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Bundesliga

Revierderby – Valium statt Adrenalin

Kai Butterweck | Montag, 31. Oktober 2016 3 Kommentare

Das groß angekündigte Revierderby entpuppt sich als müde Nullnummer. Außerdem: Leipzig auf der Überholspur, Hamburg im Tal der Tränen, Frankfurt obenauf und Kölns Modeste auf dem Torjäger-Thron

Dortmund und Schalke kommen nicht aus dem Knick. Nach neunzig Revierderby-Minuten dackeln 80.000 Fans enttäuscht gen Heimat. Klaus Hoeltzenbein (SZ) gähnt mit: „Das 171. Derby war ein 0:0 mit dem Charakter eines Brühwürfels. Man ahnt die Würze, aber sie entfaltet sich nicht, es brodelt ein bisschen, aber die Suppe geht nicht auf, weil jeder geschmacklich höherwertige Reiz in unauflöslicher Kompaktheit verloren geht. Das ist etwas für jene, die ihre Mannschaften rund um die Uhr verehren, die vermuten, dass sich da demnächst eine gute Sud entwickeln wird. Für den Gourmet aber, der im Hier und Jetzt am Teller sitzt, ist es eine geschmackliche Enttäuschung.“

Marcus Bark (taz) lobt die Knappen: „Während der BVB über dieses und jenes, zum wiederholten Mal auch über den Schiedsrichter klagte, feierten die Schalker ihren achten Punkt im neunten Spiel. Gemessen an den Ansprüchen ist das fürchterlich wenig, aber der leidenschaftliche Kampf im Derby, die starke Defensivarbeit im neuen 3-5-2-System und ein paar gute Konter vor der Pause reichten vollkommen für eine glückliche Rückfahrt nach Gelsenkirchen.“

Der Traum von Europa

Auch Pit Gottschalk (derwesten.de) hebt den Daumen: „Wer dem BVB eine Nullnummer abtrotzt, muss die nächsten Spiele gegen Werder Bremen, beim VfL Wolfsburg und zu Hause gegen Darmstadt nicht fürchten. Alle drei Mannschaften sind Abstiegskandidaten. Holt Schalke sieben Punkte, sind die Europacupplätze tatsächlich wieder in Reichweite.“

Oliver Müller (Welt) weiß, warum es beim BVB gerade nicht läuft: „Die Ursachen für die anhaltenden Probleme lassen sich auf zwei Arten ergründen: auf eine fußballerisch-technische sowie auf eine emotionale Weise. Tatsächlich ist der Hauptgrund dafür, dass die Dortmunder sich seit geraumer Zeit schwertun, speziell gegen defensiv ausgerichtete Gegner ins Spiel zu finden, die fehlende Homogenität der Mannschaft.“

Die neue Mittelklasse der Bundesliga

Hinter den großen Bayern tummeln sich Mannschaften, die kaum einer auf dem Schirm hatte. Christian Eichler (FAZ) zieht seinen Hut: „RB Leipzig, Hertha BSC Berlin, die TSG Hoffenheim, der 1. FC Köln, die „Verfolger“ des Serienmeisters auf den Rängen zwei bis sechs, sind noch weit davon entfernt, die neue Oberklasse sein zu können. Nach oben gespült haben sie die Startschwierigkeiten der Dortmunder, Schalker, Wolfsburger, Leverkusener, der von Kader und Budget her klassischen Kandidaten für die Plätze hinter den Bayern. Doch verdienen sie es, sich nun im oberen Tabellendrittel zu sonnen. Sie, die neue Mittelklasse, die Bayern-Verfolger-Verfolger, punkten mit frischer Mentalität: Mach dein Ding – und schau, was rauskommt. Schau nicht nach oben, nicht nach unten, nur auf dich selbst.“

RB Leipzig mischt weiter die Liga auf. Christoph Cöln (Welt) macht große Augen: „Die Rasenballer sind fürs Establishment zur Bedrohung geworden, und vieles spricht dafür, dass es anders läuft als bei der TSG Hoffenheim, die 2008/09 eine berauschende Halbserie feierte und dann durchgereicht wurde, denn RB hat einen Masterplan, der knallharte Zahlen und wenig Emotionen enthält. Nichts überlässt der Verein dem Zufall, die Führungsetage ist mit Wirtschaftsexperten und Quereinsteigern besetzt, und weil der Klub nicht im Fußballmilieu, sondern am Reißbrett entstanden ist, kann er unbelastet von den Gepflogenheiten des Geschäfts agieren.“

Die zweite Liga ist nicht mehr nur ein Szenario von Pessimisten

Der HSV zieht auch gegen den 1. FC Köln den Kürzeren. Alexander Laux (abendblatt.de) winkt nur noch ab: „Angesichts der Schwäche des Kaders (kaum Führungspersonal, keine erkennbare Achse, keine Alternativen) und der Panik, die sich mit jedem weiteren verlorenen Spiel verstärken wird, ist damit zu rechnen, dass der HSV „einstellig“ in die Pause geht. Selbst wenn das Team dann verstärkt wird, dürfte die Hypothek dieser vernichtend schlechten Hinrunde zu schwer wiegen. Die Zweite Liga ist nicht mehr nur ein Szenario von Pessimisten. Sondern das wahrscheinliche Ende.“

Matthias Linnenbrügger (mopo.de) hat ebenfalls die Faxen dicke: „Nach einem Unentschieden und vier Niederlagen musste Bruno Labbadia gehen, für Nachfolger Markus Gisdol stehen nun ein Remis und drei Pleiten zu Buche. Der Trainer-Wechsel ist total verpufft. Was bleibt? Durchhalteparolen! Und die Möglichkeit, im Winter auf dem Transfermarkt nachzulegen. Wenn Mäzen Klaus-Michael Kühne noch Lust hat, weitere Millionen zu verpulvern.“

Fußballdeutschlands leuchtender Oktoberheld

Daniel Theweleit (Spiegel Online) feiert Kölns derzeitigen Über-Stürmer Anthony Modeste: „Bei 1899 Hoffenheim war er nie wirklich warm geworden mit dem heutigen Hamburger Trainer. Köln hingegen liegt Modeste zu Füßen. Alle drei Tore hatte er geschossen, was ihn nicht nur zum Mann dieses Spieltages machte, Modeste ist Fußballdeutschlands leuchtender Oktoberheld. Ihm ist das Kunststück gelungen, alle Bundesligatore des FC in diesem Kölner Erfolgsmonat zu schießen: eins beim FC Bayern, zwei gegen Ingolstadt, eins in Berlin und nun drei gegen die Hamburger. Und in der Vorwoche hat er im Pokal noch den umjubelten 2:1-Siegtreffer in der Verlängerung gegen 1899 Hoffenheim als Sahnehäubchen draufgesetzt.“

In Frankfurt schwärmen Thomas Kilchenstein und Jörg Hanau (FR) von Eintracht-Coach Niko Kovac: „Eintracht Frankfurt hat sich sichtbar weiter entwickelt, ist erwachsener geworden. Trainer Kovac hat dem Team ein sehr variables System auf den Leib geschneidert, das er je nach Gegner modifiziert. Zuletzt agierte er mit einer Dreierkette (Vallejo, Hasebe, Abraham) und zwei Außenverteidigern. Dadurch wirkte das gesamte Gebilde sehr geschlossen und homogen. Und Kovac richtet sein, in der Regel bestens vorbereitetes Team nach dem Gegner aus, reagiert auf aktuelle Stärken und Schwächen.“

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Kommentare

3 Kommentare zu “Revierderby – Valium statt Adrenalin”

  1. Jost
    Montag, 31. Oktober 2016 um 12:26

    Verlinkt doch mal was Vernünftiges wie zum Beispiel die Kolumne von Collinas Erben (gibt es jeden Montag bei n-tv: http://www.n-tv.de/sport/fussball/collinas_erben/Kolasinac-rau-Bentaleb-ruede-Wood-rabiat-article18970481.html) als immer denselben Quatsch von Leuten aus der Mopo oder Boulevardtypen wie Pit Gottschalk.

  2. Van Kuchen
    Montag, 31. Oktober 2016 um 22:42

    @Jost

    Und was ist daran vernünftiger, als an dem hier zusammengetragenen?

  3. Yilmaz
    Dienstag, 1. November 2016 um 19:14

    Tja, das war ein wirklich mieses Superderby, Langweile pur, wenigstens ein paar Törchen hätten fallen können, und der 10.Punkt in 9 Spielen würde sich viel besser anhören für die Königsblauen! Dortmund steht mit 15 Punkten ja wesentlich schöner und besser da!

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