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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Bundesliga

Bye-bye, Ballack

Kai Butterweck | Freitag, 5. Oktober 2012 3 Kommentare

Die Presse beschäftigt sich intensiv mit dem Rücktritt von Michael Ballack

René Hofmann (SZ) nimmt sich Michael Ballack und Michael Schumacher zur Seite und klopft beiden anerkennend auf die Schultern: „Mit dem Schlusspunkt haben beide ihren Ruf gepflegt. Es hätte Ballacks Karriere nicht geschmückt, wenn dort als letzte Station die Western Sydney Wanderers vermerkt worden wären, und mehr als ein klein wenig Fahrfreude hätte Michael Schumacher jenseits eines Top-Teams auch nicht mehr gefunden. Beide haben die richtige Ausfahrt genommen.“

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Einsicht zählt nicht zu seinen Stärken

Oliver Fritsch (Zeit Online) öffnet Ballacks Schwächen-Schatulle: „Alphatiere wie er haben es in dem Moment schwer, in dem sie ihre alte Stärke einbüßen. Das hat Ballack nicht erkannt. Aus der Nationalelf und aus der Bundesliga wurde er unehrenhaft verabschiedet, und daran tragen sicher nicht nur Löw und Leverkusen Schuld. Ballack kam mit seiner neuen Rolle nicht zurecht, Einsicht zählt nicht zu seinen Stärken. Zuletzt reichte es nicht mal mehr für Australien oder die USA.“

Titus Chalk (Tagesspiegel) blickt zwei Jahre zurück und schlägt dabei die Hände vors Gesicht: „Mir persönlich fällt es schwer, die Erinnerung aus meinem Gedächtnis zu tilgen, als ich ihn 2010 dabei beobachten konnte, wie Chelsea ausgerechnet von Mourinho, der mit seinen Inter Milan-Leuten nach London zurückgekehrt war, im Achtelfinale der Champions League gedemütigt wurde. Von da an schien er ein Spieler zu sein, dessen echte Fähigkeiten durch eine Fassade ersetzt worden waren. Durch beeindruckendes unverkünsteltes Posieren eher als durch Sturmläufe. Mit handfesten Eingriffen, wenn auch nie weit vom Mittelekreis entfernt. Mehr mit pompösem Gestikulieren als mit geschicktem, genauem Passspiel.“

Manager, Fernsehexperte oder Trainer?

Peter Hess (FAZ) füllt den Kleiderschrank des Ex-Capitanos mit Maßanzügen und Trainer-Utensilien: „Jetzt den Schlussstrich zu ziehen, war zur Abwechslung eine richtige Entscheidung. Vielleicht die nötige, um wieder zu sich zu finden. Dann hat Michael Ballack dem Fußball mit seiner Intelligenz und Erfahrung, ob als Trainer oder Manager oder Fernsehexperte, noch viel zu geben.“

Manfred Hendriock (derwesten.de) bekommt feuchte Augen: „Michael Ballack hat bei seinem Rücktritt nicht nachgetreten gegen diejenigen, mit denen er zum Schluss nicht mehr im Reinen war. Immerhin. Dennoch schade, dass eine Karriere wie diese so zu Ende gegangen ist. Mit einer dürren, über seinen Anwalt verbreiteten Erklärung. Und nicht im Stadion unter dem Beifall des Publikums. Denn den hätte er verdient gehabt.“

Kein ganz Großer

Friedhelm Körner (RP Online) drängt Michael Ballack in die zweite Reihe: „Zwar hat er nationale Titel gewonnen, aber international bleibt er ein Unvollendeter mit den zweiten Plätzen bei der WM 2002, der EM 2008 sowie in der Champions League 2002 und 2008. Deshalb ist er kein ganz Großer des deutschen Fußballs wie Fritz Walter, Gerd Müller und Franz Beckenbauer.“

Thomas Winkler (taz) nimmt den Protagonisten tröstend in die Arme: „Nun, da er im Alter von 36 Jahren seine Laufbahn als Fußballprofi offiziell beendet hat, muss man feststellen: Ballack wurde zwar respektiert für seine überragenden fußballerischen Fähigkeiten, gefürchtet als torgefährlichster Mittelfeldspieler seiner Ära, geschätzt als intelligenter Gesprächspartner, sogar verehrt für seine elegante Spielweise. Aber wirklich geliebt wurde Michael Ballack nie. Dass es dazu nicht kam, wird wohl eines der großen Mysterien bleiben. Von nahezu jeder großen Niederlage gibt es ein Bild, auf dem Ballack hemmungslos weint. Er sollte einem deswegen nicht leidtun. Aber womöglich beginnt jetzt ja doch noch die Zeit, in der man Michael Ballack endlich mal wirklich mögen kann.“

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Kommentare

3 Kommentare zu “Bye-bye, Ballack”

  1. M13k
    Freitag, 5. Oktober 2012 um 13:50

    zu Ballack: Erstmal muss man sagen, dass es richtig war jetzt zurückzutreten als Fussballer als noch irgendwo am anderen Ende der Welt zu kicken. Das hat er finanziell (schon gar nicht) und auch fussballerisch nicht mehr nötig.
    Dass Michael Ballack in England geliebt wurde bzw. wird, zeigen die Kommentare der Vital Chelseaseite. Er ist ein polarisierender Typ, aber ich denke, er ist privat recht bodenständig geblieben.Als Fan muss ich sagen, dass er immer sehr freundlich und zuvorkommend war, wenn man ihn getroffen hat. Die Ballack-Hasser bewerten ihn nur durch sein Auftreten auf dem Platz u. durch irgendwelche Überschriften.

  2. HUKL
    Dienstag, 9. Oktober 2012 um 22:36

    Ballack geht in Rente!

    Dem „Ex-Capitano“ ist zu wünschen, dass er sich still und leise, wie es in jüngster Vergangenheit in Stufenform auch geschehen ist, wirklich zurückzieht.

    Jeder Fußballanhänger im Land weiß doch, wie außergewöhnlich gut seine Leistungen in seiner aktiven Zeit waren, egal, wo welches Trikot er trug. Leider wollten es einige wichtige Menschen nicht, dass er auch noch sein 100. Länderspiel erreichte, nachdem trotz vieler Erfolge auch keine „echte Krone“ auf seinem Haupt landen konnte.

    Jetzt, mit einigem Abstand nach eigener vorheriger Absage nochmals zu einem Abschiedsspiel antreten zu wollen, wäre ihm einfach nicht zu empfehlen.

    Auch die scheinbar von ihm plötzlich gewünschten Gespräche mit seinem früheren Bundestrainer sollten nicht weiter in der Öffentlichkeit ausgebreitet werden und somit privat bleiben.

    Alles ist zum Schluss einfach dumm gelaufen,
    doch der Michael Ballack ist als überragender Fußballer trotzdem ein Bestandteil gesamtdeutscher Sportgeschichte!

  3. MS
    Mittwoch, 10. Oktober 2012 um 15:29

    Ich möchte jetzt nicht so weit gehen wie KH Rummenigge und MB als einen „guten Kopfballspieler“ bezeichnen – aber als überragenden Fußballer habe ich ihn nie gesehen. Insbesondere in der N11 wollte ich immer rufen: „Nu‘ mach‘ mal, Junge, das geht auch noch schneller!“ – doch dann war es schon zu spät… V.a. die letzten zwei N11-Jahre bestach er doch eher durch Tempoverschleppung, wenn er dabei auch nicht ganz das Niveau seines alten Kumpels Frings erreichte (da herrschte dann Stillstand auf dem Platz).

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