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Bundesliga

Michael Ballack und Louis van Gaal auf dem Abstellgleis

Kai Butterweck | Montag, 7. März 2011 10 Kommentare

Die Presse beschäftigt sich intensiv mit der Zukunft von Michael Ballack und Louis van Gaal. Außerdem: Hannover im Freudenrausch

Christiane Mitatselis (Tagesspiegel) wünscht sich mehr Teamgeist von Michael Ballack: „Wie alle Rekonvaleszenten soll sich der alternde Star über Kurzeinsätze empfehlen. Ballack vertritt aber die Ansicht, dass er am schnellsten wieder fit wird, wenn er viel spielt – möglichst von Anfang an. Das hat er zuletzt mehrfach betont. Dass Ballack nun gegen Wolfsburg nicht auf der Bank sitzen wollte, lässt ihn als Egoisten erscheinen. Schließlich fehlten Sami Hyypiä und Hanno Balitsch, die an Magen- Darm-Infekten erkrankt sind, der gesperrte Arturo Vidal sowie der noch nicht fitte Tranquilo Barnetta.“

Daniel Theweleit (Berliner Zeitung) fordert Verständnis für den Bayer-Star: „Allerdings kann man auch Ballack verstehen, der sich während des vergangenen Jahrzehnts als ganz besonderer Spieler fühlen durfte und in Leverkusen auch als ganz besonderer Spieler präsentiert wurde. Grundsätzlich ist er wieder gesund, andere Trainer würden so einer Führungskraft viel Spielpraxis geben, damit sie möglichst schnell in Form kommt. Dieses Vorgehen wünscht sich Ballack, mit Heynckes ist das aber nicht zu machen.“

Einer der beiden wird Bayer wohl verlassen

Philipp Selldorf (SZ) mutmaßt über die gemeinsame Zukunft von Jupp Heynckes und Michael Ballack: „Dass Ballack sich in den nächsten anderthalb Wochen drauf konzentrieren soll, eine wettbewerbsfähige Fitness zu erreichen, klingt vernünftig. Leider nicht besonders glaubhaft. Immerhin gewinnt man so etwas Zeit, um zu planen, wie es weitergehen soll. Aber dass sich Heynckes auch im nächsten Jahr auf die undankbarste Weise am Schlusskapitel von Ballacks Karriere abarbeitet, das ist unwahrscheinlich. Einer der beiden wird Bayer wohl verlassen.“

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Frank Nägele (FR) schmunzelt über die Ballack-Posse: „Für die Erklärung des außergewöhnlichen Vorgangs wandte die Klubführung viel Fantasie auf. Essenz der rührenden Geschichte: Nachdem sich abgezeichnet hatte, dass Heynckes korrekt nach Leistungsprinzip Lars Bender und nicht Ballack neben Simon Rolfes im defensiven Mittelfeld würde spielen lassen, obwohl Arturo Vidal gegen Wolfsburg gesperrt und Hanno Balitsch erkrankt war, entschied Ballack für sich selbst und in Übereinstimmung mit der sportlichen Leitung, dass er von der Bank aus nicht helfen könne. Diese Mannschaft, in der zwei kranke Spieler 90 Minuten absolvierten und die am Spieltag noch Sami Hyypiä mit Magen-Darm-Virus verloren hatte, war von Ballack , wenn er es denn selbst entschieden hat, im Stich gelassen worden. Und das in einem so wichtigen Spiel.“

Die Grenzen der Loyalität sind nahezu ausgereizt

Klaus Hoeltzenbein (SZ) verabschiedet Louis van Gaal: „Selbst Hannover 96 fiel es leicht, das immergleiche Bayern-Schema zu decodieren. Würde sich der FC Bayern – sei es sofort oder doch erst am Ende der Spielzeit – von Louis van Gaal lossagen, wäre dies kein Königsmord. Denn die Grenzen der Loyalität sind nahezu ausgereizt.“

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Andreas Burkert (sueddeutsche.de) wagt einen Blick in die Zukunft: „Van Gaals vorzeitiger Abschied zum Sommer und das zweite Comeback eines guten alten Bekannten zur nächsten Saison gelten  intern auch nach der Sonntagsdebatte als nicht mehr abwegig: die Rückkehr von Jupp Heynckes, der vielleicht auch deshalb noch nicht in Leverkusen verlängerte. Es soll bereits Kontakte zum 65-jährigen Trainer gegeben haben, der allerdings nicht einziger Kandidat für nächste Saison ist.“

Geht er, nimmt er sein System mit

Christian Spiller (Zeit Online) warnt die Bayern-Bosse vor einer Entlassung von Louis van Gaal: „Der FC Bayern ist van Gaal taktisch ausgeliefert. Geht er, nimmt er sein System mit. Es bleibt: nichts. Das Münchner Spiel müsste neu erfunden werden. Für einen Nachfolger in den wenigen Wochen der Restsaison wäre das nicht zu schaffen. Zumal die Kandidaten bisher nicht durch visionäre Konzepte auffällig geworden sind. Es fällt schwer, sich an die Trainerhandschrift eines Matthias Sammer zu erinnern. Auch bei Ralf Rangnick klafften in seiner späten Hoffenheimer Zeit Anspruch und Wirklichkeit deutlich auseinander. Es wird Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge nicht gefallen: Aber Louis van Gaal als Bayern-Coach ist vorerst, so würde Kanzlerin Merkel es ausdrücken, alternativlos.“

Christian Eichler (FAZ) skizziert den perfekten Bayern-Trainer: „Er muss eine paradoxe Fähigkeit mitbringen: David und Goliath zugleich sein. Einerseits braucht er eine imposante Erscheinung, eine solche Aura, dass ihn die Stars eines 100-Millionen-Euro-Kaders hundertprozentig respektieren. Andererseits muss er fähig und willens sein, sich klein und unscheinbar zu machen, damit er nicht mit den großen Egos in der Klubführung kollidiert. Diese Aufgabe ist noch komplizierter, seit Uli Hoeneß vom Manager, der im Tagesgeschäft präsent war, zum fernen, schwer durchschaubaren Präsidenten geworden ist – einem, der seine vernichtenden Blitze zweimal unvorhersehbar Richtung Trainer schoss wie Zeus vom bayrischen Olymp.“

Die Hannoveranisierung des Landes schreitet voran

Sven Goldmann (Zeit Online) hievt die Niedersachen-Metropole ins Rampenlicht: „Die Hannoveranisierung des Landes ist schleichend vorangeschritten. Aber es gab frühzeitig Signale. Von den Scorpions, einer lokalen Rockband, die 1989 Glasnost und Perestroika zur weltweiten Wende-Hymne  `Wind Of Change`vertonten. Aus Monaco, dessen Fürstenhaus in Gestalt von Prinzessin Caroline bei Ernst August von Hannover einheiratete. Oder aus Nürnberg, wo das Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung vor ein paar Jahren Geldscheine aus allerlei deutschen Städten auf Drogenspuren untersucht hat. Dabei kam heraus, dass nicht etwa in München, Berlin oder Hamburg am meisten gekokst wird. Sondern in … Hannover! München landete ganz weit hinten, was sich schwer verträgt mit dem Ruf einer Schickeria-Metropole.“

Christian Otto (taz) freut sich mit der Elf von Mirko Slomka: „Das 96-Team stemmte sich nicht gegen eine drohende Niederlage, sondern erspielte sich einen Sieg, den dieser Mannschaft – wie so manch anderen in der laufenden Saison – kaum einer zugetraut hatte. Jetzt steht die mit unbekannten und günstigen Profis verstärkte Mannschaft vor einer, wie es Verteidiger Christian Schulz bezeichnet, historischen Chance. Fünf Punkte Vorsprung in der Tabelle auf einen verunsicherten Verfolger, der FC Bayern München heißt – der Jubel, der aus der Kabine von Hannover 96 zu hören war, ließ erahnen, dass ein lange Zeit belächeltes Kollektiv seinen neuen Status so lange wie möglich auskosten will.“

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Kommentare

10 Kommentare zu “Michael Ballack und Louis van Gaal auf dem Abstellgleis”

  1. augelibero
    Montag, 7. März 2011 um 13:41

    LvG führt die Bayern-Riege in bisher unvorstellbarer Weise vor. Sportlich ist er längst gescheitert, in der Debatte zu „Die Kraft-Probe“ (13.1.2011) sind alle – von den unnützen Fußballfeuilletonisten der großen Blätter mittlerweile auch debattierten – Schachpunkte bereits prognostiziert.

    Alles ist eingetreten, es war zwangsläufig.

    Nun haben wir aber einen bisher unvorstellbaer Fall: LvG hat das Personal (Lucio & Demichelis verscheuert, van Bommel verschenkt!) so ausgedünnt, dass kein anderer Trainer etwas anderes machen kann als stupiden LvG-Fußball. Der nächste Bayer-Trainer kann nur Altintop statt Ottl und Pranjic ins zentrale Mittelfeld stellen, zu den trotteligen Azubis in der Abwehr gibt es keine (!) personelle Alternative. Deshalb ist es wurscht, welchen Trainer man hat: LvG selbst, Prof. Rangnick oder Johannes B. Kerner – alle gleich kompetent!

    Ein großer Trainer ist im Moment nicht zu bekommen. Denn kein Profi übernimmt die Verantwortung für diesen Haufen und wird mit ihm 4. oder 5.

    Mehr ist nicht drin.

    Für alle, die Bayern nicht mögen, ein schöner Filmtipp: FREMDER OHNE NAMEN mit Clint Eastwood.

  2. Manni
    Montag, 7. März 2011 um 15:06

    Irgendwie scheint es normal und zur Randnotiz verkommen zu sein, dass Mainz sich auf Pltz vier vor die Bayern geschoben hat …

    … vor allem nach einem solch extrem unterhaltsamen Spiel!

  3. Tam Tam
    Montag, 7. März 2011 um 15:48

    Aus einem der oben zitierten Artikel: „Der FC Bayern ist van Gaal taktisch ausgeliefert. Geht er, nimmt er sein System mit. Es bleibt: nichts. Das Münchner Spiel müsste neu erfunden werden.“

    Ich bin ja nun seit 3 Wochen auch schon 30, vielleicht liegt es an meinem Alter, aber langsam werde ich all dieser Artikel müde, die jede Woche wieder das Maximum ausrufen, Untergang oder das beste Team aller Zeiten. Ich dachte, der freistoss wollte eben genau das Filtern für uns übernehmen, damit wir solche durchschaubaren Hokopokus-Artikel nicht mehr lesen müssen.

  4. prazzomoto
    Montag, 7. März 2011 um 19:38

    Was sollen eigentlich immer diese seltsamen Amazon-Anzeigen mit scheinbarem Fussballbezug?

  5. gecko
    Montag, 7. März 2011 um 19:44

    @tam tam: danke für deine worte

  6. Guy Simonow
    Dienstag, 8. März 2011 um 11:03

    @prazzomoto
    Wir versuchen unsere Leser zu animieren, einen Amazonlink von uns zu benutzen, um bei Amazon einzukaufen. Mit jedem Einkauf der über unsere Seite getätigt wird, wird der freistoss finanziell unterstützt.
    Damit wir nicht nur als stumpfe Affiliatetypen dastehen, versuchen wir einen mehr oder weniger humoristischen Produkt-Artikel-Bezug herzustellen. Eine Stunde nach einem Klick auf den Link, kommt ein Amazoneinkauf uns zugute. Wir hoffen, irgendwann wenigstens ein wenig die Kosten decken zu können. Siehe auch: Unterstützen Sie den freitoss

  7. christian
    Dienstag, 8. März 2011 um 11:14

    der fc bayern ruiniert sich selber in einem nicht erwartbaren ausmaß.wenn jetzt noch gesagt wird die spieler müssten den erfolg doch selber wollen,dann ist bayern soweit das es eigentlich keinen trainer mehr braucht.die spielerverkäufe zu LvGs zeiten sind sicherlich auch nicht ohne zustimmung der Vereinsführung erfolgt-somit ist der derzeitige Scherbenhaufen gleichzeitig eine bankrotterklärung für Trainer und vorstand/vereinsspitze.
    eine entwicklung,die allerdings zu gerne übersehen wird und die zur momentanen Tabellensituation auch beiträgt ist der Verlust des Schiedsrichterbonusses der bayern-auch in hannover gab es zumindest strittige Szenen ,die nicht für die bayern gepfiffen wurden und gerade wenn man einrechnet das eine Mehrheit im Land nicht pro bayern ist,dann ist das Bild ,das die wahre tabelle zeichnet zumindest ein Indiz für diese These.

  8. FCB, 1860 und Haching im „BLOGlichtgewitter“ (10/11) « BLOGpunkt Sport
    Dienstag, 8. März 2011 um 11:51

    […] „Michael Ballack und Louis van Gaal auf dem Abstellgleis“ (indirekter-freistoss.de) […]

  9. Kai Butterweck
    Dienstag, 8. März 2011 um 12:50

    @Tam Tam: Ich finde Herrn Spillers Einschätzung interessant da sie sich vor allem etwas distanziert von der allgemeinen Ablehung wenn es um LvG geht

  10. prazzomoto
    Dienstag, 8. März 2011 um 15:57

    @ Guy

    Ach so, na dann klicke ich mal fröhlich drauflos! 🙂

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