indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Vermischtes

Mehr Verbote, mehr Zäune

Christoph Asche | Montag, 9. Januar 2012 1 Kommentar

St. Pauli-Anhänger verlieren ihre Unschuld, Englands Fußball wird von einer Rassismuswelle überschattet und Jürgen Klinsmanns Arbeit in den USA ist zu deutsch

Markus Lotter kommentiert in der Frankfurter Rundschau die Ausschreitungen, die sich vergangenen Freitag während eines Hallenturniers in Hamburg-Alsterdorf ereigneten. Dabei bricht er mit einer gewissen Sympathie für (offensichtlich involvierte) Fans des FC St.Pauli: „Der FC St. Pauli, über Jahre hinweg als der Hort einer alternativen Fankultur gefeiert, hat endgültig seine Unschuld verloren. Da zeigt auch das Gegenargument, wonach die Fans des Zweitligisten doch nur auf Provokationen der anderen reagiert und nicht agiert hätten, keine Wirkung. Nichts ist bei den Braun-Weißen noch wie in den Achtziger- und Neunzigerjahren, als die Andersartigkeit des Klubs von der Anhängerschar noch gemeinschaftlich gelebt und noch nicht als schickes Accessoire verstanden wurde.“ Fast alles sei mittlerweile gewöhnlich bei den Braun-Weißen, schiebt der Autor nach. Die Kurve des FC St. Pauli sei „seit geraumer Zeit nicht mehr zur Selbstreinigung fähig“. Lottes klares und absolutes Schlussfazit hinterlässt Zweifel an der praktischen Durchführbarkeit: „Es braucht also eine Distanz zwischen den Friedfertigen und den Gewaltbereiten. Es braucht Verbote, Zäune und noch mehr Sicherheitskräfte.“

Neue Rassismuswelle in Englands Fußball

In einem Beitrag für die taz dokumentiert Ralf Sotscheck eine neue Welle rassistischer Vorfälle im englischen Fußball. Beim Pokalspiel von Liverpool gegen Drittligist Oldham Athletic am vergangenen Samstag soll ein Zuschauer einen Spieler von Oldham als „schwarzen Bastard“ beschimpft haben. Der FC Liverpool trage eine Mitschuld, schreibt Sotscheck: „Liverpools Spieler Luis Suárez ist im Dezember für acht Spiele gesperrt und zu einer Geldstrafe von 40.000 Pfund verurteilt worden, weil er Patrice Evra, Verteidiger von Manchester United, rassistisch beleidigt hatte. Nachdem die Vorwürfe bekannt geworden waren, verteidigten die Clubfunktionäre ihren Spieler vehement, und seine Mannschaftskameraden trugen beim Warmlaufen vor dem Spiel gegen Wigan kurz vor Weihnachten T-Shirts mit seinem Namen.“ Rassismus scheint allerdings nicht nur in der Zivilbevölkerung ein ernstes Problem zu sein: „Vorigen Mittwoch wurden David Norris und Gary Dobson zu Freiheitsstrafen von unbestimmter Länge verurteilt, weil sie 18 Jahre zuvor den 18-jährigen Schwarzen Stephen Lawrence ermordet hatten. Grund für die Verschleppung des Prozesses ist der ‚institutionelle Rassismus‘ der Polizei, wie eine Untersuchungskommission 1999 festgestellt hatte. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wurden Schwarze 1999 knapp sechsmal so häufig wie Weiße von der Polizei auf der Straße angehalten und durchsucht, so geschieht das heute siebenmal so oft.“

Ungewollt gewollt

Nina Jeglinski und Frank Hellmann schreiben in der Frankfurter Rundschau über ein zweifelhaftes Rekrutierungsverfahren von Volunteers für die EM in der Ukraine: „Anders als im Westen ist ehrenamtliche Arbeit in diesem Teil Europas nahezu unbekannt. Folgerichtig lief eine millionenschwere Werbekampagne der Uefa an. (…) Auf die Uefa-Ausschreibung hin folgten 23.965 Bewerbungen, rund 90 Prozent aus der Ukraine und aus Polen. Doch vielleicht haben sich manche nicht ganz freiwillig gemeldet. Das berichten jedenfalls ukrainische Medien.“ Studenten höherer Jahrgänge wurde nahegelegt, sich zu bewerben, da sich dies positiv auf die universitären Beurteilungen auswirkt. „Berichte, dass die Studenten von der Universitätsleitung unter Druck gesetzt werden, die Renovierung ihrer Schlafsäle selbst zu bezahlen, konterkarieren das angeblich so weltoffene und fröhliche Volunteer-Programm vollends“, schreiben Jeglinksi und Hellmann.

Klinsmanns Sonderweg

Jürgen Klinsmanns Arbeit beim US-amerikanischen Verband kommt manchen Leuten mittlerweile „ein bisschen zu unamerikanisch vor – viel zu europäisch, viel zu deutsch“, bemerkt Michael Horeni (FAZ.net) in seinem Artikel über die Arbeit des Ex-Bundestrainers in seiner Wahlheimat. Die Vorgehensweise Klinsmanns ist – natürlich, ganz anders als die seiner Vorgänger: „Klinsmann macht sich gezielt auf die Suche nach diesen Talenten außerhalb des Landes. Weltweit gibt es rund 500 Kandidaten mit einer doppelten Staatsbürgerschaft, die meisten davon in Mexiko, aber rund hundert auch in Europa. (…) Neben der Grundlagenarbeit sollen aber bald Erfolge und attraktives Spiel auf dem Platz zu sehen sein. Dabei sollen gerade die ‚Europäer‘ helfen. Mittlerweile sind einige Amerikaner Stammspieler in europäischen Ligen, wo mit einem höheren Tempo als in den Staaten gespielt wird.“

Die Fußball-Manager von morgen

Arne Lichtenberg hat für den Deutschlandfunk ein interessantes und aufschlussreiches Radio-Feature über die Ausbildung und Chancen von angehenden Fußball-Managern publiziert. Hier der Beitrag in Textform, hier der Link für die Audio-Version.

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Kommentare

1 Kommentar zu “Mehr Verbote, mehr Zäune”

  1. Ole Super-Adelmann!
    Dienstag, 10. Januar 2012 um 14:11

    Guter Freistoss! Sehr gute Themenwahl, zum Großteil auch interessante Texte wie der aus der Ukraine, dazu ein Hauch Besonderheit durch die angehängten Trainingspläne.

    So soll es sein. Statt der üblichen Peter Ahrens-heißen-Atem-Analysen.

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