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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Deutsche Elf

Jogi Löw, Mario Götze, Miroslav Klose – Ein Abend für Gewinner

Kai Butterweck | Freitag, 12. August 2011 7 Kommentare

Die Presse berauscht sich weiter am Sieg der Deutschen gegen Brasilien und blickt hoffnungsvoll in die Zukunft

Michael Horeni (FAZ) freut sich über den Rollentausch: „Dass der deutsche Fußball einmal Vorbild für Brasilien sein könnte, hätte man vor ein paar Jahren noch für einen Witz gehalten. In Stuttgart war es das schöne Abbild einer seit der WM 2010 schon nicht mehr ganz so neuen Fußball-Wirklichkeit. Die Selbstverständlichkeit, mit der Löw und selbst seine jüngsten Helfer wie Mario Götze und Andre Schürrle diesen rundum eindrucksvollen Erfolg gegen den Rekord-Weltmeister ganz nüchtern als einen nur weiteren Entwicklungsschritt zur Kenntnis nahmen, machte eine Entschlossenheit deutlich, die sich nur noch mit höchsten Zielen zufrieden gibt: den Titeln bei der Europameisterschaft 2012 und zwei Jahr später bei der Weltmeisterschaft in Brasilien.“

Jan Christian Müller (FR) klopft dem Bundestrainer anerkennend auf die Schultern: „Die progressive Spielweise, die Joachim Löw der Nationalmannschaft beigebracht hat, ist wiederum stilbildend für die Bundesliga geworden: technisch anspruchsvolles Spiel aus der Abwehr heraus, irrsinnig schnelles Umschalten bei Ballgewinn, flache Hierarchien innerhalb der Mannschaft, breites Expertenwissen im Hintergrund. Hinzu kommt treues Festhalten an Bewährtem (Klose), aber auch konsequenter Ausscheidungswettbewerb (Trochowski, Marin und mehr), und: die klare Zielsetzung Europameister 2012. Die Lücke zu Spanien klafft noch, aber sie klafft nicht mehr so breit.“

Längst ist Mario Götze zum derzeit größten deutschen Fußballtalent ausgerufen

Dieter Hoß (stern.de) adelt Mario Götze: „Wortspiele mit Namen verbieten sich eigentlich. Doch seit Mario Götzes Gala im Freundschaftsspiel gegen Brasilien zwingt es die Kommentatoren regelrecht dazu. Eine der schönsten Wortschöpfungen: Götzinho. Es ist die erstaunliche Abgeklärtheit in jungen Jahren, die Götzes Beobachter und Förderer glauben lassen, dass er es tatsächlich schaffen wird, zu einem ganz Großen in der Fußballwelt zu werden. Viel fehlt dem im oberschwäbischen Memmingen geborenen, pfeilschnellen Mittelfeldspieler ohnehin nicht mehr. Längst ist er zum derzeit größten deutschen Fußballtalent ausgerufen. In dieser Saison wird er mit Borussia Dortmund in der Champions League spielen – wenn es für sein Team sehr gut läuft, kann er sich vielleicht sogar mit der Übermannschaft des FC Barcelona und dem echten Lionel Messi messen.“

Carsten Eberts (SZ) prophezeit dem jungen Dortmunder eine große Zukunft: „Götze verordnete dem deutschen Spiel eine neue Schnelligkeit und kurze Ballkontakte, gar eine auffällig südländische Note – anders etwa als die Kollegen Toni Kroos und Bastian Schweinsteiger, die in München wohl doch ein wenig zu lange unter Louis van Gaal trainiert haben und das bedachte, kontrollierte Spiel bevorzugen. Nun wäre es leicht, Götzes Leistung als temporäre Erscheinung abzutun. Als Wunderwerk eines halben Kindes, das sicherlich bald auch schlechtere Tage erlebt. Allein es fällt schwer, daran zu glauben: Götze geht in seine zweite Profisaison. In der ersten wurde er mit Borussia Dortmund Deutscher Meister, in der zweiten scheint er noch stärker zu sein.“

Löw steuert auf ein Problem zu

Oliver Fritsch (Zeit Online) sucht verzweifelt nach einem Klose-Nachfolger: „Der Sieg in Stuttgart wird den Bundestrainer an seiner Vorliebe für Klose bestärkt haben. Er war das Bindeglied zwischen jugendlicher Eleganz und dem Erfolg. Es scheint in der Euphorie über die Qualität der deutschen Jugend unterzugehen, dass kein Stürmer in unmittelbarer Sicht ist, der Klose ersetzen könnte. Der Bundesliga-Torschützenkönig Mario Gomez mag torgefährlicher sein, jedoch nur, wenn er den Ball hat. Dazu ließen es die Brasilianer nicht kommen. Nicht mal in der Talentschmiede des BVBs gibt es einen deutschen jungen Stürmerstar. Löw steuert auf ein Problem zu, denn es wird ihm nicht gelingen, den 33-jährigen Klose ewig fit zu halten. Vielleicht kann der Bundestrainer eines seiner jungen Mittelfeldtalente zu einem Stürmer umschulen. Vielleicht kann Götze irgendwann auch das.“

Peter Ahrens (Spiegel Online)begrüßt die Entwicklung der Jugend: „Erfahrung, jahrzehntelang ein unschätzbarer Faktor, ist im internationalen Fußball mittlerweile ein begrenzter Wert geworden, seitdem die jungen Spieler in ihren Vereinen früh in Führungsaufgaben rutschen. Die Schürrles, Götzes und Benders sind heutzutage sowohl technisch als auch taktisch bereits bestens ausgebildet aus den Jugendteams von Verein und DFB hervorgegangen. Es macht den Eindruck, als habe sich das Tempo, mit dem im deutschen Fußball die Generationsfolge vor sich geht, verdoppelt. Wer 30 Jahre alt ist und nicht Miroslav Klose heißt, ist fast schon zu alt für einen Job in der Elite-Elf. Thomas Hitzelsperger, Andreas Hinkel, Gerald Asamoah absolvierten allesamt Dutzende Länderspiele, haben aber nicht nur in der DFB-Elf keine Perspektive mehr.“

Viel mehr geht nicht

Marko Schumacher (Stuttgarter Zeitung) nimmt Cacau in die Arme: „Jetzt hat er hat eine WM gespielt, er hat gegen Brasilien gespielt – viel mehr geht nicht. 18 Länderspiele hat Cacau bestritten, und man weiß nicht, ob noch viele dazu kommen. 30 Jahre ist er, und von unten drängen all die jungen Überflieger nach. Der tief gläubige Christ, für den DFB als Integrationsbotschafter im Einsatz, würde es verkraften, wenn sie irgendwann an ihm vorbeiziehen. Cacau hat schon jetzt viel mehr erreicht, als er sich jemals vorstellen konnte.“

Matti Lieske (Berliner Zeitung) verordnet Brasiliens Neymar ein Lernprogramm für die Zukunft: „Vor ein paar Jahren waren die Jugendlichen Robinho und Diego die Kronjuwelen in Santos, der aktuelle Wunderknabe ist Neymar. Ein äußerst begabter, technisch brillanter Individualist, dem aber noch jemand die Feinheiten des Mannschaftsspiels, effektive Defensivarbeit und soziales Verhalten beibringen müsste, so wie es United-Manager Alex Ferguson in Manchester bei Cristiano Ronaldo tat und City-Manager Roberto Mancini in Manchester bei Mario Balotelli noch vergeblich versucht – zwei ähnlich gestrickte Jünglinge wie Neymar.“

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Kommentare

7 Kommentare zu “Jogi Löw, Mario Götze, Miroslav Klose – Ein Abend für Gewinner”

  1. Dirk
    Freitag, 12. August 2011 um 11:57

    Eben mal schnell quergelesen und beim Thema Nachfolger Klose gedacht: Wichtiger Punkt, wer schreibt das denn?

    Dann die „Resignation“: Wieder OF; worüber denken denn die anderen nach … wahrscheinlich über passende Spitznamen.

  2. Marvin Nash
    Freitag, 12. August 2011 um 12:59

    Ich sehe da schon gute Kandidaten im Sturm. Man braucht halt auch nur einen. Gomez passt nicht so gut ins Löwsche System, finde ich auch.

    Schieber und Mlapa sind da wohl die größten Hoffnungen. Haben beide kaum Schwächen und können einen modernen Fußball spielen.

    Je nachdem, wie sich das Spiel noch verändern sollte in den nächsten jahren, könnten auch Müller oder Schürrle in die Spitze rücken. Wäre aber nur eine B-Lösung. Außer Klose haben wir halt nicht DEN Weltklasse-Stürmer. Aber man kann ja auch nicht alle Positionen mit Weltklasse besetzen.

    Der AV-Posten, den Lahm nicht spielt und die MS-Position (sofern Klose abbaut) sind Löws Baustellen. Ansonsten haben wir nur Luxusprobleme. Das ist doch wunderbar.

  3. breeze
    Freitag, 12. August 2011 um 14:12

    Ich finde ja, dass Löw nicht unbedingt dem Bayerntrend folgen muss und Lahm wieder auf links spielen zu lassen.
    Ich halte zumindest Aogo oder Schmelzer auf links und Lahm auf rechts als die bessere Variante verglichen mit Höwedes oder Träsch auf der rechten Seite.

    Aber Klose ist soweit tatsächlich noch unersetzbar. Mlapa ist für mich eher der Gomeztyp, der meistens nur was mit dem Ball in die Tiefe anfangen kann. Bei Schieber habe ich nicht so mitverfolgt, wie er spielt.

  4. Nixwisser
    Freitag, 12. August 2011 um 16:29

    Müller könnte imho der Klose-Nachfolger werden. Er hat Instinkt, Spielintelligenz und ist technisch beschlagen. Wenn er noch ein bißchen robuster wird, könnte er eine prima Lösung darstellen. Gomez fehlt es an Technik. Kurze, scharfe Anspiele sind nicht seine Sache. Da verspringt ihm zu viel und die Abspiele unter dem Druck von Verteidigern sind oft zu ungenau. Götze, Schürrle? Erst mal abwarten.

  5. Klosefan
    Freitag, 12. August 2011 um 18:12

    Ich weiß gar nicht ob so schnell ein Nachfolger her muss. Auch wenn ich als Mirofan an ihm festhalte, finde ich dass man ihm ansieht, dass er richtig Bock hat zu spielen. Er läuft trotz seiner 33 Jahre dem ein oder anderen Spieler davon. Gomez als Nachfolger- nein Danke.

  6. Shileno
    Freitag, 12. August 2011 um 22:08

    gab es bei der diesjährigen U17 WM nicht einen deutschen Stürmer, der den Ball nur angucken musste, damit der ins Tor geht? Namen weiss ich nicht mehr, aber der hatte eine sehr ansprechende Bilanz. Klar, man muss erstmal sehen, wie der den Übergang zu den Profis schafft. Aber das Potential ist doch anscheinend vorhanden…

  7. juwie
    Freitag, 12. August 2011 um 23:53
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