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Bundesliga

Bayern ist Herbstmeister – der erste Drops ist gelutscht

Kai Butterweck | Freitag, 30. November 2012 1 Kommentar

Der FC Bayern feiert den schnellsten Herbstmeistertitel in der Geschichte der Bundesliga. Außerdem: Hoffenheim am Boden, Leverkusen obenauf und kollektive gespenstische Stille

Maik Rosner (SZ) fährt zusammen mit den Bayern im ICE: „Es ist ganz offensichtlich, dass es die Bayern gerade sehr eilig haben damit, manch Schmach der Vergangenheit zu tilgen. Fünfmal hatten die Münchner zuletzt ja in der Liga und im DFB-Pokal gegen die Dortmunder verloren, die überdies zweimal deutscher Meister und einmal Cupsieger wurden. Sportlich kam das einem nationalen Rollenwechsel gleich, für die stolzen Münchner mit dem sonst so unerschütterlichen Selbstverständnis blieb nur noch das Etikett wirtschaftlicher Branchenführer, was ihnen in den Momenten der Enttäuschung ungefähr so viel Trost spendete wie einem gehörnten Millionär der Blick aufs Bankkonto. Noch einmal, das ist bisher die Botschaft dieser Saison, wollen sich die Bayern nicht belächeln lassen von der Konkurrenz.“

Die Konkurrenz ist bisher zu schwach

Tim Schulze (stern.de) steckt den Kopf in den Sand: „Die Konkurrenz ist bisher zu schwach, um ernsthaft Druck zu machen. Bayer Leverkusen steht das erste Mal seit 13 Jahren zu diesem Zeitpunkt der Spielzeit wieder auf dem zweiten Tabellenplatz. Doch kann Bayer ein ernsthafter Konkurrent sein? Eher nicht! Der Sieg der Leverkusener vor wenigen Wochen in der Allianz Arena war zwei kuriosen Toren zu verdanken. Schalke ist zuletzt eingebrochen, in Gelsenkirchen konzentrieren sie sich zu Recht auf einen Champions-League-Platz. Und der amtierende Meister gibt immer wieder Punkte ab.“

Dietmar Hopp will sich Abstiegsangst ersparen

Die TSG Hoffenheim befindet sich weiter im freien Fall. Oliver Trust (Tagesspiegel) beobachtet interne Reibereien: „Zuletzt hatte Babbel Torwart Tim Wiese mit der Nachricht verärgert, er hätte gegen Leverkusen ohnehin nicht gespielt. Wiese verletzte sich kurz vorher. Babbel wollte das als Zeichen verstanden wissen, keiner im Team könne sich mehr sicher fühlen. Bei manchem Zwist drängte sich der Eindruck auf, dass Babbel beim Thema Teamführung nicht immer gut beraten war. Den Rest erzählen Absichtserklärungen von einst. Babbel wollte das Team umbauen und in die Europa League führen. Jetzt steht er mit nur zwölf Punkten da. Abstiegsangst aber will sich der 72 Jahre alte Dietmar Hopp unbedingt ersparen.“

Reinhard Schüssler (derwesten.de) blickt fordernd in Richtung Hoffenheimer Trainerbank: „Seinen Offenbarungseid leistete Markus Babbel jetzt nach dem 2:4 in Nürnberg, als er die Verantwortung auf die Spieler abwälzte. Im Sport ist es in Mode gekommen, nach Rückschlägen von einem bevorstehenden „Charaktertest“ für die Spieler zu sprechen. Merkwürdigerweise werden die Fußballlehrer davon ausgenommen. Dabei wäre es doch gerade ein Zeugnis großen Charakters, einzugestehen, die Mannschaft offenbar nicht mehr erreichen zu können. Nebenbei: Mit dem Bekenntnis zur persönlichen Verantwortung ließe sich jedes unwürdige Spielchen ersparen.“

Wer hätte das gedacht?

Bayer Leverkusen hat sich klangheimlich auf den zweiten Tabellenplatz geschlichen. Frank Hellmann (FR) reibt sich verwundert die Augen: „Wer hätte das gedacht? Bayer Leverkusen hat im Spiel gegen Werder Bremen eine beeindruckend reife Leistung und ein gutes Beispiel für die Unberechenbarkeit der Bundesliga abgeliefert. Durch den Sieg kletterte die Werkself urplötzlich auf Tabellenplatz zwei. Wo bislang von den formidablen Europapokalauftritten von Borussia Dortmund und Schalke 04 oder dem forschen Vorwärtsfußball der Frankfurter Eintracht geschwärmt wurde, hat sich nun im trüben November eine andere Mannschaft als erster Bayern-Jäger platziert. Dabei traten die Rheinländer als Meister der Effektivität auf.“

Ein gespenstisches Gefühl

Der zwölfminütige stille Fan-Protest in den Stadien sorgt bei vielen Anwesenden für unbehagliche Gefühle. Thomas Hummel (SZ) gruselt sich immer noch: „Das meist benutzte Wort zu den ersten zwölf Minuten und zwölf Sekunden in den Fußballstadien an diesem Dienstag und Mittwoch ist: beklemmend. Wenn Zehntausende Menschen in einer riesigen Arena sitzen und die lautesten Geräusche die Anweisungen sind, die sich unten am Rasen die Spieler geben, dann ergreift die Menschen ein gespenstisches Gefühl.“

Peter Heß (FAZ) fordert mehr Zeit: „An allen Schauplätzen des 14. Bundesliga- und 16. Zweitligaspieltages in dieser Woche schwiegen die Fans die ersten 12 Spielminuten und 12 Spielsekunden. Es war ein irritierendes Erlebnis für alle – Spieler, Trainer und Zuschauer. Der Beitrag der Fankurven zum Fußball wurde dadurch noch einmal ins Bewusstsein gerückt. Allerdings kann daraus kein Anspruch erwachsen, sich außerhalb des Gesetzes stellen zu dürfen – Stichwort Pyrotechnik. Das Thema Fußball und Gewalt hat aber viel mehr Facetten als das Abbrennen von Bengalos. Es bedarf viel mehr Zeit als bis zum 12. Dezember, um sie alle zu besprechen, und noch mehr Zeit, um Lösungen zu finden. Deshalb wäre es am besten, den Termin zu verschieben oder zumindest Punkte über die Spielorganisation hinaus auszuklammern.“

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Kommentare

1 Kommentar zu “Bayern ist Herbstmeister – der erste Drops ist gelutscht”

  1. Jens
    Freitag, 30. November 2012 um 14:13

    Herr Schulze vom Stern hat nicht Recht, wenn er sagt, dass Leverkusen seit 13 Jahren zum ersten Mal wieder zu diesem Zeitpunkt auf Rang 2 liegt.

    http://www.fussballdaten.de/bundesliga/2009/14/

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