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Bundesliga

Derby-Ekstase – Jubel, Trubel, Traurigkeit

Kai Butterweck | Montag, 27. November 2017 1 Kommentar

Die irre Schalker Aufholjagd reißt in Dortmund klaffende Wunden. Nach dem Derby-Wahnsinn steht die Presse erwartungsgemäß Kopf

Nach einer Gala-Halbzeit bricht das BVB-Gerüst im zweiten Derby-Durchgang komplett zusammen. Klaus Hoeltzenbein (SZ) sucht die Breitbrust-Nadel im Heuhaufen: „Für den Kader, für den sich die BVB-Führung im Sommer entschied, wurde das Derby nun zum Spiegelbild: Hui bis zum 4:0, pfui bis zum 4:4, ein dramaturgischer Verfall. Auch gegen Schalke war zentral kaum physisch präsentes Ärmel-hoch-Personal zu erkennen. Profis, die unter der traditionellen Berufsbezeichnung des „Wellenbrechers“ arbeiten. Die, wenn alles schwimmt, die Rettungsringe werfen können. Und die die Risikoversicherung für all die Zauberfüße sind, sobald sie den Pressschlag gewinnen und die präzise Grätsche setzen.“

Christian Spiller (Zeit Online) kommt mit einem Gedankenexperiment um die Ecke: „Was, wenn das 4:4 andersherum ausgegangen wäre? Klingt erst mal doof, aber was, wenn Schalke geführt und der BVB aufgeholt hätte? Wenn beide Teams ihre überragenden Halbzeiten, in denen sie den Gegner jeweils auch taktisch überrumpelten (Dortmund mit dem 3-4-3 zu Beginn, Schalke mit der Einwechslung der Game Changer Goretzka und Harit), einfach getauscht hätten? Dann wären jetzt die Schalker die Gelackmeierten und die Dortmunder feierten, über den BVB-Trainer Peter Bosz würde wohl weit weniger debattiert. Obwohl das Spielergebnis das gleiche wäre.“

Wille, Wut und Wackelknie

Christian Eichler (FAZ) ist immer noch geflasht: „Was sie am Samstag produzierten, ist in seiner Balance von Brillanz und Versagen, in seinem Wechselspiel von Wille, Wut und Wackelknien ein Meisterwerk, das zu Recht sofort als „Jahrhundertderby“ bezeichnet wurde. Ein Spiel, das alle Beteiligten überforderte. Weil es das abwechselnd tat, erst Schalker, dann Dortmunder, wurde es kein normales Bundesligaspiel, sondern das aufregendste des Jahres. Mit der 4:0-Führung der scheinbar wundersam auferstandenen Borussen, die noch schneller gelang als die der Nationalelf beim 7:1 gegen Brasilien, hatte das Drehbuch dieses Derbys eine Fallhöhe geschaffen und einen Spannungsbogen entworfen wie sonst nur im Film.“

Stephan Klemm (ksta.de) nimmt sich die BVB-Kicker zur Brust: „wie kann es sein, dass ein Team, das sich mit famosem Fußball und enormer Zweikampfstärke sowie vier Toren von eigenen Zweifeln befreit, derart einbricht wie Borussia Dortmund, der gefühlte Verlierer dieser Partie? Wahrscheinlich deshalb, weil trotz aller Fan-Unterstützung ein Gegentor zum psychischen Einbruch führt. Eben weil es diesem Team nach den vielen Rückschlägen in den vergangenen Wochen an allem mangelt, was Sieger ausmacht. – Quelle: https://www.ksta.de/28953150 ©2017

Thomas Tartemann und Peter Müller (reviersport.de) verneigen sich vor Domenico Tedesco: „Der Initiator des Wunderwerks gab seinen Jungs für Sonntag trainingsfrei. Er selbst hielt es für nötig, weiterzuarbeiten. Er traf sich mit seinem Assistenten Peter Perchtold zur Analyse auf dem Trainingsgelände. Mehr muss man über Domenico Tedesco nicht wissen.“

Thomas Gsella (Spiegel Online) reimt den BVB-Blues: „Dortmunds Sturm mag eine Halbzeit toben: Ohne Abwehr reicht’s zum Siegen nicht. Eine Mannschaft wandert von ganz oben festen Schrittes in die Mittelschicht…“

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Kommentare

1 Kommentar zu “Derby-Ekstase – Jubel, Trubel, Traurigkeit”

  1. Van Kuchen
    Montag, 27. November 2017 um 22:32

    Viele Betrachtungsweisen, denen ich – bis auf einer (Was wäre, wenn …?)- allen zustimmen kann.

    Doch ich möchte noch eine hinzufügen:
    Werder Bremen ging es nach der Meisterschaft 2004 ganz ähnlich. Sie hatten die Zweitbeste Abwehr und den besten Sturm.
    Im Folgejahr – Ailton fehlte –
    hatten sie noch die Zweitbeste Abwehr und den Zweitbesten Sturm.
    Doch dann: die Bayern hatten Ihnen Valérien Ismaël ‚abgeworben‘ und sie hatten nur noch die viertbeste Abwehr.
    Danach hat Bremen die Abwehr nicht mehr wirklich in den Griff bekommen, die Abkäufe durch die Bayern gingen weiter.

    Die Parallele:die Bayern kaufen Götze, Lewandwosky und Hummels in kurzer zeitlicher Abfolge und aus der Mannschaft, die Bayern z.T. vorführte wird ein Verein, der nur noch hinterherhinken kann.

    Und die Presse schweigt.

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