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DFB-Pokal

Einer geht noch rein

Kai Butterweck | Donnerstag, 23. Dezember 2010 Kommentare deaktiviert für Einer geht noch rein

Die Presse beschäftigt sich mit der neuerlichen schwäbisch-bayerischen Torflut und den Ecken und Kanten des Schalker Aufschwungs

Martin Vogt (Focus Online) tadelt die Defensivabteilung der Bayern und plädiert für unkonventionelle Hilfsmaßnahmen: „Insgesamt zappelte bei diesem 6:3 der Ball ein paar Mal zu oft im Tornetz, als dass man dies noch Zufall nennen könnte: Hier standen sich zwei Teams gegenüber, die ihren Angriff erheblich konstruktiver hinbekommen als die Verteidigung. Vielleicht sollte der FC Bayern darüber nachdenken, eine Anleihe beim American Football zu nehmen, wo sich ein Spezialist um die Verteidigung kümmert. Wie wäre es mit dem früheren Bayern-Trainer und bekennenden Abwehr-Fan Otto Rehhagel als Defense-Coach, während sich Cheftrainer Louis van Gaal als Chef um Ballzirkulation und das schöne Spiel nach vorne kümmert? Anzuraten wäre es dem Meister, der gerne vorne hui und hinten pfui spielt, eine 2:0-Führung verspielte, später den 3:3-Ausgleich kassierte und erst in der Schlussphase davonzog, als Stuttgart längst dezimiert war und sein Spiel öffnen musste.“

Anlass für einen Eilantrag

Maik Rosner (Berliner Zeitung) zeigt sich berauscht: „Wie schon am Sonntag luden sich beide Mannschaften durch Fehler in der Defensive gegenseitig zu Chancen ein. Und wie schon am Sonntag entstand daraus ein torreiches Spektakel, das genug Anlass für einen Eilantrag bei der Deutschen Fußball Liga und dem Deutschen Fußball-Bund bot. Vielleicht sollte über eine satzungsmäßig vorgeschriebene bayerisch-schwäbische Woche kurz vor der Winterpause nachgedacht werden.“

Nach Ansicht von Michael Ashelm (FAZ.net) steht bei den Bayern noch viel Arbeit an: „Mit einem guten Gefühl dürften die Bayern nicht in die kurze Winterpause gehen, so wie es ihr Trainer Louis van Gaal eigentlich eindringlich gefordert hatte. Der Holländer bestand vor dem Spiel auf einem schönen Sieg,  konnte aber nach dem Spiel wieder mal nicht den Eindruck bekommen, dass seine Elf fit ist für die ganz hohen Aufgaben in dieser Saison. Die Darbietungen der Münchner Stars auf dem durchweichten, teils matschigen Boden ließen über weite Strecken zu wünschen übrig. Es gibt da im Bayern-Lager noch viel zu tun.“

Alle haben sich wieder lieb

Carlos Ubina (Stuttgarter Zeitung) freut sich über den zurückgekehrten Schmusekurs zwischen der Stuttgarter Mannschaft und seinen Anhängern: „Die Bitte von Erwin Staudt, die Mannschaft jetzt nicht im Stich zu lassen, wurde also erhört. Zwar pfiffen die Fans den Präsidenten am Sonntag für seinen über Megafon gesendeten Hilferuf gnadenlos aus, aber drei Tage später kam es doch zum Schulterschluss. In dieser Zeit hat sich bei den Anhängern offenbar die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Sturz ins Bodenlose nur gemeinsam verhindert werden kann. Am Ende fiel die Stuttgarter Pokalniederlage gegen die Bayern noch mit einem Tor höher aus als die Bundesligapleite, was der Verbrüderung zwischen Fans und Mannschaft aber überhaupt nicht im Wege stand. Unter der Führung des Trainers Bruno Labbadia drehten die VfB-Spieler im Stadion zwar keine Ehrenrunde, aber immerhin eine Dankesrunde.“

Die Debatte um Neuer stört den festlichen Frieden

Maik Rosner (Berliner Zeitung) entdeckt ein Haar in der Aufschwungs- Suppe der Schalker: „ Und weil auch in der Bundesliga nach zähen Wochen der Tristesse die Europapokalplätze langsam in Sichtweite gekommen sind, hat sich ein königsblauer Weihnachtsfrieden eingestellt. Ein wenig gestört wird der festliche Friede durch die anhaltende Debatte um Neuers Zukunft. Nach einem Spiel, das lange wenig ansehnlich war, eine turbulente Hinrunde aber versöhnlich abschloss. Wenn sich Magath und die Mannschaft im neuen Jahr wiedersehen, wird es wohl so ähnlich weitergehen. Die Tendenz spricht für einen weiteren sportlichen Aufschwung. Die hart erarbeiteten körperlichen Grundlagen haben Magath ja auch schon anderswo erfolgreiche Rückrunden beschert. Die Debatte um Neuers Zukunft dürfte ebenfalls an Fahrt gewinnen. Mit einem Makel aus Magaths Sicht: Er kann mit einer Freigabe Neuers nicht kokettieren.“

Jörg Strohschein (Tagesspiegel) beschäftigt sich mit dem Kampf um die Dienste des Nationaltorhüters: „Spätestens seit der WM in Südafrika hat sich schließlich auch international herumgesprochen, dass der gebürtige Gelsenkirchener einer der talentiertesten Torhüter ist. Magath bezeichnete ihn zuletzt sogar als den besten Torwart der Welt. Die Branchengrößen FC Bayern München und Manchester United haben nachhaltiges Interesse. Die Münchner sollen bereit sein, eine Ablöse von 15 Millionen Euro zu zahlen. Die Engländer sind es ohnehin gewohnt, Ablösesummen im zweistelligen Millionenbereich zu überweisen und exorbitante Gehälter zu zahlen. Magaths öffentlich zur Schau getragene Überzeugung in Sachen Neuer dürfte gleichzeitig auch der Versuch sein, den Preis für seinen besten Spieler in die Höhe zu treiben, sollte er ihn nicht von einem Verbleib überzeugen können. Der Poker um Manuel Neuer hat nun endgültig begonnen.“

Magath der Kindergarten-Cop

Jörg Hanau (FR) bemitleidet die Untergebenen von Felix Magath: „Angst und Schrecken flankieren seinen Weg durch die Bundesliga. Angetrieben von einem fast schon pathologischen Misstrauen, sorgt er für Zucht und Ordnung und wechselt Spieler wie seine Brillengestelle. Als S04 in Kaiserslautern mit 0:5 vom Betze geschossen worden war, reagierte die Schalker Allmacht nicht etwa nur mit Straftraining, Magath verkürzte flugs die Weihnachtsferien für die Herren Profis um fünf Tage. Kleine Kinder hätte man früher sinnfrei in die Ecke gestellt. Seither siegt sich Schalke allerdings nicht nur durch die Bundesliga. Neun Punkte aus den letzten drei Spielen und der Sprung auf Platz zehn, als Gruppensieger ins Achtelfinale der Champions League eingezogen − und zu guter Letzt überwintert Schalke auch im DFB-Pokal. Königsblau ist zurück in der Spur und Magath entpuppt sich als Kindergarten-Cop. Statt am Montag müssen seine Spätpubertierenden nun doch erst am 2. Januar wieder antreten.“

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