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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

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Die mutige Kapitänin – die Pressekonferenz von Birgit Prinz

Matthias Nedoklan | Freitag, 8. Juli 2011 9 Kommentare

Die sonst verschwiegene Birgit Prinz liefert einen eindrucksvollen Eindruck in ihr Seelenleben. Außerdem: Doping der Nordkoreaner, die Rückkehr von Lira Bajramaj und übereifrige Ordner.

Claudio Catuogno (SZ) liefert Geistreiches zur nicht enden wollenden Geschichte um Birgit Prinz: „Es ist eine sich selbst speisende Spirale, an der sich einige voyeuristisch, andere analytisch beteiligen, aber es drehen viele daran mit. Das kann auch mal ‚unfair‘ werden, da hat Birgit Prinz recht. Aber es sind die Regeln jener Bühne, die der Frauenfußball gerade mit Kalkül selbst gestürmt hat, und auf der er auch in Zukunft seinen Platz beansprucht. Nun werfen sich also ihre Mitspielerinnen für Prinz in die Bresche. Das zeigt, dass dieser Spruch, wonach man gemeinsam gewinnt und verliert, bei den Frauen noch keine Floskelei ist.“
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Christian Kamp (FAZ) ist beeindruckt von einer emotionalen Pressekonferenz: „Und so tat sie etwas, was sie höchst selten tut: Sie trug ihr Innenleben nach außen. Vor zwei Jahren hatte es das schon einmal gegeben, bei der EM in Finnland – wenn auch in viel kleinerer Dimension. Schon damals analysierte sie die beiden Mechanismen, die ihr das Leben als Fußballerin, das sie eigentlich so liebt, mitunter schwer machen: den Mechanismus der Medien, die eben alles gerne eine Nummer größer machen, als man es vielleicht selbst empfindet. Aber auch den Mechanismus der eigenen Psyche“

Staatsdoping nach sozialistischer Tradition

Boris Herrmann (SZ) analysiert Nordkoreas Doping: „Es ist nämlich äußerst unwahrscheinlich, dass Fußballerinnen, die nicht einmal über ihre Frisur individuell entscheiden dürfen, aus freien Stücken in die Apotheke gehen, um sich mit Dopingmitteln einzudecken. Der Weltverband Fifa sieht das offenbar ähnlich, er hat laut seines Medizinischen Direktors Jiri Dvorak eine ‚zielgerichtete Fahndung‘ eingeleitet. Nach dem Spiel gegen Kolumbien wurde der gesamte Kader Nordkoreas zur Dopingprobe eskortiert – ein Novum in der Fifa-Geschichte. Die Tests werden in den kommenden Tagen in Kreischa und Köln analysiert, und falls sich dabei bestätigen sollte, was naheliegt, dann hätte es der Fußball mit einem Fall von flächendeckendem Staatsdoping nach bester sozialistischer Tradition zu tun.“
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Carsten Eberts (SZ) liefert Fakten: „Das in der A-Probe nachgewiesene Dopingmittel lässt nicht auf besonders kluges Doping schließen. Es gehört zu den bekanntesten: ein anaboles Steroid der Gruppe S1b, was den Muskelaufbau verstärkt und den Körperfettwert sinken lässt. Und zwar in Mengen nicht knapp, sondern weit über der übrlichen Konzentration im Körper. Nachweisbar sind Steroide bei einmaliger Einnahme bis zu 72 Stunden – die Spielerinnen müssten demnach auch in Deutschland gedopt haben.“

Pressekonferenz mangels Interesse abgesagt

Andreas Rüttenauer (taz) fragt nach der Rolle der Medien beim Thema Doping: „Für den interessiert sich normalerweise allerdings kaum jemand. Eine im Turnierverlauf angesetzte Pressekonferenz zu medizinischen Fragen wurde mangels Interesse der Medienvertreter abgesagt. Dabei hat Dvorak derzeit jede Menge zu berichten. Vor dem koreanischen Fall gab es bereits einen im kolumbianischen Team. Auch bei der nachnominierten Torfrau Yineth Varon ging es um körpereigene Hormone. Sie soll eine Hormonbehandlung, der sie sich in ihrer Heimatstadt Cali unterzogen hat, verschwiegen haben.“

Boris Herrmann (SZ) freut sich über die Nachhilfe der Frauenfußballerinnen für Angela Merkel: „Wo sie schon mal da war, hat die Kanzlerin gleichwohl einiges lernen können für ihre politische Arbeit. Beispielsweise über den engen Zusammenhang zwischen mannschaftlicher Geschlossenheit und Erfolg. Die Amerikanerinnen sind tapfer angerannt, ihr Kurzpass-Spiel gehörte wie gewohnt zum Geistreichsten, was bei diesem Turnier geboten wird, sie hatten zudem in der Torhüterin Hope Solo und der variablen Mittelfeldspielerin Lauren Cheney die beiden besten Einzelspielerinnen auf dem Rasen. Am Ende konnten sie dem eingeschworenen skandinavischen Kollektiv abgesehen von einem späten Anschlusstreffer durch Abby Wambach trotzdem nichts entgegensetzen.“
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Bajramaj braucht Hilfe

Anke Myrrhe (Tagesspiegel) erinnert an einen fast vergessenen Star der Frauen-WM: „Allein konnte sie das unmöglich bewältigen. Fatmire Bajramaj blickte sich um und winkte einen Ordner herbei, der sie hinaufschob auf die Westtribüne des Mönchengladbacher Stadions. Dort hatten mehr als 60 ihrer Freunde und Angehörigen miterlebt, wie die deutsche Mannschaft Frankreich in einem mitreißenden Spiel den Gruppensieg entrissen hatte. Und so wurde dort auf den Rängen von Mönchengladbach, wo Bajramaj aufgewachsen ist, geherzt, gehüpft, geküsst. Sie kostete diesen Moment aus. Wenige Minuten später aber besann sie sich und kletterte wieder hinunter auf den Rasen. Zur Mannschaft, deren Teil sie an diesem Donnerstagabend endlich geworden war.“

Deniz Yücel (taz) greift an: „Da findet eine FRAUEN-(!)-WM statt, und wer darf massiv darüber reden? „Die einzige Fernseh-Kommentatorin ist Claudia Neumann beim ZDF“, berichtet taz-Expertin Ulrike Winkelmann. Ansonsten setzt MANN voll auf die Männer-Karte! Die top-qualifizierten Fach-Moderatorinnen Katrin Müller-Hohenstein und Valeska Homburg, die Ex-Spitzen-Kickerinnen Nia Künzer und Silke Rottenberg – gerade mal gut für die Pipi-Piccolöchen-Pause! Und das ist nur die Spitze des frauen-feindlichen Eisbergs! Denn im Blätter-Wald der Zeitungs-Landschaft rauscht es noch zappen-dusterer: Die Frauen spielen, die Männer schreiben. FRAU kann nicht mehr in Ruhe zeitnah Frauen-Fußball gucken, ohne ständig auf Schwänze, Schwänze, Schwänze zu stoßen – ekelhaft, HimmelFRAUgott! Das Pulverfass zum Überlaufen brachte dann Frank Plasberg mit seiner Talk-Show ‚HART(!), aber fair‘ im HERREN-Sender ARD: ‚Das verordnete Sommermärchen – Müssen jetzt alle Frauen-Fußball gut finden?‘, war der abstoßende Titel der mit der Aura des provokativ-quer-denkerischen Pseudo-Tabu-Bruchs („brisantes Thema“) inszenierten Sendung.“

Fehler wiederholt

Thomas Winkler (taz) begleitet eine aktive pro-lesbische Gruppierung in ein WM-Stadion – und scheitert: „Die Ordner in Mönchengladbach wussten Bescheid. Oder auch nicht. Jedenfalls: Die Klatschpappen durften nicht mit ins Stadion. Die eigentlich unscheinbaren Pappkartons mit der Aufschrift ‚Fußball ist alles – auch lesbisch‘ waren, bitteschön, am Eingang zu lassen. Weil politische Äußerung untersagt seien. Sagten die Ordner. Und die Fifa, das wussten die übereifrigen Ordner angeblich ganz genau, die wolle das nicht beim Spiel Deutschland gegen Frankreich. Die Fifa aber sagt zu diesem Vorfall: ‚Ein Fehler.‘ Den man bedauere. Der nun allerdings schon zum zweiten Mal vorgekommen ist.“

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Kommentare

9 Kommentare zu “Die mutige Kapitänin – die Pressekonferenz von Birgit Prinz”

  1. MS
    Freitag, 8. Juli 2011 um 12:46

    KMH ist keine Fachfrau und weder eine gute Moderatorin noch Kommentatorin. Claudia N. hat mir hingegen gut im ersten Spiel gefallen, soweit ich es verfolgt habe – beim Handspiel war sie aber auch nicht auf Ballhöhe.

    Die Männer sind allerdings zumeist auch unsägliche Phrasendrescher und fernab jeglicher Sachkenntnis. Zutiefst verstörend, mit hohem Fremdschampotenzial, wie sich die meisten von Fakten nicht irritieren lassen – auch wenn der Kommentar nicht zu den Bildern oder den Regeln passt, er bleibt auf jeden Fall so im Raum stehen.

    Eine Antwort auf die Frage „wer soll’s machen“ habe ich aber aktuell auch nicht, leider, und ohne Ton macht’s auch keinen Spaß.

  2. Manni
    Freitag, 8. Juli 2011 um 12:57

    Also auf der „Herrenseite“ fiele mir da Buschmann ein …

  3. schuli-ulz
    Freitag, 8. Juli 2011 um 13:34

    Fach-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein ist wohl das lustigste, was ich seit langem gelesen habe.

  4. Shileno
    Freitag, 8. Juli 2011 um 15:40

    Manchmal kann man sich dann doch glücklich schätzen, wenn man die Spiele im Internet verfolgen muss, weil man etwas weiter wegwohnt. Wenn man sowohl die Kommentatoren (momentan als gemischtes Doppel) als auch die Studiorunde (Moderator + 2-3 Gäste, meist ehemalige Spielerinnen) von ESPN erlebt, wird man sich mal wieder bewusst, welch schlechte Qualität die deutschen Reporter da im Vergleich bieten (ich war bis vor einer Woche in D und kann daher direkt vergleichen).

  5. anderl
    Freitag, 8. Juli 2011 um 16:16

    @shileno:
    ich schalte meist nur noch internationale Kommentare an, weil der Heimatkommentar unerträglich ist.

  6. Hans- Ullrich Klemm
    Samstag, 9. Juli 2011 um 20:19

    unmittelbar vor dem Japan-Spiel:
    Trotz unserem laut Expertenmeinungen überragenden Spiel gegen die Französinnen, wo in der Praxis aber nach dem Elfmetertor bis zum 4:2 kurz vor Schluss aus deutscher Sicht eher gebangt werden musste, um den dezimierten Gegner schlagen zu können, dürfte für den weiteren Verlauf der WM für unsere Damen das Miniziel, der dritte Platz, weit in der Ferne
    stehen.
    Mein Gefühl sagt mir, dass die ungeschminkten, alle fast gleich aussehenden „halben Meter“
    aus dem fernen Japan unsere überhübschen und fraulichen Damen -wie immer betont wird-förmlich überrennen werden.
    Das gestylte Vorzeigemädchen, Lira Bajramaj mit ihrer mal glatt herunterhängenden, mal buschförmig in den Himmel strotzenden Haarpracht, die sich am Spielfeldrand eher von der Kosmetiktasche, statt Getränkekasten bedient, wird wohl kaum wieder nach dem Spiel
    sich mitten in der Tribüne von den Fans feiern lassen können, als bei der Mannschaft zu sein.
    Sie wird weinend auf dem Boden liegen, egal in welcher Funktion.

    Schade Birgit Prinz! Mit ihren völlig unkon-trollierten Wutausbrüchen nach erfolgter Auswechslung hat sie auf Lebenszeit das Fundament des eigenen Denkmals zerstört. Da half auch nicht die anberaumte Sonderpresse-konferenz!

    Zum Schluss gilt festzustellen, dass sich unsere Trainerin bisher wohltuend zurückgehalten hat. Daran sollten sich viele Artgenossen ein Beispiel nehmen!

  7. Marvin Nash
    Samstag, 9. Juli 2011 um 23:37

    Der Hype ist vorbei. Endlich geht es auf den Sportseiten wieder um Fußball. Ich möchte den Frauenfußball nicht schlecht machen, aber komisch war das ganze schon. Die Berichterstattung, so gekünstelt.

    Jetzt wieder auf die Bundesliga freuen.

    Übrigens habe ich noch eine Frage: Warum haben die eigentlich Trikots bekommen, wo man bei jeder Spielerin die Nippel sieht? Sollte das männliche Zuschauer generieren?

  8. Uli
    Sonntag, 10. Juli 2011 um 04:07

    Buschmann? Meinst Du ZDF-Poschi?

    Aber zur Birgit Prinz. Mißverstanden wie Lothar?

  9. Marvin Nash
    Sonntag, 10. Juli 2011 um 13:28
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