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Bundesliga

Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte

Kai Butterweck | Montag, 5. Dezember 2011 2 Kommentare

Die Bayern sind wieder da. Nach zwei Niederlagen in Folge erobert der Rekordmeister, aufgrund der Punkteteilung zwischen Dortmund und Gladbach, wieder die Spitze der Tabelle. Außerdem: Sorge um Hoffenheim

Thomas Hummel (SZ) freut sich für Arjen Robben: „Der Holländer hat nach eigenem Bekunden die schwerste Verletzung seiner Karriere hinter sich, was einiges bedeuten will bei einem Mann, der schon Muskelrisse, Probleme mit Achillessehnen und Knie hatte. Nun waren es Rückenprobleme, eine Schambeinentzündung und eine Leistenverletzung, und das hatte den sehr selbstbewussten 27-Jährigen offenbar mehr zugesetzt, als bislang nach außen gedrungen war. Sein Comeback gegen Borussia Dortmund und Villarreal zuletzt hatte nicht gerade für Euphorie gesorgt: Robben wurde kritisiert. Nun wechselte ihn sein Trainer Jupp Heynckes gegen Bremen nach 60 Minuten beim Stand von 1:1 ein, acht Minuten später gab es Elfmeter, und wer trat an? Arjen Robben. Er ging damit ein großes Risiko ein, denn ein Fehlschuss hätte die Kritik anschwellen lassen wie die niederländische Nordsee bei Sturmflut. Doch Robben traf, lief geradewegs in Richtung seiner Familie auf der Haupttribüne und ließ einen mächtigen Jubelschrei los.“

Maik Rosner (FR) findet diverse Haare in der Münchner Suppe: „Die Bayern waren jedoch keinesfalls so berauschend aufgetreten, dass man sich ganz sicher sein konnte, ob sie ihr sein Tief überwunden haben. Das Ergebnis sprach dafür. Andererseits waren die Münchner fast ausschließlich nach Kontern zu Torchancen gekommen. Spielerische Lösungen beim Aufbau gegen die meist tief stehenden Gäste boten sie dagegen selten an. Dessen waren sich Münchner bewusst.“

Thomas Becker (taz.de) beobachtet einen eher einsamen Rückkehrer: „Befremdlich war allerdings das Verhalten der Beteiligten auf dem Platz. Es zeigte einmal mehr, warum Robben den unschönen Spitznamen Alleinikow weghat. Das fängt beim Warmlaufen an: Während sich 99 von 100 Profi-Kickern gemächlich auf den Weg zum Aufwärmen machen, sprintet der ehrgeizige Rekonvaleszent Robben stets im ICE-Tempo vorneweg. Dass er kurz nach seiner Einwechslung statt Mario Gomez auch gleich den ersten Strafstoß schießen sollte, daran war Jupp Heynckes schuld. Kaum hatte der Schiedsrichter auf den Punkt gedeutet, zeigte der Bayern-Coach schon auf Robben. Statt eingeschnappt zu sein, klatschte er Robben vor dem Elfer anfeuernd ab und versuchte auch, nach getaner Tat mit ihm zu jubeln, was sich als schwierig erwies. Wie so oft drehte der Holländer ab und jubelte eher für sich, schickte Küsschen hoch auf die Tribüne, zur Familie. Ein ähnliches Bild beim zweiten Elfmeter, nur dass Gomez den Ball diesmal sichtlich ungern hergab. Robben versenkte auch diesen Elfer und musste zum gemeinsamen Jubeln wieder eingefangen werden. Egal, Hauptsache endlich wieder auf dem Feld, wird sich Robben gedacht haben.“

Thomas Hummel (SZ) leidet mit Bremens Coach Thomas Schaaf: „Wie es um die Gemütslage von Thomas Schaaf an diesem Münchner Nachmittag bestellt war, verdeutlichte unmissverständlich sein Torjubel. Nach dem unverhofften 1:1 von Markus Rosenberg drehte er sich ab, verdrehte die Augen und öffnete die Arme. Er reagierte wie ein ungeduldiger Vater, dessen Sohn erst nach vielstündigem Üben die Mathe-Hausaufgabe endlich richtig löst. Na also, geht doch! Den Bremer Trainer umgab eine negative Aura. Von der ersten Minute an stand er am Seitenrand, wies an, schimpfte, klagte, winkte ab, schüttelte den Kopf. Thomas Schaaf wirkte total unzufrieden mit der Darbietung seiner Mannschaft. Als das 1:4 gegen den FC Bayern feststand, der Schiedsrichter abpfiff und das Gedröhne aus den Lautsprechern hallte, rührte sich Schaaf sekundenlang nicht vom Fleck. Er stand da, in seiner Trainingshose, seinem Kapuzenpulli, mit verschränkten Armen und blickte stumm umher. Er wirkte starr vor Enttäuschung und Empörung.“

Andreas Burkert (SZ) richtet einen sorgenvollen Blick in Richtung Hoffenheim: „Es ist drei Jahre her, dass sich die TSG nach sehenswerter Hinserie Herbstmeister nennen durfte. Doch die damalige Furcht der Traditionsklubs, hier sei ihnen am Reißbrett ein Gegenspieler designt worden – diese Ausstrahlung hat Hoffenheim verloren. Das hat nicht nur mit der Deckelung der Mäzenmillionen von Förderer Dietmar Hopp zu tun, und auch nicht mit dem Abschied des Baumeisters Ralf Rangnick. Denn Fußball funktioniert am Ende auch über Emotion und ein Mindestmaß an Identifikation. Dass Stanislawskis Arbeit diesbezüglich keine Fortschritte zeitigt, muss ihn besorgen. Es gibt Menschenfänger, die nur an einem Ort funktionieren, der Bremer Trainerkauz Schaaf ist wohl so ein Beispiel. Stanislawski stand bisher für Jeans und dreckigen Fußball-Pogo auf St. Pauli. Dass er sich in ein klinisches Biotop verpflanzen ließ, mutet momentan verwegen an.“

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Kommentare

2 Kommentare zu “Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte”

  1. Manfred
    Montag, 5. Dezember 2011 um 12:42

    Puuuh. Nachdem ja fast die Fußballwelt unterging, nach dem die Bayern so lange wie noch nie seit gefühlt der Vereinsgründung nicht an der Tabellenspitze standen, wird jetzt sicher alles wieder gut.
    Narhallamarsch.

  2. AlexS
    Dienstag, 6. Dezember 2011 um 03:20

    „Sorge um Hoffenheim“

    Hahahaha, danke für diese Absurdität, selten so gelacht!

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