebenkriegsschauplätze“ haben nach Ansicht von Roland Zorn (Faz.net) großen Fußballnationen wie Frankreich, Italien und England das Weiterkommen gekostet: „Diese drei Nationalteams aus den Herrschaftshäusern des alten Europa mussten, weil sportlich erniedrigt, vor der Zeit zurück nach Haus und dort den Spott und Hohn ihrer frustrierten Landsleute ertragen. Die jetzt noch miteinander um die Krone im Weltfußball kämpfen, glänzen nur auf dem Rasen, machen aber jenseits der Stadien keinerlei boulevardtaugliche Schlagzeilen.“ Bei allen verbliebenen Mannschaften stünde „die Effektivität und Ökonomie des Handelns und die Pflege des teaminternen Korpsgeistes über allem. Abweichler, Kritiker, gar Störer sind in diesen Hochleistungsensembles weder gefragt noch irgendwie zu integrieren. Die acht Teams, die hiergeblieben sind, haben sich bei dieser WM von nichts und niemandem ablenken lassen – und damit gute und ganze Arbeit geleistet. Um sie zu noch zu veredeln, bleiben alle möglichen Nebenschauplätze bis auf weiteres geschlossen.“

Deutsche Sprachverwirrung auf Spielerbögen

Boris Hermann (Berliner Zeitung) beschäftigt sich indes mit Umlauten innerhalb der Namen im deutschen Kader und stellt Folgendes fest: „In den ruppigen Zeiten von Karl Allgower, Lothar Mattaus und den Forster-Brudern hat die deutsche Mannschaft die Fernseh- und Radioreporter dieser Welt noch vor größere Komplikationen gestellt. Inzwischen haben diese Reporter die deutsche Umlaut-Elf aber so sehr ins Herz geschlossen, dass sie unfallfrei über Özil und Löw hinweggehen, ja selbst Per Mörtesacker mit zwei Pünktchen aussprechen. Den bei weitem kreativsten Umgang mit der deutschen Sprachverwirrung auf Spielerbögen hat allerdings der chilenische Fernsehsender Chilevision bewiesen. Bei der Übertragung der Fußball-EM 2004 war das. Nach mehreren missglückten Versuchen, den Namen von Bastian Schweinsteiger auszusprechen, einigen sich alle Kommentatoren darauf, im weiteren Verlauf des Turniers nur noch ‚El numero siete‘ zu sagen, die Nummer sieben.“

Vaterlandsstolz als Selbstverständlichkeit

Die Unterstützung für Löws Elf kennt – wie schon vor vier Jahren – keine Grenzen. Miriam Hollstein (Welt Online) beobachtet eine Nation, die sich mit Vaterlandsstolz schmückt: „Da ist es wieder, das Gefühl von 2006. Die unerhörte Leichtigkeit des Patriotismus. Nur dass sie diesmal mit einer größeren Selbstverständlichkeit daherkommt. Vor vier Jahren löste das neue Phänomen zunächst Verwunderung aus. Dann Unsicherheit. Eine Deutschlandflagge am Auto – schickt sich das überhaupt? Solche Fragen stellt sich heute keiner mehr. Kinder gehen mit Deutschland-T-Shirt zur Schule. Autos tragen neben der Flagge hässliche kleine Deutschlandhüllen um die Spiegel. Es wäre aus stiltechnischem Grund sicher falsch, vom schönen Gesicht des Patriotismus zu sprechen, das wir gerade wieder einmal erleben. Vom freundlichen aber allemal.“

Georg Leppert (Frankfurter Rundschau) sprach in Südafrika mit einem deutschen Fan über dessen bisherigen Eindrücke. Peter Franke erhoffe sich vor allem mehr Unterstützung der deutschen Fans im Viertelfinale gegen Argentinien, denn „gegen England fühlte sich der Bochumer ein wenig einsam. 2000, 3000 deutsche Fans waren im Stadion. Um die 15000 Engländer sorgten dafür, dass ihre Gesänge lange Zeit kaum zu hören waren.“ Das habe aber nach Meinung von Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte, bestimmte Gründe: „Dass nicht mehr deutsche Fans nach Südafrika flogen, wundert Gabriel nicht. Eine WM auf einem anderen Kontinent sei eben beschwerlich, ‚man muss viel organisieren, sich um vieles kümmern.‘ Da blieben viele lieber daheim. Und verpassen laut Gabriel einiges. Zumal das Thema Sicherheit, anders als befürchtet, keine Rolle spiele. Bei der EM 2004 in Portugal seien weit mehr Fans Opfer von Straftaten geworden als bei der WM in Südafrika. Wobei Gabriel weiß, dass das Turnier kein Maßstab für die Sicherheitslage im Land ist.“

Kommentare

1 Kommentar zu “Störenfriede unerwünscht, el numero siete und die Leichtigkeit des Patriotismus”

  1. Peter
    Donnerstag, 1. Juli 2010 um 22:47

    Hier die Mannschaftsaufstellung auf Spanisch
    (ins Deutsche zurücktranskribiert):

    Mannuell Noya!

    Arne Frittritsch!
    Perr Merrtessakka
    Filipe Lamm
    Olger Badss-tuber /Cheromme Boaten

    Bastiann Seweins-teigerr
    Sammi Kedira
    Messutt Ossil
    Tommass Muuler

    Mirroslav Klosse
    Lukas Podolki

    auf der Ersatzbank:

    Tim Wisse
    Petr Trochowki
    Marko Marinn

    Chorche But
    Sserdar Takki
    Dennis Aogo
    Marcell Yanssen
    Toni Kross
    Mario Gomez
    Stäfann Kiesslikk

    So einfach schaut es wohl doch nicht aus 🙂
    Außer bei Mario Gomez natürlich

    Aber wenn ich mir da mal die Aussprache der deutschen Reporter ansehe, wenn es um die Spieler anderer Nationen geht… hihi

    Xavi: Heißt der jetzt Chawi, Schawi oder Tschawi?

    Richtig wäre: Tschavi oder Tschabi

    Den Spass mit den spanischen Namen haben wir dann wieder am Samstag gegen Argentinien…

    Igwain? Higu-ain? Higain?

    Igwain

    Oder Demichelis: Demitschelis oder Demikelis?

    Demitschelis

    Ob das unsere Reporter hinkriegen?

    Ich finde das ganz schön, wenn im Videotext von La Sexta weiterhin „Werder Wremer“ steht, wenn dieser Verein CL spielt…

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